Bussysteme

Standardbasiertes Ethernet im Auto

17. April 2014, 10:35 Uhr | Von Mike Jones
Diesen Artikel anhören

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Die besonderen Vorteile von Standard-Ethernet

Der Erfolg von Ethernet beruht auf der vollkommen offenen Standardisierung nach IEEE 802.3. Das gilt für den Automotive-Bereich ebenso wie für die anderen Märkte. Drei wesentliche Vorteile sprechen für Standard-Ethernet:

  • Geringe Gesamtkosten: Eine Vielzahl von Märkten und Anbietern führt zu einer Massenproduktion über automobilspezifische Lösungen hinaus, was wiederum geringere Kosten für Silizium nach sich zieht. Darüber hinaus sorgt der Einsatz von Ethernet für eine Verkleinerung der Stücklisten.
  • Ganzheitlicher Ansatz: Ethernet ist bei Weitem nicht nur eine physikalische Schicht. Es handelt sich tatsächlich um eine vollständige Lösung mit ergänzenden IEEE-Spezifikationen wie 802.3az, Energy Efficient Ethernet (EEE), oder 802.3af.at, Power over Ethernet (PoE). Beide Spezifikationen spielen im Fahrzeug eine wichtige Rolle.
  • Interoperabilität: Auch in neuen Anwendungsgebieten wie dem Automotive-Bereich lässt sich die etablierte Ethernet-Landschaft ohne zusätzlichen Integrationsaufwand nutzen.

Kostenreduzierung durch kleinere Stücklisten

Wie mit Hilfe von Ethernet die Zahl der benötigen Komponenten sinkt, lässt sich am Beispiel eines Automotive-Ethernet-Transceiver (Bild 2) erläutern. So erfordert Ethernet lediglich ein Minimum an Standardfilterung.

Schema eines typischen Automotive-Ethernet-PHY-Transceiver
Bild 2. Schema eines typischen Automotive-Ethernet-PHY-Transceiver.
© Micrel

Zur Einhaltung des Standards wird im Allgemeinen ein 100-ppm-Kristall oder eine Taktquelle verwendet. In Automotive-Anwendungen lassen sich die Kosten sogar noch weiter senken, indem kostengünstigere Kristalle mit geringerer Genauigkeit eingesetzt werden.

Ein zentraler Vorteil von Standard-Ethernet-Lösungen für Automobile besteht darin, dass für die Schnittstelle zwischen dem PHY-Transceiver und den für die Potenzialtrennung notwendigen Signalüberträgern nur wenige oder sogar gar keine Komponenten benötigt werden. Das vereinfacht das Layout und verbessert die Signalintegrität. Es können auch Standard-Ethernet-Signalüberträger verwendet werden. Die Verbreitung von Ethernet-Impulstransformatoren, die für Automotive-Anwendungen geeignet sind, ist in den letzten Jahren beträchtlich gestiegen, die Kosten entsprechend gesunken. Auch technisch hat sich einiges getan: Inzwischen werden Transformatoren mit einer Maximalhöhe von nur 2,9 mm angeboten, die perfekt für Anwendungen mit geringem Raum wie Kameramodule geeignet sind. Maschinengewickelte Signalüberträger bieten zudem eine verbesserte Genauigkeit gegenüber den traditionellen handgewickelten Impulstransformatoren.

Im Endergebnis führt die Standard-Ethernet-Konfiguration zu einer optimierten, kostengünstigeren Stückliste. Minimale externe PHY-Schaltkreise haben nur einen geringen Platzbedarf auf der Leiterplatte und ermöglichen so ein deutlich verbessertes, kompaktes Design im Vergleich zu Alternativlösungen, die nicht auf Standards beruhen.

Energieeffizienz und kostenloses PoE

100BASE-TX-Ethernet ist bereits heute die PHY-Technologie mit dem geringsten Energiebedarf, die auf dem Markt erhältlich ist. Im Vergleich zu Gigabit-Lösungen sind der Stromverbrauch und die Kosten um bis zu zwei Drittel geringer.

