Infotainmentsysteme werden in Zukunft nur dann wirtschaftlich zu entwickeln sein, wenn sie auf standardisierten Plattformen aufsetzen, die hersteller- und zuliefererübergreifend eingesetzt werden. Dies soll die Herstellkosten und die Entwicklungszeit der Basistechnologie...
Infotainmentsysteme werden in Zukunft nur dann wirtschaftlich zu entwickeln sein, wenn sie auf standardisierten Plattformen aufsetzen, die hersteller- und zuliefererübergreifend eingesetzt werden. Dies soll die Herstellkosten und die Entwicklungszeit der Basistechnologie sowie spezifischer Innovationen verringern und die Qualität der Produkte verbessern.
Die für schnelle Innovationen erforderliche Unterstützung bietet nur das Open-Source-Modell von Linux. Einfache Verfügbarkeit, einheitliche Treiber und offene Schnittstellen-Standards schaffen die Basis für eine Entwickler-Community, die über viele Personen und Firmen verteilt ist. Diese Community mit ihren Projekten und Lösungen bildet zusammen mit kommerziellen Lösungsanbietern ein Umfeld, das sich laufend weiterentwickelt und die Grundlagen für die Anwendungsentwicklung zur Verfügung stellt. Die Vorteile sind, dass Wiederverwendung und Anpassung in den Vordergrund rücken und die Neuentwicklung nur noch dort erfolgt, wo ein Mehrwert produziert wird. Die Entwickler können sich auf Innovationen konzentrieren, statt für jedes Projekt die Software-Infrastruktur neu erfinden zu müssen. Gleichzeitig entfällt die Notwendigkeit, unterschiedliche Versionen für verschiedene Betriebssysteme neu zu entwickeln. Neben den neuen Anwendungen kann eine Standard-Plattform Autoherstellern über reine Wartungsarbeiten hinaus neue Geschäftsmodelle in der Bereitstellung neuer Funktionen oder Software-Upgrades eröffnen. So können etwa eine Fehlerkorrektur, eine neue Applikation oder ein neues Plug-in per Download ins Fahrzeug kommen.
Linux fürs Auto
Bei Linux ist für Car-Infotainment eine robuste und stabile Basis mit einem sinnvollen Satz an Komponenten zur schnellen Entwicklung neuer Anwendungen notwendig (Bild 1). Offene APIs (Application Programming Interfaces) müssen die Einbindung zusätzlicher Anwendungen ermöglichen; offene Standards helfen beim Investitionsschutz.
Zu den Standard-Funktionen, die heute als Grundvoraussetzung für Infotainment gelten, gehören Anwendungen wie Spracherkennung und -wiedergabe, Bluetooth sowie Lösungen für Echo- und Rauschunterdrückung, aber auch Anschlussmöglichkeiten und Unterstützung für eine breite Palette von Unterhaltungselektronikgeräten. Neue Anwendungen wie Google Earth oder YouTube lassen sich mit ins Fahrzeug integrierten oder in mobilen Navigationssystemen verwenden. Derartige Systeme sind in der Open-Source-Community verfügbar und wurden bereits für den PC-Markt portiert. Außerdem muss für den Automobilmarkt eine leistungsfähige Testumgebung verfügbar sein, damit sichergestellt ist, dass Anwendungen schnell und korrekt integriert und damit mögliche Interoperabilitätsprobleme identifiziert werden können. Hier helfen Referenzsysteme wie das von Intel und Wind River gemeinsam unterstützte Referenzsystem Crown Beach auf Basis des neuen Intel-Atom-Prozessors.
Interoperabilität mit Konsumelektronik
Spezifisch für das Car-Infotainment ist die Interoperablität mit Konsumelektronik-Geräten, die sich durch kurze Lebenszyklen auszeichnen. Um die Interoperabilität über den Lebenszyklus des Infotainmentsystems sicherzustellen, hilft die Open-Source-Community, aber auch kommerzielle Lösungen wie z.B. die Bluetooth-Lösung der Firma Parrot, die eine breite Kompatibilität mit aktuellen Mobiltelefonen sicherstellen kann.
Ein wichtiges Architektur-Konzept ist die Nutzung von Plug-ins. Dieses Konzept verbindet verschiedene Geräte, Schnittstellen oder Software-Module unter einer einheitlichen API und Verarbeitungslogik. Plug-ins ermöglichen dabei die flexible und einfache Reaktion auf geänderte Gerätearten oder Protokolle – ohne dass die Anwendungs-Software oberhalb der API erneuert werden muss.
Eine spezielle technische Anforderung bei Geräten im Fahrzeug ist die Verwaltung der Stromversorgung und das schnelle Ein- beziehungsweise Ausschalten. Die Autobatterie kann keine konstante Stromversorgung sicherstellen. Dies ist in einem Fahrzeug jedoch von entscheidender Bedeutung, zumal ein Totalausfall des Geräts in Folge eines temporären Spannungsausfalls (Zündung) nicht tolerabel ist. In diesem Fall kann man nicht auf fertige Lösungen aus der Linux-Community zurückgreifen. Da diese Probleme in der Fahrzeug-Software jedoch kein neues Thema sind, sind die nötigen Methoden bekannt und erprobt und können von Linux für Car-Infotainment bereitgestellt werden. Ein Zustandsautomat mit flexibler Festlegung der Zustände und Trigger-Signale ist ein Baustein zur Lösung des Problems (Bild 2). Diesem Zustandsautomat unterliegt auch der Boot- und Shutdown-Prozess von Linux selbst. Hier wird die Open-Source-Komponente initng benutzt. Mit initng ist auch die Basis für einen schnellen Bootvorgang gelegt.
Verarbeitung von Audio & Video
Die Verarbeitung von Audio- und Video-Signalen ist eine zentrale Aufgabe von Car-Infotainmentsystemen. Neben klassischen Quellen kommen zunehmend webbasierte Quellen (Webradio, YouTube, Internet-TV) zum Tragen. Auch Kamera-Signale von Fahrerassistenzsystemen gilt es einzubinden. Damit einher geht die Notwendigkeit, eine große Zahl von Audio-/Video-Formaten in guter Qualität zu verarbeiten. Bei den Formaten bietet die Open-Source-Community eine große Zahl an Codec-Implementierungen. Auch zahlreiche Media-Player und Multimedia-Implementierungen sind verfügbar. Im konkreten Fall ist die Lizenzierungssituation zu klären sowie die Frage, ob Patentgebühren an Dritte fällig werden. Eine interessante Implementierung ist das „Helix DNA Client Media Framework“ von Real (https://helixcommunity.org).