Steuergeräte-Software-Entwicklung

Mit Varianten-Management erfolgreich zum Ziel

6. April 2010, 18:50 Uhr | Von Meike Lim und Markus Loose
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Variantenabhängige Testausführung

Ein weiteres Problem tritt auf, wenn bestimmte Funktionen in einer Variante nicht vorhanden sind. Gewisse Abläufe sind dann nicht zu prüfen oder es sind einige Signale nicht relevant und müssen beim Test ignoriert werden. In diesem Fall führt die Einführung einfacher Kontrollstrukturen schon weiter. Aus diesem Grund sind Konstrukte vorzubereiten, die es ermöglichen, bestimmte Sequenzen und/oder Signale für bestimmte Varianten auszublenden. Dazu sollten Varianteninformationen zu den Sequenzen und Signalen in der Testspezifikation vorgehalten werden, die angeben, in welchen Varianten eine Testsequenz ausgeführt, ein Signal gesetzt oder überprüft werden soll.

Werkzeuggestützte Lösung

Ein im Automotive-Bereich häufig eingesetztes Werkzeug zur Testspezifikation ist CTE XL [1], das auf der Klassifikationsbaum- Methode [2] basiert. Es ist unter anderem an die Testumgebungen MTest der Firma dSpace, Exact der Firma Extessy und an eine HiLTestumgebung der Firma IBB angebunden. In seiner Standardversion ist CTE XL jedoch nicht für die Testspezifikation von Varianten geeignet, da es nicht mit Parametern und Formeln umgehen kann und auch keine variantenabhängige Ausführung unterstützt. IT Power Consultants hat das Werkzeug entsprechend erweitert, um dessen Einsatz für die Testspezifikation von Varianten zu ermöglichen.

Ablauf

Entsprechend der grundlegenden Idee des Varianten-Managements, gemeinsame Merkmale zentral zu verwalten und daraus – möglichst automatisch – die variantenspezifische Ausprägung zu generieren, wird mit der Erweiterung von IT Power Consultants ebenfalls zunächst eine generische, variantenübergreifende Testspezifikation erstellt. In dieser lassen sich Parameter für Signalnamen, Werte und Zeiten sowie Formeln verwenden. Ebenfalls ist es möglich, Testsequenzen und Signale für die variantenabhängige Ausführung zu markieren. Ist die generische Testspezifikation abgeschlossen, erzeugt die Erweiterung auf Knopfdruck automatisch variantenspezifische Testspezifikationen, die für die Testausführung geeignet sind.

Berechnungsvorschrift im FORMULAS-Tag
Bild2. Angabe einer Berechnungsvorschrift im FORMULAS-Tag.
© Elektronik automotive

Verwendung von Parametern

Um die Verwendung von Parametern zu ermöglichen, ist an geeigneter Stelle eine Abbildung der Parameter auf die konkreten Werte zu hinterlegen. In der implementierten Erweiterung wird dazu ein Tag „VARIABLES“ vom Typ VariableMap im Root-Knoten angelegt und darin jeweils der Parameter mit seinem Wert definiert (siehe Bild 2). Diese Daten können aber auch extern in einer Konfigurationsdatei gehalten und zur Konkretisierung in die Testspezifikation geladen werden.

Verwendung von Formeln

Ein über die Parameter hinausgehendes Konzept ist die Verwendung von Formeln. Die Testspezifikation lässt sich dadurch nicht nur vereinfachen, sondern ist auch besser lesbar. Ein Beispiel verdeutlicht dies. Die Batterie erreicht einen kritischen Zustand, wenn die Spannung auf einen Wert von 11,95 V (U_BAT_UNTERSPANNUNG) fällt. Zur Testausführung ist bei der Spannung ein Offset von 0,5 V zu berücksichtigen, weiterhin haben die Spannungswerte im CAN eine Auflösung von 0,05 V. Die Batteriespannung ist unter Berücksichtigung des Offsets und der Auflösung auf den Wert U_BAT = 229 zu setzen. Dieser Wert ist in der Testspezifikation jedoch schlecht nachvollziehbar. Durch die Verwendung von Variablen und Formeln verbessert sich die Lesbarkeit der Testspezifikation. Hierzu sind im Root- Knoten ein Tag FORMULAS vom Typ VariableMap anzulegen und die Berechnungsformel anzugeben (siehe Bild 2). U_BAT_UNTERSPANNUNG ist dabei als Variable mit dem Wert 11,95 im VARIABLES-Tag hinterlegt. Nach der Transformation der generischen Testspezifikation lässt sich im Klassifikationsbaum die Klasse U_BAT_KRITISCH automatisch mit dem aus der Formel errechneten Wert 229 ersetzen.

Angabe der Variantengültigkeit.
Bild 3. Angabe der Variantengültigkeit.
© Elektronik automotive

Variantenabhängige Ausführung

Um eine einfache variantenabhängige Ausführung zu codieren, wird der Tag VARIANT vom Typ TextualTag genutzt, der sich im CTE XL sowohl jedem Testschritt, jeder Testsequenz oder -gruppe sowie jeder Komposition und Klassifikation (typischerweise die Ein- und Ausgabesignale) zuordnen lässt. Bit-codiert ist dort hinterlegt, für welche Varianten das jeweilige Testelement relevant bzw. nicht relevant ist (siehe Bild 3). Vor der Transformation der allgemeinen Testspezifikation zur variantenspezifischen Spezifikation wird im VARIABLE-Tag im Root-Knoten – ebenfalls bit-codiert – eine Liste der Varianten angegeben, die konkretisiert werden sollen. In der konkretisierten Spezifikation lassen sich dann die Testelemente ausblenden, die bei der bit-weisen UND-Verknüpfung der Root-Variante mit der Angabe im Testelement von 0 verschieden sind.

 

Literatur und Links


[1] CTE XL. www.systematic-testing.com
[2] Grochtmann, M.; Grimm, K.: Classification Trees for Partition Testing. Software Testing. Verification & Reliability. Volume 3. No 2. pp. 63 – 82.

 

Dipl.-Ing. Meike Lim  
studierte an der Technischen Universität Berlin  das Wirtschaftsingenieurwesen mit der Fachrichtung  Elektrotechnik. Die Vertiefung im  Bereich Marketing ergänzte sie mit einem  Studium an der University of California, Berkeley,  USA. Bei IT Power Consultants verantwortet  sie die Bereiche Marketing und Public  Relations. 

meike.lim@itpower.de


Dipl.-Inf. Markus Loose
studierte Informatik an der Humboldt-Universität zu Berlin. Seit 2009 arbeitet er bei IT Power Consultants in den Bereichen Anforderungsmanagement, Test und Tool-Entwicklung.

markus.loose@itpower.de



  1. Mit Varianten-Management erfolgreich zum Ziel
  2. Variantenabhängige Testausführung

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