Energy Efficient Ethernet (EEE): In Leerlaufzeiten kann der PHY in einen Ruhemodus mit besonders geringem Strombedarf versetzt werden (rechts)
Bild 3. Energy Efficient Ethernet (EEE): In Leerlaufzeiten kann der PHY in einen Ruhemodus mit besonders geringem Strombedarf versetzt werden (rechts).
© Micrel

Weitere Verbesserungen der Energieeffizienz bietet die Spezifikation IEEE 802.3az, Energy Efficient Ethernet (EEE): In Leerlaufzeiten (wenn kein Datenverkehr besteht) kann der PHY in einen Ruhemodus mit geringem Strombedarf versetzt werden, in dem die Leistungsaufnahme um mehr als 50 % verringert wird (Bild 3).

Der Automobilmarkt profitiert zudem mehr als andere Märkte von der Bereitstellung ergänzender PoE-Lösungen (Power over Ethernet) nach IEEE-Standard. Denn wenn etwa mehrere Kamerasensoren am Fahrzeug angebracht werden, steigt unvermeidlich auch der Bedarf an Verkabelung – eine zusätzliche Komplikation, die Autohersteller gerne vermeiden möchten. Dezentrale Fahrzeugsensoren benötigen selbstverständlich neben den Datenleitungen auch eine Stromversorgung. Das bedeutet ein zusätzliches Leiterpaar pro Sensor zur Stromversorgung des Geräts. Doch die Spezifikationen IEEE 802.3af (Standard) und IEEE 802.3at (erhöhte Leistung) definieren eine Methode, wie sich Strom und Daten über dieselbe Leitung schicken lassen. Mit Hilfe dieser Technik können dezentrale Sensorgeräte mit Standard-Ethernet ohne zusätzliche Stromkabel auskommen.

Die Power-over-Ethernet-Technik (PoE) arbeitet mit einer Phantomspeisungsmethode
Bild 4. Die Power-over-Ethernet-Technik (PoE) arbeitet mit einer Phantomspeisungsmethode.
© Micrel

Eine PoE-Architektur besteht grundsätzlich aus zwei Elementen: dem Power Sourcing Equipment (PSE), das den Strom liefert, und dem Power Device (PD), das den Strom entgegennimmt (Bild 4). Ein PSE-Controller muss zuerst ein PD erkennen und klassifizieren, bevor der Strom in einem Drei-Phasen-Prozess bereitgestellt wird:

  • 1. Erkennung: PSE überprüft, ob es mit einem zulässigen, kompatiblen PD-Gerät verbunden ist.
  • 2. Klassifizierung: PSE überprüft den vom PD benötigten Strom.
  • 3. Betrieb: Wenn (1) und (2) durchgeführt wurden und das PSE ausreichenden Strom bereitstellen kann, wird die Spannung UPSE (zwischen 44 V und 57 V) aktiviert.

Die PoE-Spannung UPSE wird an die Mittenanzapfung des Standard-100BASE-TX-Ethernet-Transformators angelegt. Diese Technik wird als „Phantomspeisung“ bezeichnet. Ein großer Vorteil der Phantomspeisungsmethode ist die Gleichtaktstörungsunterdrückung auf der PD-Seite des Transformators. Auf dieser Seite ist ein Brückengleichrichter erforderlich, der den Strom richtet und unempfindlich gegenüber der Polarität ist, falls die RX- und TX-Leiterpaare versehentlich vertauscht werden.

Eine Masserückführung zum PSE wird über die Mittenanzapfung des anderen Transformators bereitgestellt. Dies sorgt für einen zweiten wichtigen Vorteil: die PD-seitige und die PSE-seitige Masse sind galvanisch voneinander getrennt. Diese Isolierung ist wichtig für die Vermeidung von Störstrahlungen durch Masseschleifen, die auftreten, wenn das Massepotenzial sich auf den beiden Seiten unterscheidet.


  1. Standardbasiertes Ethernet im Auto
  2. Die besonderen Vorteile von Standard-Ethernet
  3. PoE-Optimierung für den Automobilbereich

Lesen Sie mehr zum Thema


Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!