Mensch-Roboter-Kollaboration

Ohne Validierung keine sichere MRK

9. November 2017, 13:02 Uhr | Jochen Vetter
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Wann ist eine Kollision gefahrlos?

Kollisionen lassen sich auf verschiedene Arten abmildern: durch konstruktive Maßnahmen wie Abrunden der Kanten und Ecken, Polsterungen oder möglichst große Kontaktflächen, um die Kraft auf der Fläche zu verteilen. Oder aber durch technische Schutzmaßnahmen wie etwa weniger dynamische Roboterbewegungen sowie Anpassungen der Roboterbahn, um Kollisionen mit besonders sensiblen Köperregionen zu vermeiden. Auch Schulungen der Mitarbeiter können helfen, das Verletzungsrisiko zu verringern.

Letztlich muss aber zwingend durch Messungen ermittelt werden, ob die möglichen Kollisionen sicherheitstechnisch unbedenklich sind. Im Anhang A der Technischen Spezifikation (TS) wird ein Körpermodell mit 29 spezifischen, in zwölf Körperregionen eingeteilten Körperbereichen aufgeführt. Das Körperzonenmodell macht zu jedem Körperteil (z.B. am Kopf, an der Hand, am Arm oder am Bein) eine Angabe zu den jeweiligen Belastungsgrenzwerten mit Blick auf Kraft und Druck. Die Körperregion mit den niedrigsten zulässigen Kollisionswerten ist das Gesicht. Hier darf maximal eine Kraft von 65 N und ein Druck von 110 N/qcm einwirken. Wenn die Anwendung während einer Begegnung zwischen Mensch und Roboter innerhalb dieser Grenzen bleibt, ist sie normenkonform.

Pilz
Für die MRK schreibt die Technische Spezifikation ISO/TS 15066 eine Messung von Kraft und Druck der Roboterbewegung vor. Zu jedem Körperteil nennt die TS die jeweiligen Grenzwerte bei einer Kollision zwischen Mensch und Maschine. Wenn die Anwendung während einer Begegnung von Mensch und Roboter innerhalb dieser Grenzen bleibt, ist sie normenkonform.
© Pilz

Für derartige Messungen gilt wie für alle anderen Messmethoden, dass sie verständlich und nachvollziehbar sowie reproduzierbar sein müssen. Pilz hat daher für diese spezielle Kraft- und Druckmessung ein Kollisionsmess-Set entwickelt. Das mit Federn und entsprechenden Sensoren ausgestattete Messgerät ermittelt die auf den menschlichen Körper einwirkenden Kräfte exakt und vergleicht sie mit den Grenzwerten. Installiert wird das Messgerät an den bei der Risikobeurteilung ermittelten Positionen, zwischen dem Roboterarm und einem steifen, unnachgiebigen Untergrund. Damit wird ein quasi-statischer Kontakt simuliert, etwa das Einquetschen des Werkers zwischen Roboter und Anlage. Mittels einer Software wird die Messung gestartet und werden die Daten anschließend verarbeitet und dokumentiert. Wenn die Grenzwerte überschritten werden, sind Maßnahmen wie etwa geringere Roboter-Geschwindigkeit und Vermeidung von Quetsch-Stellen zu treffen oder zusätzliche Sicherheitseinrichtungen wie Lichtgitter oder eine trennende Schutzeinrichtung zu installieren.

Das Kollisionsmessgerät ist Bestandteil eines Komplett-Sets von Pilz für die Validierung gemäß ISO/TS 15066. Das Set umfasst neben dem Messgerät mit Folien und Scanner auch verschiedene Federn, mit denen sich die verschiedenen Körperbereiche simulieren lassen. Pilz bietet das Set auf Mietbasis an, wobei auch Schulung, Wartung, Kalibrierung und regelmäßige Updates enthalten sind.

Robotersysteme sind als unvollständige Maschinen zu betrachten – so besagt es die Maschinenrichtlinie. In der Praxis erfordert jede Applikation eine eigene sicherheitstechnische Betrachtung. Letztlich ist die sichere MRK-Applikation das Ergebnis des Zusammenspiels normativer Rahmenbedingungen, einer darauf aufbauenden komplexen Risikobeurteilung, der Auswahl eines Roboters mit den entsprechenden Sicherheitsfunktionen, der Auswahl der passenden, zusätzlichen Sicherheitskomponenten und schließlich der Validierung.

Jochen Vetter ist Manager Consulting Services bei der Pilz GmbH & Co. KG in Ostfildern.


  1. Ohne Validierung keine sichere MRK
  2. Schritt für Schritt zur sicheren MRK-Applikation
  3. Wann ist eine Kollision gefahrlos?

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