Neben LVDS gibt es weitere differenzielle Übertragungstechniken: CML (Current Mode Logic) und ECL sind die bekanntesten. Weil im Automotive-Bereich die Übertragungen typisch AC-gekoppelt sind (über Serien-Kondensatoren), lassen sich übrigens die Amplituden und Spannungspegel zwischen diesen Verfahren über geeignete Widerstands-Biasing-Netzwerke flexibel anpassen. ECL bietet die höchsten Treiberströme und das geringste Phasenrauschen (Jitter) an den Ausgängen. Damit können sehr lange Übertragungsstrecken abgedeckt werden. ECL findet aber vor allem in der professionellen Fernseh- und Studiotechnik Einsatz, wo auch mal eine Entfernung von 100 m überwunden werden muss.
Was die Entfernung angeht, so gilt für den Einsatz in Autos: 10 m müssen bei voller Übertragungsleistung überbückt werden. Bei größeren und Nutzfahrzeugen kann die Entfernung für die Rückfahrkamera schon mal darüber liegen. Das aber wäre laut Thomas Wirschem in diesem Fall kein großes Problem, weil in dieser Anwendung die Auflösung im Vergleich zu vorwärts schauenden Multi-Purpose-Kameras nicht so hoch sein muss, es kann dann mit niedrigeren Datenübertragungsraten gearbeitet werden. Wenn doch größere Entfernungen zu überwinden wären, etwa in Bussen, Zügen oder Flugzeugen, dann könnten Repeater verwendet werden, wie sie von der HDMI-Übertragung in der Welt der Unterhaltungselektronik bekannt sind.
FPD-Link, GVIF
Zurück zur differentiellen Signalübertragung: Weil sich die differenziellen Signalübertragungen im Physical Coding (im ISO-Sieben-Schichten-Modell ist beides Bestandteil der ersten Ebene, der Physical Layer) unterscheiden, haben einige Hersteller ihren Punkt-zu-Punkt-Übertragungsmethoden eigene Namen verpasst. National Semiconductor nennt ihre neuste Produktfamilie FPD-Link-II. Abhängig von der spezifischen Ausführung des Chipsatzes kommt dort sowohl LVDS als auch CML-Signalisierung auf dem I/O-Level zum Tragen.
Im Bereich der programmierbaren Logik hat National Semiconductor in Altera einen Verbündeten gefunden. Auf der ESC in San Francisco in diesem Jahr stellten beide Firmen als ein Ergebnis der Zusammenarbeit ein Referenzdesign vor, das einen digitalen Video-Datenstrom über ein 10-m-Kabel (CAT6) zum DS90C124 FPD-Link II Deserializer von National überträgt. Der Ausgang des Deserializers ist direkt mit einem Cyclone-III-FPGA verbunden, das die ankommenden Signale verarbeitet und das resultierende Video an ein Display sendet. In Japan hat Sony ein eigenes System entwickelt, das GVIF (Gigabit Video Interface) heißt. Das CML-basierte Verfahren hat Sony erstmals 1998 vorgestellt, damals noch für den Consumer-Markt. Heute zielt Sony mit GVIF ausschließlich auf den Einsatz in Autos ab. Es erlaubt die Übertragung mit bis zu 1,2 GBit/s über eine Distanz bis zu 20 m.
Maxim
Maxim hat den Chipsatz MAX9257/58 entwickelt, der auf die Anbindung von Kameras im Auto abzielt. Auf einer einzelnen Twisted-Pair-Leitung kann der Chipsatz Videodaten bei einer Taktrate von 5 bis 70 MHz als LVDS-Signal mit bis zu 840 MBit/s übertragen. Maxim hat einen bidirektionalen Kontrollkanal implementiert, der über UART oder I2C kommuniziert und dasselbe Adernpaar benutzt wie die Videoübertragung. Deshalb können externe CAN- und LIN-Interfaces entfallen. Die ICs, die über den Temperaturbereich von –40 bis 105 °C spezifiziert sind, sitzen im TQFP mit 40 Anschlüssen sowie im LQFP mit 48 Anschlüssen.
APIX
Über die vergangenen Jahre recht erfolgreich ist die deutsche Firma Inova Semiconductors, die das CML-basierte APIX-Verfahren entwickelt hat. APIX bietet einen vom Videosignal unabhängigen bidirektionalen Datenkanal, der es erlaubt, Kontrollsignale gleichzeitig in beide Richtungen (vollduplex) und in Echtzeit zu übertragen. Dieses Verfahren benutzt also nicht nur die Austastlücke des Videosignals (Vsync Phase – bei VESA ca 3,5% von der vertikalen Auflösung des Videosignals) zur Übertragung, die dann auch nur in einer Richtung erfolgen kann. Für die andere Richtung muss dann umgeschaltet werden. »Bei solchen Verfahren handelt es sich also – anders als bei APIX – nicht um eine echte bidirektionale Übertragung«, sagt Robert Kraus, Gründer und Geschäftsführer von Inova Semiconductors. Inova verkauft nicht nur eigene Chips, sondern vermarktet APIX auch als IP. Unter den Halbleiterherstellern haben Fujitsu und Toshiba APIX bereits lizenziert, FPGA-Hersteller Xilinx setzt ebenfalls auf APIX als integriertes serielles Interface. Einen großen Erfolg konnte Inova verbuchen, als BMW offiziell verkündet hat, in den eigenen Autos künftig APIX-I einzusetzen.