Safety Alliance

Möglichkeiten und Grenzen von Safety Chips

20. Februar 2017, 11:14 Uhr | Von Franz Kaufleitner und Peter Fuchs, Safety Alliance
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Ernüchterndes Ergebnis

Die Ergebnisse der systematischen Analyse des Expertenteams können unter drei wesentlichen Aspekten zusammengefasst werden. Einerseits wurden normative Lücken beim Thema »On-Chip-Maßnahmen« festgestellt. Die im Team mitarbeitenden Experten der Prüfinstitute werden diese Punkte in die Normungsgremien einbringen. Außerdem bleiben aus Sicht des Expertenteams derzeit noch einige offene Fragen und Anforderungen an die Halbleiterhersteller. Diese betreffen zum Beispiel fehlende technische Angaben zur sicherheitstechnischen Bewertung der Plattformen und zertifizierte Produkte mit ausreichenden Qualifikationen für den Einsatz im sicherheitstechnischen Umfeld der industriellen Automatisierung.Der letzte, aber wahrscheinlich wichtigste Aspekt ist die Antwort auf die eingangs gestellte Kernfrage: Was ist hinsichtlich der funktionalen Sicherheit mit einem einzigen Chip erreichbar? Die eher ernüchternde Antwort lautet: Weit weniger als erwartet.

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KR3 Agilus für die Elektronikfertigung, Kuka.
Safety Chips mit HFT=1, wie sie zur Gewährleistung der Anforderungen an die funktionale Sicherheit in der Automatisierungsindustrie benötigt werden, sind aktuell am Markt schwer zu finden.
© Kuka Roboter

Nur spezielle Einzelentwicklungen, die für den Safety-Einsatz gemäß IEC 61508 spezifiziert sind und die On-Chip-Redundanz gemäß IEC 61508 Annex E erfüllen, sind als Single-Chip-Lösungen für fehlertolerantes Verhalten geeignet. Nach aktuellem Kenntnisstand des Expertenteams gibt es derzeit am Markt nur ein einziges Produkt, das eine Hardware-Fehler-Toleranz HFT=1 aufweist. Allerdings wird in diesem Chip ein 8051-Rechenkern mit entsprechend begrenzter Rechenleistung eingesetzt. Alle anderen Mikrocontroller und FPGAs, die es derzeit am Markt gibt, erreichen als Single-Chip-Lösungen lediglich eine HFT von 0, obwohl diese Chips teilweise über mehrere Prozessorkerne verfügen. Diese Produkte verfügen unter Umständen auch über Zertifizierungen von Prüfstellen. Wichtig ist, dass die Einsatzbedingungen gemäß den Sicherheits-Handbüchern im Hinblick auf sicherheitstechnische Kennwerte (z.B. Reaktionszeiten) applikationsspezifisch zu berücksichtigen sind.

Kooperation und Dialog sind gefragt
Der begonnene Weg der Safety-Erweiterungen für Single-Chip-Plattformen führt in die richtige Richtung. Allerdings können mit den heute vorliegenden Produkten im industriellen Umfeld nur Teilbereiche mit niedrigem Sicherheits-Level abgedeckt werden. Die Safety Alliance möchte im Dialog mit Halbleiterherstellern darauf hinarbeiten, dass Single-Chip-Plattformen mit aktueller Prozessortechnologie zukünftig auch für HFT>0-Anwendungen genutzt werden können.

 

 Kurzüberblick zur Safety Alliance und zur Arbeitsgruppe
Die Safety Alliance (www.safety-alliance.com) ist eine Vereinigung von Automatisierungsherstellern, Technologie- und Lösungsanbietern, Spezialisten und Dienstleistern für die Funktionale-Sicherheits-Technik. Sie betreibt die Vermarktung und Weiterentwicklung einer offenen Technologieplattform für die funktionale Sicherheit mit dem Ziel, die Entwicklung, die Integration und die Anwendung von Safety-Technologie zu vereinfachen.
Im Zuge dieser Arbeit erfolgte die im Artikel beschriebene großflächige Untersuchung von Safety-Chips. Der dafür gebildeten Arbeitsgruppe gehörten an: Heinrich März, Entwicklungsleiter Elektronik (Baumüller Nürnberg), Franz Kaufleitner, Product Manager Integrated Safety Technology (Bernecker + Rainer Industrie-Elektronik), Dr. Peter Wratil, Geschäftsführer (innotec), Torsten Borowski, Sachgebiets- und Laborleiter BWS/taktile Schutzeinrichtungen (IFA), Andreas Orzelski, Executive Vice President (Phoenix Contact Software), Peter Fuchs, Sprecher der Safety Alliance, Mirko Jakovljevic, Solution Architect – Integrated Critical Systems (TTTech Computertechnik), Gernot Klaes, Produktmanager Programmierbare Systeme/Bus-Systeme (TÜV Rheinland Industrie Service) und Matthias Ramold, Manager Safety Components, Technical Certifier (TÜV Süd Rail).

 


  1. Möglichkeiten und Grenzen von Safety Chips
  2. Normative Kriterien
  3. Ernüchterndes Ergebnis

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