Von der Projektierung bis zur Wartung

Analysegeräte für die Überwachung von TSN-Netzwerken

20. April 2024, 11:00 Uhr | Von Andreas Alpers, Andreas Foglar und Dr. Morteza Hashemi
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In der Industrie steigt der Datendurchsatz, und Echtzeitdaten werden immer wichtiger, die den reibungslosen Ablauf in der Anlage gewährleisten. Time-Sensitive Networking (TSN) priorisiert die Echtzeitdaten. Um zu überprüfen, ob auch die Hardware dies kann, kommen spezielle Analysegeräte zum Einsatz.

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Der Blick in die heutigen Produktionshallen von Automobilherstellern zeigt auf den ersten Blick Gewusel: Jeder Roboter, jedes Förderband, jede Einheit zur Qualitätskontrolle weiß genau, was wann zu tun ist. Dass dies überhaupt möglich ist, liegt an der immer stärker wachsenden Zahl von Feldgeräten, Sensoren und Technologien, die den Produktionsprozess überwachen und zuverlässig durchführen. Was erst einmal einleuchtend klingt, stellt allerdings große Anforderungen an die Steuerung und Planung der Fertigung. Denn mit jedem neuen Feldgerät wächst auch die Menge an Daten, die zur Steuerung übermittelt werden müssen.

Je nach Information gibt es unterschiedliche Datentypen: Zum einen sind das jene, die in Echtzeit an die Steuerung gehen, etwa weil sie kritisch für die Produktion sind. Und zum anderen jene, die verzögert übertragen werden können, weil sie beispielsweise zur Energieoptimierung oder für Predictive Maintenance gebraucht werden. Aus diesem Grund ist in modernen Produktionsanlagen eine Priorisierung notwendig, die sicherstellt, dass die Echtzeitdaten zuerst und zuverlässig übertragen werden. Die Technologie Time-Sensitive Networking (TSN) macht dies möglich.

Zusammenführung von IT und OT

Das Hauptziel von TSN ist, die Echtzeit von industriellem Ethernet zu verbessern. Dabei ist TSN kein Kommunikationsprotokoll, sondern ein Set aus unterschiedlichen Standards. TSN ermöglicht die Zeitsynchronisierung von Feldgeräten und darauf aufbauend eine Priorisierung der vorliegenden Datenströme. Damit befeuert die Technologie einen der größten Trends in der Industrie: die Zusammenführung der IT- und der OT-Ebene (Information/Operational Technology). Der Vorteil dieser Verbindung ist die vereinfachte Handhabbarkeit.

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Der TSN-Analyzer von eks Engel unterstützt Hersteller TSN-fähiger Komponenten bereits in der Entwicklungsphase.
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Mittels TSN lassen sich sowohl Echtzeitdaten als auch datenintensive Anwendungen über Ethernet übermitteln, ohne dass sie sich dabei in die Quere kommen. TSN nutzt zur Kommunikation Stream- und Verkehrsklassen, durch die das System stets die jeweiligen Anforderungen kennt. Ein Mikrocontroller in der Steuerung entscheidet, welche Übertragung entsprechend priorisiert stattfindet.

Mit der immer stärkeren Vernetzung der Industrie 4.0 wird der Datenaustausch innerhalb der bisher oft eigenständig agierenden Automatisierungsinseln künftig deutlich wichtiger. Nach einem ersten Hype um die Technologie in den Jahren 2017 und 2018 ist es vorerst etwas stiller um die Echtzeitnetze geworden. Viele Unternehmen haben das aber zum Ansporn genommen, sich weiter mit TSN zu beschäftigen, und verschiedene Anwendungsfelder identifiziert. Dazu gehört etwa die Bewegungssteuerung von Robotikanwendungen, in denen die benötigten Netzwerkgeräte präzise synchronisiert sein müssen.

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Moderne Produktionsanlagen sind ohne die Vernetzung von Maschinen undenkbar.
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Auch in der Fertigung von Lithiumbatterien, wie sie in Elektroautos verbaut werden, spielt Echtzeit eine immer größere Rolle: Über TSN werden die Bewegungen in der Fertigung der benötigten Folien, ihrer Beschichtung und Weiterverarbeitung entlang verschiedener Achsen ermöglicht. Hinzu kommen Bildverarbeitungs-, Steuerungs- oder Sicherheitsdaten, die über das gleiche Netzwerk übermittelt werden. Auch in den Fabriken der Automobilindustrie wird Echtzeit immer wichtiger – nicht nur in der Produktion, sondern auch dann, wenn Reparaturen oder Korrekturen in Höchstgeschwindigkeit durchgeführt werden müssen, um den Produktionsprozess nicht zu behindern.

Ein weiterer Aspekt macht TSN noch für deutlich mehr industrielle Anwendungen interessant: TSN ermöglicht Anwendern die gleichzeitige Übertragung gängiger Kommunikationsprotokolle in der Industrie. Als »Platzhirsche« sind dabei die SOA (Service-Oriented Architecture) OPC UA (Open Platform Communications Unified Architecture) und der Industrial-Ethernet-Standard Profinet TSN-spezifiziert. Die Standardisierungsarbeit übernehmen IEC und IEEE in der Arbeitsgruppe IEC/IEEE 60802-IA.

