In München wird im Durchschnitt pro Woche ein Projekt abgeschlossen. Sollte der Kunde unter Zeitdruck stehen, werden die Daten eines Projekts aus München nach Feierabend an die US-Kollegen übergeben, die wiederum ihre asiatischen Kollegen mit der Weiterverfolgung betreuen. So entsteht bei Bedarf ein 24/7-Betrieb rund um den Globus. Vertraulichkeit bei der Kooperation mit Kunden, die aus einer Branche stammen und deshalb miteinander im Wettbewerb stehen, wird großgeschrieben und durch eine eigene Policy für Vertraulichkeit gewährleistet. Sollten zwei Kunden gleichzeitig das Lab benutzen wollen, ist auch das möglich dank zweier separater Räumlichkeiten.
Wert legt Weigl auch auf die Feststellung, dass die Kooperation keine Einbahnstraße ist: »Das Lab öffnet die Tür für die technische Diskussion. Auch unsere Systemarchitekten lernen aus der Zusammenarbeit mit den Kunden.« Für die Kunden lohne sich die Kooperation ebenfalls, denn in etwa 50% der zwar funktionstüchtigen Designs würden Schwächen teils bereits in frühen Musterstadien bis hin zur C-Musterphase erkannt: »Wir machen dann Vorschläge, um das Gesamtsystem zu verbessern und noch robuster zu machen.« Solche Vorschläge betreffen etwa Register-Settings für das Speicher-Interface im Prozessor, Bus-Terminierung, Signalintegritäts-Probleme und den Ausfall anderer Komponenten (kein Speicher) im System bei der Anwendung von realistischen Power-Loss-Profilen.
Für möglichst realitätsnahe Tests nutzt man u.a. eine Testumgebung von BMW, die das Fahrzeug emuliert und den Test unter realistischen Bedingungen erlaubt. Ein Klimaschrank erlaubt es, das System von –50 °C bis 150 °C zu testen. Berücksichtigt wird dabei auch das Verhalten der Batterie, deren Strom ja keineswegs konstant ist – man denke etwa an den Kaltstart des Autos. Waren vormals PCs und IT die Treiber für das Speicherbusiness und in den letzten Jahren vorrangig das Mobile-Segment, erwartet Weigl, dass künftig diese Rolle vom Auto übernommen wird. Denn hier spielen zum einen auch Aspekte wie niedriger Stromverbrauch und Performance der Chips eine Rolle.
Ein ganz entscheidender Punkt ist zum andern die viel höhere Anforderung an die Zuverlässigkeit des Memory-Bausteins – ein Stichwort lautet autonomes Fahren. Im Übrigen hätten vor allem die deutschen Premium-Autohersteller und Zulieferer die Chance, nach dem kompletten Abwandern der PC- und Handy-Fertigung weltweit wieder eine technologische Vorreiterrolle zu spielen und die Produktion langfristig in Deutschland zu halten. Diese Erwartung habe bei Micron letztlich für ein Lab in Deutschland gesorgt: »Ohne die große Bedeutung der deutschen Autohersteller und Zulieferer hätte es das Lab in München nicht gegeben«, versichert Weigl. München wurde es auch deshalb, weil die drei Premiumhersteller BMW,Mercedes und Audi sowie Bosch, Continental und Harmann alle im süddeutschen Raum beheimatet sind.
Angesichts von digitalem Dashboard, Headup-Displays und zusätzlichen Displays im Fond des Kfz (steigender Komfort also) sowie Fahrerassistenzsystemen (ADAS) und des autonomen Fahrens in wenigen Jahren (Sicherheitsaspekt) »wird die Bedeutung der Speicher im Automobil immer größer«, betont Weigl. Der Micron-Manager meint sogar, die Auswahl des richtigen Speichers erfordere inzwischen mehr Know-how als die des Mikrocontrollers, denn diese seien mittlerweile eine Commodity geworden: »Waren bisher Speicherhersteller Follower des Prozessorherstellers, dreht sich das jetzt um, zumal es bei der Leistung von Prozessoren kaum Verknappung gibt. Bottleneck ist heute der Speicher.« Der Wandel lasse sich auch an der BOM (Bill of Materials) für Halbleiterbausteine ablesen: Früher machten Prozessoren den Großteil aus, heute steigt der Speicheranteil laut BOM, »was mehr Einfluss für uns Speicherhersteller bedeutet«. Design-Zyklen werden immer kürzer, gleichzeitig wird das Memory-Subsystem immer komplexer. Zudem muss der Kunde unter einer Vielzahl unterschiedlicher Speichertypen den richtigen Baustein auswählen. Hierbei werden die Kunden von Microns Laboren unterstützt.