Automotive

Der Automotive-Markt wird blühen!

10. Januar 2011, 10:41 Uhr | Iris Stroh
Entwicklung des weltweiten Halbleitermarktes zwischen 2007 und 2015, auf die einzelnen Produkte bezogen (Mio. Units)
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Matthew Scherer, Research Analyst bei Databeans, ist der Meinung, dass 2010 ein eher glanzloses Jahr für die Automobilindustrie gewesen sei. Dafür soll 2011 umso leuchtender ausfallen! Er geht davon aus, dass in diesem Jahr die Fahrzeugproduktionen in allen wichtigen Regionen steigen werden.

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Markt&Technik: Was erwarten Sie in diesem Jahr konkret von der Automobilindustrie?

Matthew Scherer: Die Kfz-Produktion wird in allen wichtigen Regionen steigen. Der größte Zugewinn wird natürlich in Asien stattfinden, hauptsächlich in China. Daneben steigt aber auch die Produktion von Hybrid-Fahrzeugen in den Vereinigten Staaten. Hier erwarten wir für dieses Jahr ein Plus von 28 Prozent.

2010 war das Wachstum vorwiegend bei den großen Autos zu verzeichnen. Ist damit auch für dieses Jahr zu rechnen?

Schauen Sie sich die USA an. Hier basierte der Umsatzanstieg 2010 auf der Nachfrage nach Flottenfahrzeugen. Egal ob es Regierungen, Autoverleihfirmen oder Taxiunternehmen waren: Alle haben ihre Flotten erneuert. In diesem Jahr wiederum wird das Wachstum viel stärker vom Endkonsumenten abhängen. Das heißt, dass die Nachfrage nach kleinen, benzinsparenden Fahrzeugen zunehmen wird und hier auch die größten Wachstumsraten zu erwarten sind. Einige OEMs wollen dementsprechend auch neue Modelle in den Markt bringen, um an diesem Trend partizipieren zu können. Diese steigende Nachfrage wird unter anderem auch dadurch vorangetrieben, dass die Benzinpreise steigen und sich demographische Verschiebungen ergeben.

Entwicklung des weltweiten Halbleitermarktes zwischen 2007 und 2015, nach Anwendungsbereiche
Entwicklung des weltweiten Halbleitermarktes zwischen 2007 und 2015, auf die einzelnen Anwendungsbereiche bezogen (Mio. Dollar)
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Was heißt das dann für die Automobilelektronik?

Die Autoelektronik als Ganzes wird in diesem Jahr ein sehr gesundes Wachstum erfahren. Hier sind diverse treibende Faktoren zu nennen, zu denen unter anderem auch der weltweit zunehmende Wettbewerb unter den OEMs zählt. Ebenfalls dazu gehören die steigende Nachfrage nach neuen Unterhaltungsgeräten im Fahrzeug und die Forderung der Endkunden nach höherer Kraftstoffeffizienz. Aber auch neue Gesetze lassen die Automobilelektronik wachsen, denken Sie nur an Sicherheitssysteme und so weiter.

Und was heißt das ganz konkret für die Halbleiter?

Wir erwarten, dass der weltweite Halbleiterumsatz mit der Automobilindustrie in diesem Jahr um fast 13 Prozent auf 25 Mrd. Dollar ansteigen wird. Die Stückzahlen, die in diesem Jahr weltweit ausgeliefert werden, steigen um fast 16 Prozent auf 81,5 Mrd. Einheiten.

Welche Anwendungen treiben hier am stärksten an?

Sicherheitssysteme werden in diesem Jahr im Vergleich zu allen anderen Applikationen sicherlich am stärksten wachsen, angeführt von elektronischen Feststellbremsen und Airbag-Steuerungsmodule. Diese Systeme nehmen in diesem Jahr um 13 Prozent auf 4 Mrd. Dollar zu. Der Umsatz mit Fahrerassistenzsystemen wiederum wächst um 12 Prozent auf 5,3 Mrd. Dollar. Hier sind Stabilitäts-/Federungssysteme/Parkassistenten die treibenden Kräfte, was sie für die Halbleiterhersteller zum wichtigsten Automotive-Markt machen. Die meisten dieser Technologien sind aber erst im Entstehen. Bis sie den Massenmarkt durchdringen, vergehen mindestens noch ein paar Jahre.

Derzeit wird das meiste Wachstum in diesen Segmenten noch vom Endkonsumenten getragen. Ich würde sogar sagen, dass sich das Kundeninteresse an zusätzlichen Sicherheitsoptionen wie Kameras, Radar und Telematiksysteme derzeit auf höchstem Niveau befindet.