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Der TSN-Analyzer schickt einen Strom von Datenpaketen an das getestete Gerät und analysiert die korrekte Priorisierung der Pakete. Über die passende Software behalten Anwender den Überblick.
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TSN beginnt bereits in der Entwicklung

Zwar ermöglicht die Nutzung von TSN eine Effizienzsteigerung von Anlagen, allerdings braucht es dazu auch die passende Hardware. Inzwischen gehen immer mehr Hersteller dazu über, TSN-fähige Komponenten wie etwa Switches zu fertigen. Im Entwicklungsprozess muss ein großer Fokus auf die reibungslose und zuverlässige Funktionsweise gelegt werden. Schließlich wollen sich die Anwender in der Fabrik später voll und ganz auf die Priorisierung verlassen können. Und auch im Betrieb ist es mitnichten so, dass TSN-Systeme einmal geplant und realisiert werden und dann unendlich lange laufen. Stattdessen ändert sich die Zusammensetzung des Netzwerks immer wieder, etwa dann, wenn neue Geräte in die Anlage eingebracht werden. Mit jedem neuen Gerät ändert sich damit auch das Echtzeitverhalten des Netzwerks.

Die Grundlage für die sinnvolle Nutzung von TSN ist deshalb die Analyse des Datenverkehrs in Hinblick auf die richtige Funktionsweise. Dazu braucht es spezielle Diagnosegeräte wie etwa den TSN-Analyzer, der von eks Engel in Zusammenarbeit mit InnoRoute und RealtimeIT entwickelt wurde. Der Analyzer hat die Aufgabe, Echtzeit-Netzwerke zu überwachen. Das beginnt bereits bei der Projektierung und reicht über Inbetriebnahme und Wartung bis hin zur kontinuierlichen Überwachung von TSN-Netzwerken.

Alpers Andreas
Andreas Alpers ist Technical Support Key Account bei eks Engel FOS.
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Funktionsweise eines TSN-Analyzers

Die Funktionsweise eines TSN-Analyzers ist schnell erklärt: Über eine Ethernet-Schnittstelle sendet die Hardware einen Strom von Paketen an die getestete Komponente – etwa einen TSN-Switch. Über eine zweite Ethernet-Schnittstelle analysiert der TSN-Analyzer dann, ob die Priorisierung richtig abgelaufen ist. Schließlich wird das Gerät per USB-Schnittstelle an den Computer angeschlossen. Eine passende Software zeigt dann über eine grafische Oberfläche das Ergebnis und ermöglicht so Anpassungen. Damit wird der TSN-Analyzer zu einem Kernelement bei Entwicklung und Test TSN-fähiger Geräte.

Im Gegensatz zu anderen Lösungen ist der TSN-Analyzer von eks Engel preisgünstig und kompakt. Er lässt sich damit auf den Schreibtisch jedes Entwicklers stellen.

Qualitätskontrolle des Netzwerks möglich

Foglar Andreas
Andreas Foglar ist CEO bei InnoRoute.
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Neben dem Test von Bauteilen ist mit dem TSN-Analyzer auch die dauerhafte Einbindung ins TSN-Netzwerk möglich. Anwender nutzen den Analyzer dann als Test Access Point (TAP) im Netzwerk. TAPs werden verwendet, um den Datenverkehr zu analysieren und so das Netzwerk zu überwachen. Durch die Echtzeitfähigkeit von TSN kommt dem Analyzer als TAP-Gerät eine wichtige Aufgabe zu: Mit ihm wird sichergestellt, ob die Priorisierung richtig abläuft. Damit ist der TSN-Analyzer sowohl in der Hardwareentwicklung als auch im Betrieb einsetzbar.

Dr. Hashemi Morteza
Dr. Morteza Hashemi ist Geschäftsführer von RealtimeIT MHF.
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Das Gerät unterstützt unter anderem die Echtzeitstandards aus den Bridges- und Bridged-Network-Normen IEEE 802.1Q sowie das auf der Zeitsynchronisationsspezifikation IEEE 1588 aufbauende Profil aus dem Standard IEEE 802.1AS. Um den unterschiedlichen Ansprüchen verschiedener industrieller Anwender gerecht zu werden, haben die Entwickler den TSN-Analyzer modular aufgebaut. Je nach Anwendung lässt sich das Gerät durch Module wie TSN-Endpoint, Traffic Generator und verschiedene Protokollkonverter erweitern.

Entwicklung der Hardware beim Münchner Unternehmen InnoRoute

Für die Entwicklung des Kombisystems hat sich eks Engel Unterstützung geholt. Die Entwicklung der Hardware lag beim Münchner Entwicklungsunternehmen InnoRoute. Schon seit vielen Jahren im Bereich TSN aktiv, identifizierte die Firma früh den großen Bedarf an Diagnosegeräten für TSN: Nach der Konzept- und Hardwareentwicklung hat InnoRoute in eks Engel den passenden Partner für die Verbreitung in der Industrie gefunden. Ergänzt wird die Kooperation durch das Münchner Start-up RealtimeIT, das die Softwareentwicklung inklusive der grafischen Oberfläche des TSN-Analyzers umgesetzt hat.

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In der Bedienoberfläche lassen sich die verschieden priorisierten Datenpakete mit ihren Laufzeiten visualisieren.
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Mit dieser Zusammenarbeit war es möglich, eine robuste Kombination aus Hard- und Software gemäß den Ansprüchen der Industrie zu entwickeln. Durch die Analyse der TSN-Ströme beginnen die Hersteller schon bei der Entwicklung von Komponenten damit, die Resilienz von Echtzeitnetzen zu erhöhen. Und auch in der Fabrik vor Ort ist der TSN-Analyzer künftig ein wichtiger Bestandteil, um die TSN-Ströme zu überwachen und Fehler zu vermeiden.


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