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Standardbasiertes Ethernet im Auto

17. April 2014, 10:35 Uhr | Von Mike Jones
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

PoE-Optimierung für den Automobilbereich

Für Automotive-Anwendungen lässt sich PoE mit einer vereinfachten Schaltung realisieren
Bild 5. Für Automotive-Anwen- dungen lässt sich PoE mit einer vereinfachten Schaltung realisieren.
© Micrel

Der Einsatz von IEEE-PoE-Methoden bei Automotive-Anwendungen bietet interessante Optimierungen, wie in Bild 5 zu sehen ist. So besteht die Möglichkeit, den traditionellen PSE-Controller auszulassen. Für Automotive-Anwendungen entfällt zudem der Erkennungs- und Klassifizierungs-Prozess, da die PD-Seite in diesem Fall stets bekannt ist und feste Werte aufweist. Ein typisches Beispiel für eine Automotive-Anwendung ist die Schnittstelle zwischen Head Unit und Rückfahrkameramodul. Der relativ kostenintensive PSE-Controller kann durch einen kostengünstigen DC-DC-Wandler ersetzt werden. Dieser Wandler stellt einen Ausfallschutz bereit, falls Fehler auftreten oder ein Überstrom auftritt. Während die IEEE-802.3af-Spezifikation eigentlich für eine PoE-Spannung UPSE von 48 V ausgelegt ist, lässt sich im Automobilbereich eine besser geeignete, geringere Spannung von beispielsweise 12 V auswählen. So kann ein kostengünstigerer DC-DC-Wandler für geringere Spannung auf der PD-Seite verwendet werden. Auch beim Betrieb von 12-V-PoE können Nennleistungen von 6 W oder mehr pro Anschluss erreicht werden. In Situationen, in denen eine höhere Leistung benötigt wird, kann auch eine höhere PoE-Spannung eingesetzt werden.

Auf der PD-Seite ist der Brückengleichrichter ebenfalls unnötig, da die Verkabelung im Automobil fest ist. Trotz dieser Optimierungen und den daraus resultierenden Kostensenkungen bietet Standard-Ethernet-PoE für Automotive-Anwendungen immer noch die zusätzlichen Vorteile der Phantomspeisungsmethode, wie etwa die Gleichtaktstörungsunterdrückung oder die Trennung der Massen zwischen PD und PSE. Zudem lassen sich alle Hauptvorteile von IEEE-PoE ohne Zusatzkosten umsetzen: Es gibt keine zusätzliche Verkabelung, sondern es werden nur die ohnehin vorhandenen Standard-Ethernet-Signalübertrager sowie das Standard-Strommanagement genutzt. Daher gibt es im Automobilmarkt eine ganz besondere Wertschöpfung: die Idee der „kostenlosen PoE“.

Interoperabilität zwischen den Anbietern

Einer der Hauptfaktoren für den Erfolg von offenen Standards ist die Anzahl der konkurrierenden Anbieter, die vollständig interoperable Lösungen anbieten. Ethernet nach IEEE 802.3 hat sich in dieser Hinsicht, wie auch viele andere IEEE-Standards, fraglos durchgesetzt. Dazu haben auch unabhängige Testinstitute beigetragen, unter denen das Interoperability Laboratory (IOL) der University of New Hampshire (UNH) hervorsticht. Im IOL werden Ethernet-Geräte nach den IEEE-802.3-Spezifikationen geprüft und umfangreiche Inter­operabilitätstests durchgeführt. Die Automobilindustrie kann so zum einen die etablierte Ethernet-Landschaft ohne zusätzlichen Integrationsaufwand nutzen. Zum anderen gibt es bereits Bemühungen, die vorhandenen Ethernet-Tests der UNH um Definitionen für Emissionsmasken und spezielle Interoperabilitäts-Testprogramme mit Automobil-Kabelbäumen zu erweitern.

Micrel hat gemeinsam mit Marvell mit dieser Versuchsanordnung demonstriert, dass der Ethernet-Standard anbieterübergreifende Interoperabilitätslösungen bietet
Bild 6. Micrel hat gemeinsam mit Marvell mit dieser Versuchs- anordnung demonstriert, dass der Ethernet-Standard anbieter- übergreifende Interoperabilitätslösungen bietet.
© Micrel

Micrel hat gemeinsam mit dem Mitwettbewerber Marvell bereits demonstriert, dass der Ethernet-Standard anbieterübergreifende Interoperabilitätslösungen bieten und gleichzeitig die Automobil-EMV-Vorgaben für ungeschirmte Kabel erfüllen kann. In Bild 6 ist eine Versuchsanordnung dargestellt, die diese Bedingungen erfüllt. Dabei wurden Daten über einen Automobil-Kabelbaum aus fünf Drei-Meter-Abschnitten von kostengünstigem ungeschirmtem FlexRay-Kabel mit vier Inline-MQS-Anschlüssen über einen langen Zeitraum fehlerfrei übertragen. Der Kabelbaum wurde von Hand mit mindestens 5 cm langen unverdrillten Kabelabschnitten an den einzelnen Anschlüssen gefertigt und entsprach der kostengünstigsten Kabelspezifikation. In weiteren Interoperabilitätstests wurden andere Automobil-Kabelbäume geprüft, von kurzen 50-mm-Patch-Labeln bis hin zu einer Reichweite von 100 m.

Wann wird Ethernet also in Fahrzeugnetzwerken ganz normal werden? Trotz einer großen Begeisterung für diese Technologie von Seiten der Industrie wird eine Einführung durch den normalen Automobilentwicklungszyklus von mindestens zwei Jahren verzögert. Große OEMs werden vermutlich das Risiko einer neuen Technologie nicht auf sich nehmen, ohne die tatsächlichen Vorteile zu untersuchen, zu verstehen und von ihnen vollständig überzeugt zu sein. Es ist davon auszugehen, dass Ethernet-basierte Fahrzeugnetzwerke ab 2017 umgesetzt werden. Micrel glaubt jedoch fest daran, dass Standard-Ethernet nach IEEE 802.3 in allen Automotiven-Anwendungen, sei es Diagnose, Advanced Driver Assistance oder Infotainment, nicht enttäuschen wird: als besonders günstige, schnelle und stabile Lösung.

 

Der Autor

Michael Jones 
arbeitet seit rund 25 Jahren in der Halbleiterbranche. Bei Micrel war er zunächst 13 Jahre als Senior FAE und Produktmarketing-Manager tätig. Zur Zeit ist er als Marketing-Direktor verantwortlich für das Produktmarketing im Bereich Automotive und Industrial bei Micrel LAN Solutions in Newbury, Großbritannien.
 

 


  1. Standardbasiertes Ethernet im Auto
  2. Die besonderen Vorteile von Standard-Ethernet
  3. PoE-Optimierung für den Automobilbereich

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