Kurz- oder mittelfristig könnte auch noch gesetzgeberische Dinge die Nachfrage nach oben treiben. Denn in vielen Staaten und Ländern hat man sich aber darauf geeinigt, Maßnahmen ergreifen zu wollen, mit denen die Anzahl der tödlichen Unfälle im Verkehr reduziert werden können. Und eine Möglichkeit dieses Ziel zu erreichen, besteht in Investitionen in Sicherheitssysteme sowie Fahrerassistenzsysteme.

Entwicklung des weltweiten Umsatzes mit Halbleitern, die in Automotive-Anwendungen wandern
Entwicklung des weltweiten Umsatzes mit Halbleitern, die in Automotive-Anwendungen wandern (Umsatz in Mio. Dollar, Stückzahlen in Mio. und ASP in Dollar)
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Auf die Halbleitertypen bezogen: Welches Bild ergibt sich hier?

Das größte Wachstum findet bei den Sensoren statt, dazu gehören die Bildsensoren für die Kameras, aber auch Temperatur- und Hitzesensoren, um interne Bedingungen zu messen, und Beschleunigungssensoren, um Bewegungen zu messen. Databeans geht davon aus, dass dieser Markt weltweit in diesem Jahr um 18 Prozent auf über 2,6 Mrd. Dollar ansteigen wird. Und nachdem die Elektronik in den Fahrzeugen ganz allgemein zunimmt, wird auch der gesamte Analog-Content in diesem Jahr wachsen, und zwar um 15 Prozent auf fast 7 Mrd. Dollar weltweit. Dazu zählen Komponenten für das Power Management, User-Interface-ICs, aber auch Lösungen, über die die verschiedenen Subsysteme kommunizieren.

Es herrschte letztes Jahr schon Knappheit bei einer Vielzahl der Komponenten, ist für dieses Jahr mit einer ähnlichen Entwicklung zu rechnen?

LEDs könnten noch Anfang dieses Jahres knapp sein. Das liegt an der einfachen Tatsache, dass diese Produkte auch in hochvolumigen Märkten wie Smart-Phones, Flachbildschirm-Fernseher, Notebooks, mobile Consumer-Geräte und ganz allgemein in Beleuchtungsanwendungen zum Einsatz kommen und hier eine entsprechend hohe Nachfrage zu verzeichnen ist. Deshalb kann es durchaus sein, dass LEDs für Automotive-Anwendungen, einschließlich Frontscheinwerfer oder Infotainment-Displays, etwas schwierig zu bekommen sein werden.

Wenn Sie sich den Automotive-Markt langfristig betrachten, glauben Sie, dass er auch in Zukunft so zyklisch bleiben wird?

Man muss es anders sehen: Nach zwei Dekaden der Stabilität hat die Rezession von 2008 und 2009 geholfen, die Welt daran zu erinnern, dass die Automobilindustrie immer sehr zyklisch war. Sie geht durch Boom-, aber auch Abschwungsphasen. Und daran wird sich nichts ändern, denn solange die weltweite Wirtschaft anfällig für Rezessionen bleibt, wird auch der Automotive-Markt anfällig für die Kräfte sein, die seinen Abschwung in 2008 verursacht haben. Dazu gehören auch Dinge wie der Kollaps im Häusermarkt, hohe Arbeitslosigkeit, fehlende Kredite oder einfach nur ein schlechtes Konsumklima.

Früher waren viele Halbleiterhersteller aber doch genau deshalb am Automotive-Markt interessiert, weil er sich im Vergleich zu anderen Märkten als stabiler, transparenter und vorhersagbarer erwies. Dafür wurden auch die Nachteile in Kauf genommen, einschließlich hohem Preisdruck, überhöhten Qualitätsanforderungen, enormem Qualifizierungsaufwand, lange Verfügbarkeit etc. Wenn die Stabilität wegfällt, ist dann damit zu rechnen, dass sich Halbleiterhersteller aus dem Automotive-Markt verabschieden werden?

Es ist absolut möglich, dass angesichts der letzten Rezession einige Halbleiterhersteller ihre weniger profitablen Automotive-Divisions verkaufen oder eine Konsolidierung mit größeren Firmen suchen. Gleichzeitig werden aber auch neue Mitspieler im Markt erscheinen. Denn die Automobilindustrie winkt in Teilbereichen mit hohen Margen. Dazu gehören neue Technologien wie Hybrid/Elektroautos, aber auch Fahrerassistenz- und Infotainment-Systeme der nächsten Generation.


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