Die vorangehenden Ausführungen machen deutlich, dass mit steigenden (Temperatur-)Anforderungen eine differenziertere Auswahl erfolgen muss als in der Vergangenheit. Während bei Speziallösungen für Temperaturen über 200 °C, wie beim Anschluss der Lambdasonde, oft ein klares Anforderungsprofil und auch das geeignete Isoliermaterial existieren, verlangen die Klassen C und D besonderes Fingerspitzengefühl. Denn immer mehr Leitungen dieses Typs werden in großer Menge eingebaut werden. Das bedeutet, dass hier der Kostenfaktor stärkeren Einfluss hat.
Dennoch seien Automobilhersteller ermutigt, auf die teurer erscheinenden Lösungen einen Blick zu werfen: Das Plus an Hitzebeständigkeit zum Beispiel kann bedeuten, dass Leitungen dichter am Motor eingebaut werden können, was eine Ersparnis beim Gewicht, bei der Länge oder auch bei teuren Schutzmaßnahmen wie z.B. Schutzschläuchen bewirken kann. Auch sinkt die Ausfallwahrscheinlichkeit wegen Hitzeschäden am Kabelbaum. Ein Vorteil der höheren Temperaturbelastbarkeit ist auch, dass bei großen Strömen und der damit zwangsläufig verbundenen Eigenerwärmung des Leiters die Isolierung nicht so schnell an ihre thermischen Grenzen gelangt. Das bedeutet, dass bei gleichem Leiterquerschnitt und gleicher Umgebungstemperatur dünnere Isolierwanddicken möglich sind, was Platz, Gewicht und Kosten spart. Dies ist nicht nur für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor relevant, sondern besonders für Hybrid- und Elektrofahrzeuge, bei denen mehrere Kilowatt vom Energiespeicher an die Motoren zu transportieren sind.
Nicht umsonst registrieren Kabelhersteller wie die Firma Nexans einen Trend zu vernetzten PE-Compounden (Bild 4). Für dieses Isoliermaterial sprechen der Faktor Halogenfreiheit, der Kostenvorteil und die Tatsache, das Leitungshersteller die Materialeigenschaften durch Eigenentwicklungen zielgerichtet an die Anforderungen des Kunden anpassen können.
Den Entwicklungen der Automobilindustrie tragen die Kabelanbieter nicht nur durch die verbesserten Isoliermaterialien Rechnung, sondern auch, indem sie neben Kupferleitungen auch solche mit Aluminiumleiter oder mit Kupferlegierungen entwickeln. Aluminium beispielsweise zeichnet sich durch sein geringes Gewicht aus und ist daher optimal für das Anschlusskabel der Batterie, wenn sich diese im Kofferraum oder unter der Sitzbank befindet. Gewichtsvorteile bewirken außerdem Isoliermaterialien mit hoher Durchschlagfestigkeit, da diese eine Reduzierung der Isolierdicke erlauben.
Aufgrund der Komplexität des Themas Leitung ist abzusehen, dass Automobilhersteller oder Zulieferer aus dem Kabelbaumbereich künftig intensiver mit den Kabelherstellern zusammenarbeiten werden, damit Leiter, Isoliermaterial und Form auf die jeweiligen Bedürfnisse maßgeschneidert werden können und technische Anforderungen sowie Wirtschaftlichkeit optimiert werden. sj
![]() | Klaus Merklein ist Produktmanager und Teamleiter Automotive bei der Nexans Deutschland GmbH. |