Virtualisierung für die „Kleinen“

Virtualisierungstechniken für die optimale Nutzung von Multi-Core- Prozessoren

9. März 2012, 10:00 Uhr | Von Robert Hilbrich
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Fortsetzung des Artikels von Teil 4

Virtualisierung als Kompromiss zwischen Isolation und Integration

Bild 2. Virtualisierung bietet Schutz und Isolation - gerade bei der Integration von Infotainment- und Automotive-Funktionen.
Bild 2. Virtualisierung bietet Schutz und Isolation - gerade bei der Integration von Infotainment- und Automotive-Funktionen.
© Bild: Schurian/Fraunhofer FIRST

Komplexität lässt sich oft nur schwer vermeiden und muss daher im System-entwurf durch ein hohes Maß an Integration, zum Beispiel durch eng vernetzte Komponenten, abgebildet werden. Gleichzeitig soll das System aber eine unerwünschte Fehlerweiterleitung verhindern und muss daher ein hinreichendes Maß an Isolation zwischen den einzelnen Komponenten bieten (Bild 2).

Dieser Grundkonflikt im Entwurf hat signifikante Auswirkungen auf weitere Architektureigenschaften und Entwicklungsentscheidungen. So erhöht eine verstärkte Integration zwischen den Einzelkomponenten zwar das Niveau der damit realisierbaren Funktionsvielfalt und senkt in der Regel auch die Materialkosten, gleichzeitig geht dies aber auf Kosten der Zuverlässigkeit, da die Wahrscheinlichkeit für eine unbemerkte Fehlerweiterleitung steigt, und erhöht zudem auch den Entwicklungsaufwand durch eine aufwändige Integrationsphase.

Bisher wurde der Konflikt bei sicherheitskritischen, eingebetteten Systemen verstärkt zugunsten der Isolation aufgelöst. Dabei führt die Nutzung von durchgängig heterogenen Hardware-Komponenten und Kommunikationskanälen automatisch zu einem hohen Isolations-Niveau, da die Wahrscheinlichkeit für ein vollständiges Systemversagen als Folge eines unentdeckten Entwurfsfehlers - genauer gesagt, der Weiterleitung eines Fehlers über gemeinsame Ressourcen hinweg - minimiert wird.

Mittlerweile bekommt der Aspekt der Integration allerdings ein stärkeres Gewicht. Durch standardisierte und von mehreren Applikationen gemeinsam verwendete Hardware-Komponenten, können die Entwicklungs-, Beschaffungs- und Wartungskosten spürbar gesenkt werden. Sichtbar wird diese Entwicklung im Automobilbereich bei der Motivation hinter AUTOSAR sowie im Luftfahrtbereich beim Konzept der Integrated Modular Avionics (IMA). IMA ist eine gemeinsam genutzte Computer-Plattform für verschiedene Avionik-Systeme, die zwar logisch gesehen eine zentrale Plattform darstellt, jedoch aus Gründen der Zuverlässigkeit physisch auf verschiedene Zonen im Flugzeug verteilt ist.

 

Bild 3. Navigationsgeräte benötigen oft spezielle 3D-Beschleuniger-Hardware - ein Hindernis für den Einsatz von Virtualisierungstechnologien.
Bild 3. Navigationsgeräte benötigen oft spezielle 3D-Beschleuniger-Hardware - ein Hindernis für den Einsatz von Virtualisierungstechnologien.
© Bild: Schurian/Fraunhofer FIRST

Da nun eine Isolation zwischen den Systemen auf der Hardware-Ebene durch die Verwendung gleichartiger Hardware-Komponenten nicht mehr gegeben ist, muss der Forderung nach Isolation in der Software-Ebene Rechnung getragen werden. An dieser Stelle präsentiert sich Virtualisierung als vielversprechender Ansatz, um Sicherheitsmechanismen zu realisieren, so dass trotz einer hoch integrierten Hardware-Basis ein hinreichendes Maß an Isolation zwischen den Software-Komponenten erreicht werden kann.

Dies zeigt die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten der Virtualisierung, deutet aber auch die neuen Anforderungen an, die sich durch den Einsatz bei sicherheitskritischen, eingebetteten Systemen ergeben. Eine wichtige Herausforderung ergibt sich aus dem aufwändigen Umgang mit hardware-nah implementierten Komponenten. So nutzen die Steuergeräte im Auto oft prozessorspezifische Funktionen und teilweise auch spezielle ASICs, um die hohe Komplexität der Signalverarbeitung in einem engen Zeitraster realisieren zu können. Ein weiteres Beispiel ist der Zugriff auf 3D-Beschleuniger, wie sie in Navigationsgeräten zur graphischen Anzeige der Routen-Informationen verwendet werden (Bild 3). Diese Komponenten erschweren die Verwendung von zusätzlichen Abstraktionsschichten im Rahmen der Virtualisierung, da dann eventuell Echtzeiteigenschaften nur noch schwer garantiert werden können.

 


  1. Virtualisierungstechniken für die optimale Nutzung von Multi-Core- Prozessoren
  2. Parallele Ausführung ist nicht neu
  3. Ein eingebettetes System ist kein Mainframe
  4. Komplexität folgt aus Funktionsvielfalt und Dynamik
  5. Virtualisierung als Kompromiss zwischen Isolation und Integration
  6. Multi-Core und Funktionale Sicherheit - auch ohne Virtualisierung?
  7. Virtualisierung als Herausforderung für die Automotive-Domäne

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