Differenzielle Signalübertragung im Auto: Konkurrenz für Busse?

19. August 2009, 11:05 Uhr | Heinz Arnold, Markt&Technik
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Kostenvorteile durch differenzielle Übertragung


Kostenvorteile durch differenzielle Übertragung

Wird es auch in Zukunft so sein, dass die Hochgeschwindigkeitsübertragung im Auto über Punkt-zu-Punkt-Verbindungen geschieht? Thomas Wirschem ist sich sicher, dass auch in Zukunft mit diesen Datenpumpen gearbeitet wird. Schon weil es Kostenvorteile bietet. Es sind keine Controller erforderlich wie bei den Bussystemen, und es sind keine Lichtwellenleiter nötig, die wiederum teure optische Transceiver erforderlich machen.

Dieser Überzeugung ist auch Robert Kraus von Inova, der als wesentlich ansieht, dass keine Kompression der Videodaten erforderlich ist. Das sagt er vor allem im Hinblick zu Ethernet: Weil dieser Busstandard den Einsatz kostengünstiger Kabel und Steckverbinder erlaubt, sieht die Anbindung über Ethernet auf den ersten Blick recht sinnvoll aus. Allerdings führt die dann erforderliche Datenkompression dazu, dass sich die Bildqualität verschlechtert. Deshalb liegt diese Variante auch nicht unbedingt im Interesse der Bildsensorhersteller, weil die Kompression die ursprüngliche hohe Bildqualität der Sensoren zunichte macht. Die 100 MBit/s Datenrate von Ethernet reicht trotz Motion-JPEG-Kompression mit Faktor 8 bis 10 gerade eben für die aktuelle Sensorgeneration mit rund 1 Megapixel, wobei die Hersteller bei den Sensoren einen ähnlichen Trend zu höheren Auflösungen sehen wie bei den Displays.

Ein weiteres Beispiel für die Vorteile der differenziellen Punktzu- Punkt-Verbindungen: Die KFZHersteller wollen mechanische Instrumente aus dem Armaturenbrett verbannen und sie stattdessen auf Displays darstellen. Alleine um auf einem großen frei programmierbaren Kombiinstrument (FPK) mit einer Auflösung von 1600 x 600 Bildpunkten die nachgebildeten Instrumentenzeiger erhaben und ruckelfrei darzustellen, wird bereits eine Datenrate von annähernd 3 GBit/s benötigt. Und auch das Argument der billigeren Verkabelung und Stecker lässt Kraus nicht gelten: Firmen wie Rosenberger und Leoni stellen bereits sehr kostengünstige Stecker und Kupferkabel für die Gigabit-Übertragung im Auto in Serie her, gemessen daran käme Ethernet nicht sehr viel billiger.

Mit APIX-II in neue Anwendungen

Deshalb sieht Kraus gerade in Zukunft viele Einsatzgebiete für APIX im Auto, sowohl in Punktzu- Punkt-Verbindungen als auch in Sterntopologien, etwa wenn mehrere Kameras beim Einparken helfen, oder in Fahrer-Assistenzsystemen. Aus diesem Grund arbeitet Inova bereits mit Hochdruck an der Entwicklung von APIX 2, mit dem dann 3 GBit/s über ein Adernpaar (zwei Drähte) 10 m weit und mehr übertragen werden können. Erste Testchips mit der neuen 3-GBit/sÜbertragungstechnik funktionieren bereits.

Was APIX von anderen Ansätzen unterscheidet, sind die schon angesprochenen Seitenbänder, über die (und das ist entscheidend: unabhängig vom Video- Streaming) Daten mit 187 MBit/s bidirektional, voll-duplex und praktisch latenzzeitfrei übertragen werden können. Über diese Seitenbänder will Inova in neue Bereiche vorstoßen. »Das Videostreaming, die Datenkommunikation und digitale Audiodaten, alles kann dann über eine einzige Verbindung übertragen werden«, erklärt Kraus.

Derzeit arbeitet Inova sogar an der Möglichkeit, über die Datenleitung – analog zu Power over Ethernet – gleichzeitig auch die Versorgung der Display-Einheit mit einer Leistung von 20 W zu übertragen. »Mit Power over APIX lassen sich die entsprechenden ECUs über einen Steckverbinder und ein Kabel kostengünstig und vollständig verbinden. « Und Inova hat laut Kraus mit APIX 2 noch andere Pläne in petto, über die er allerdings derzeit noch nicht im Detail sprechen möchte. Das sieht auf jeden Fall nicht mehr nur nach einer Ergänzung zu Bussystemen wie Ethernet oder MOST oder CAN aus.

Thomas Wirschem ist überzeugt, dass dort, wo digitale Video-Verbindungen zum Tragen kommen, zunehmend weitere Funktionen abgedeckt werden, wie die Übertragung von Audio, Kontrolldaten und Leistungsversorgung der Displays und Imager-Köpfe. Die ECUs untereinander werden auf absehbare Zeit über Bussysteme kommunizieren: »Um die Steuergeräte untereinander zu verschalten, sind CAN, LIN und MOST etablierte Verfahren, und hier fallen die Vorteile der Standardisierung ins Gewicht: Es steht viel Software zur Verfügung, es gibt viele IC-Anbieter. Dies mittelfristig mit proprietären Systemen abzudecken, wäre mit erheblichem Aufwand verbunden«, so Wirschem.

Es dürfte also spannend bleiben, zu verfolgen, wie sich das Verhältnis zwischen Bussystemen und der differenziellen Signalübertragung im Auto weiter entwickeln wird. Selbst innerhalb der Automobilhersteller scheinen die Vor- und Nachteile beider Methoden an unterschiedlichen Stellen unterschiedlich bewertet zu werden.


  1. Differenzielle Signalübertragung im Auto: Konkurrenz für Busse?
  2. FPD-Link, GVIF
  3. Kostenvorteile durch differenzielle Übertragung

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