Energietragfähigkeit von High-Side-Treibern

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8. Mai 2008, 13:43 Uhr | Jochen Barthel
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

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studierte Physik mit dem Schwerpunkt Halbleiterphysik an der TU München.

Seit dem Jahr 2000 arbeitet er bei STMicroeletronics, derzeit als Technical Marketing Manager VI-Power im Bereich Marketing & Application Automotive.

jochen.barthel@st.com

Für das Beispiel eines Klimaregelungsventils (8 Ω, 50 mH Last) bedeutet dies, dass die Abschaltung über einen High-Side-Treiber mit ausreichender Energietragfähigkeit und einer typischen Klemmspannung von 46 V anstelle von 2,7 ms ohne externen Freilauf nunmehr 19,8 ms andauert.

In Bild 4 wird die bidirektionale Transil-Diode parallel zur Drain-Source-Strecke des High-Side-Treibers geschaltet. Dies vereinfacht im Vergleich zu einer Parallelschaltung zur Last die Dimensionierung, denn die Diode soll zum einen bei einem Spannungspegel im Bereich des „jump start“ (ca. 28 V) noch nicht, zum anderen aber bereits unterhalb der minimalen Klemmspannung des High-Side-Treibers (ca. 41 V) sicher leiten.

Mehrkosten durch externe Zusatzbeschaltung

Das Verwenden einer externen Zusatzbeschaltung, welche die Freilaufenergie im Abschaltzeitpunkt übernimmt, kann je nach Anwendung zu deutlichen Mehrkosten führen, so dass es ökonomisch sinnvoller sein kann, einen kostspieligeren Treiber mit größerer Chipfläche, aber ausreichend hoher Energietragfähigkeit auszuwählen. Die im Treiber während des Entmagnetisierungsvorganges umgesetzte Energie berechnet sich zum einen aus der in der Induktivität gespeicherten Energie plus der aus der Versorgung nachgelieferten Energie minus der in externen Last- oder Leitungswiderständen aufgenommenen Energie (Bild 5).

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Bild 4. Bidirektionale Transil-Diode parallel zur Drain-Source-Strecke des High-Side-Schalters.

Zum Abschaltzeitpunkt taucht die Spannung am Ausgang des High-Side-Treibers ins Negative ab. Bei hinreichend großer Induktivität würde die Spannung bis hin zum Lawinendurchbruch der Transistor-Struktur ansteigen. Um dies zu vermeiden, sorgt eine Zener-Dioden-ähnliche Klemmstruktur zwischen Drain und Gate der Leistungsendstufe für ein Aufsteuern des Transistors beim Überschreiten einer bestimmten Drain-Source-Spannung UClamp, die typisch etwa 46 V beträgt. Der Transistor arbeitet dann so lange im Linearbetrieb, bis die in der Last gespeicherte magnetische Energie abgebaut ist (Strom-/ Spannungsverlauf in Bild 5). Der Vorteil der Klemmung nach Drain-Potential gegenüber einer Klemmung nach Masse-Potential liegt darin, dass diese auch bei Verlust der Masse-Verbindung noch zuverlässig funktioniert. Während dieser Betriebsphase ist jedoch der interne Übertemperaturschutz nicht funktionsfähig, was wiederum bedeutet, dass der Treiber durch zu hohe Energie zerstört werden kann.

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Bild 5. Energieverhältnisse mit Strom- und Spannungsverlauf im High-Side-Treiber beim Abschalten induktiver Last zum Zeitpunkt t0.

Folglich weisen Technologien mit kleineren Chipflächen bei gleichem Ron eine geringere Energietragfähigkeit auf. Bild 2 zeigt die Abhängigkeit der Energiefähigkeit von der Chipfläche für zwei unterschiedliche Technologie-Generationen. Der Chipflächenbedarf des Leistungstransistors der Technologie B ist dabei rund 40 Prozent geringer als der von Technologie A. Dargestellt werden verschiedene Ron-Klassen. Die Energietragfähigkeit pro Chipfläche ist näherungsweise konstant.

Die Energietragfähigkeit der High-Side-Treiber spielt insbesondere bei induktiven Lasten, zum Beispiel DCMotoren, Magnet-Ventilen, Relais-Spulen oder Pumpen, eine wichtige Rolle. Dabei ist nicht nur der einmalige Abschaltvorgang zu betrachten, sondern der Halbleiterschalter muss vielmehr in der Lage sein, die Gesamtzahl aller Abschaltvorgänge über die gesamte Lebensdauer der Anwendung zerstörungsfrei zu überstehen. Betriebsprofile können von einigen wenigen tausend Schaltzyklen für selten betriebene Lasten bis hin zu mehreren Millionen Schaltzyklen für Lasten im PWM-Betrieb reichen.

Schaltungstechnisch lassen sich die Auswirkungen der magnetischen Energie auf den High-Side-Treiber durch Freilauf-Dioden oder bidirektionale Transil-Dioden verhindern.

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Bild 2. Energietragfähigkeit eines High-Side-Schalters in Abhängigkeit der Chipfläche für unterschiedliche Technologie-Generationen.

In Bild 3 liegt die Freilaufdiode parallel zur Last. Beim Abschalten übernimmt diese den Strom, sobald die Spannung am Ausgang des Treibers um die Fluss-Spannung ins Negative sinkt. Dabei ist zu beachten, dass eine derartige Beschaltung nicht mehr verpolfest ist. Gegebenenfalls ist also im Zuleitungspfad des High-Side-Treibers für einen Verpolschutz zu sorgen. Häufig sind dabei Dioden aufgrund der hohen Verlustleistung nicht mehr einsetzbar, so dass auf aufwendigere Lösungen zurückgegriffen werden muss. Darüber hinaus steigt auch die Zeit für die Abkommutierung der Last bei kleiner werdender Entmagnetisierungsspannung immer weiter an. Dies bedeutet beispielsweise bei Magnetventilen, dass zwischen dem Abschaltzeitpunkt des High-Side-Treibers und dem tatsächlichen Deaktivieren der Last eine nicht zu vernachlässigende Verzögerung entsteht. Die Zeit, die für die Entmagnetisierung benötigt wird, lässt sich wie folgt berechnen:

TDEMAG = L/R × ln((–UDEMAG + + R × I0) / (–UDEMAG))

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Bild 3. Freilaufdiode parallel zur Last. Sie übernimmt den Strom beim Abschalten der Last.

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