Das Internet Protocol wird (auto)mobil

IP im Auto

21. Februar 2008, 12:12 Uhr | Dr. Rainer Steffen, Richard Bogenberger, Joachim Hillebrand, Wolfgang Hintermaier, Mehrnoush Rahmani und Andreas Winckler
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Fortsetzung des Artikels von Teil 3

IP im Auto

Sollte eine komplette Migration auf das Internet Protocol erfolgen, würde dies weitere Vorteile im Design der Kommunikationsarchitektur bieten. So könnte auf aufwendige und komplexe Gateways verzichtet werden, da keine Umwandlung der Datenformate, wie etwa zwischen MOST, CAN, FlexRay oder LIN, notwendig ist, sondern lediglich eine Vermittlung der IP-Pakete durchgeführt wird. Dies führt dazu, dass eine deutliche Komplexitätsreduzierung der gesamten Kommunikationsarchitektur stattfindet und sich damit Systemdesign und Partitionierung radikal vereinfachen.

Nicht nur technische Aspekte wie Zukunftssicherheit, Software-Baukasten, IT-Standards und Komplexitätsreduzierung stellen gute Argumente für die Verwendung des Internet Protocol im Fahrzeug dar. Auch im Hinblick auf die Entwicklungsprozesse ergeben sich Vorteile. Vergleicht man den Pool an ausgebildeten Fachkräften, die Erfahrungen mit Bussystemen wie MOST, FlexRay oder CAN haben, mit denen, die mit IP arbeiten, wird klar, dass auch in dieser Hinsicht der Internet-Standard klare Vorteile für sich verbuchen kann. Besonders deutlich wird dies in Zeiten des Fachkräftemangels und der Globalisierung.

Ein weiterer wichtiger Punkt im Entwicklungsprozess sind die vorhandenen Tools und Messwerkzeuge für die einzelnen Kommunikationstechniken. Vergleicht man die Vielfalt und die geringen Kosten vorhandener Tools für IP mit denen etablierter automotiver Techniken, wird deutlich, dass die Auswahl an Tools bei IP größer ist und auch die Kosten dafür niedriger sind. Ein Beispiel dafür ist der Open-Source-Protokollanalysator Wireshark, der im IP-Bereich weite Verbreitung gefunden hat, selbst erweitert werden kann und kostenlos beziehbar ist.

IP ermöglicht neue Anwendungen

Das Internet Protocol ermöglicht eine Vielzahl neuer Anwendungen, die dank standardisierter Schnittstellen und eines vorhandenen Software-Baukastens effizient in das Fahrzeug integriert werden können.

Bei Einsatz des Internet Protocol in Verbindung mit Ethernet oder WLAN als Übertragungsmedium können sehr hohe Datenraten erzielt werden, mit denen mehrere Audio- und Videoströme gleichzeitig und mit sehr hoher Qualität übertragen werden können. Ein großer Vorteil dabei ist, dass alle Daten über ein gemeinsames Netz übertragen werden und somit an beliebiger Stelle zur Verfügung stehen. Zusätzliche Übertragungsleitungen wie analoge (FBAS) oder digitale (LVDS) Videoleitungen werden nicht mehr benötigt. Dabei ist es unerheblich, ob die Inhalte auf das zentrale Fahrzeugdisplay, das „Rear Seat Entertainment System“ oder auf ein vom Fahrer mitgebrachtes Gerät übertragen werden.

Die mittlerweile weit verbreiteten IP-basierten Kameras können mit geringem Integrationsaufwand auch im Fahrzeug, etwa für Fahrerassistenzsysteme, verwendet werden. Dies bietet eine erhöhte Flexibilität und trägt wesentlich zur Kostenreduktion bei, da die Video-Datenströme über das einheitliche Bordnetz und nicht mehr über separate Kabel übertragen werden müssen. Natürlich müssen diese Kameras die automobilen Anforderungen hinsichtlich EMV oder Erschütterungsbeständigkeit erfüllen.

Um die für die Video-Datenströme benötigten Ressourcen weiter zu reduzieren, können Standardkompressionsalgorithmen wie zum Beispiel MPEG-2 oder MPEG-4 verwendet werden. Somit entsteht ein flexibles und skalierbares System, das sich den jeweiligen Anforderungen anpassen kann.

Durch die Anbindung an das Internet können Dienste wie Voice over IP (VoIP), Videoconferencing, Internet-TV oder IP-Radio einfach und schnell im Fahrzeug zur Verfügung gestellt werden. Die Vielfältigkeit der IP-basierten Dienste ermöglicht neue Anwendungsszenarien im Fahrzeug. Ein Beispiel ist die Realisierung eines Video-Assistenzsystems, bei dem der Fahrer über ein Videobild persönlich mit einem Servicemitarbeiter kommuniziert. Über die Videoverbindung können dann nützliche Informationen, wie die Funktion eines Bedienelements, eingespielt werden.

Mit zunehmender Vernetzung mit der Außenwelt über IP nehmen auch die Anforderungen an die Sicherheit zu. Das Fahrzeug muss gegen unerlaubten Zugriff und Manipulation geschützt werden. Der IT-Baukasten bietet hier eine Vielzahl von Lösungen an, auf die zurückgegriffen werden kann. Firewalls, Proxys, IPSec oder VPNs sind gängige Ansätze aus der IT-Welt die auch für die Absicherung des Fahrzeugs eingesetzt werden können.

Das Fahrzeug wird Teil des persönlichen Unterhaltungsnetzwerks

Unterhaltungselektronik nimmt nicht nur in unserem täglichen Leben, sondern auch im Fahrzeug einen immer breiteren Raum ein. Insbesondere nimmt die Nachfrage zu, mobile Endgeräte wie Mobiltelefone, MP3-Player oder PDAs für die Unterhaltung im Fahrzeug zu nutzen. Die Produktlebenszyklen der Unterhaltungselektronik sind jedoch weitaus kürzer als die der Automobilindustrie. Hohe Integrations- und Änderungsaufwände sind derzeit die Folge.

IP bietet mit dem Software-Baukasten auch hier Lösungen, die das Potential bieten, die kurzlebige Unterhaltungselektronik mittels langlebiger, standardisierter Schnittstellen mit dem Fahrzeug zu vernetzen. Ein Beispiel hierfür ist „Universal Plug and Play“ (UPnP; Kasten). In der UPnP-Gerätearchitektur ist insbesondere auch das für die Unterhaltung verwendete Geräteprofil UPnP AV standardisiert. UPnP AV stellt zudem die technische Grundlage für die „Digital Living Network Alliance“ (DLNA) dar.


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