Interview mit Franz Gruber von Forcam

Industrie 4.0: Nicht zögern, sondern handeln!

7. Januar 2015, 18:58 Uhr | Andreas Knoll
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Fortsetzung des Artikels von Teil 3

Politische Unterstützung

Wie stark wird das Thema Industrie 4.0 oder Industrial Internet in den USA, wie stark in Europa bzw. Deutschland von der Politik unterstützt?

Der Wille ist bei Politikern auf allen Kontinenten spürbar. Die EU hat jetzt auch einen Kommissar für Digitalisierung, nämlich Günther Oettinger. Aber ich befürchte, die Geschwindigkeit und der Nachdruck sind unterschiedlich, mit denen Dinge bewegt werden. Präsident Obama hat allein für 2014 einmalig eine Milliarde US-Dollar bereitgestellt, um seine Industrial-Internet-Initiative NNMI zu befördern. Die Zahlen, die ich aus Europa kenne, beziehen sich auf die nächsten Jahre: Die EU will im Förderprogramm Horizon 2020 das Thema »Führende Rolle der Industrie« mit insgesamt 658 Millionen Euro dotieren. Für Deutschland kündigte Bundeswirtschaftsminister Gabriel auf dem jüngsten IT-Gipfel in Hamburg Fördermittel von 430 Millionen Euro bis 2017 an. Eine weitere Dimension zeigte Professor Michael ten Hompel vom Dortmunder Fraunhofer-Institut jüngst bei einem Vortrag auf. Sinngemäß sagte er: »Wir geben dieses Jahr 80 Millionen Euro für die Förderung und Entwicklung von Industrie-4.0-Software aus – das gibt Google an einem Tag für Innovationen aus.«


Worin unterscheidet sich die Diskussion über das Thema Industrie 4.0 oder Industrial Internet in den USA von der in Deutschland bzw. Europa?

Die Diskussionen unterscheiden sich in den Zielen und Ansätzen kaum: Jede Nation, jede Region will ihre Industriebranchen im Rennen um Renditen, Standorte und Arbeitsplätze weit vorne positionieren. Auch die Maßnahmen werden meist richtig benannt: mehr Forschungsnetzwerke, mehr Mut im Mittelstand, flexiblere Arbeitszeitmodelle, mehr Ausbildung in MINT-Fächern, neue Universitätsstudiengänge. Allein: Europa läuft die Zeit davon. Der Chef der Deutschen Telekom, Timotheus Höttges, wurde jüngst in der Presse zitiert mit den Worten: »Deutschland hat die erste Halbzeit der Digitalisierung verloren.« Ich teile diese Einschätzung, denn bei der Digitalisierung unseres Alltags – Stichwort Apple, Facebook, Google & Co. – liegen wir uneinholbar hinten. Damit wir die zweite Halbzeit – die Digitalisierung der industriellen Produktion und Produkte – nicht auch noch verlieren, sind große Anstrengungen nötig. Die Deutsche Telekom hat als Konsequenz mit Siemens eine Forschungspartnerschaft gestartet, um deutsche Standorte zu vernetzen. Das ist der richtige Weg: Unternehmen sollten Eigeninitiative zeigen und investieren. Politiker und Verbände müssen diese Aktivitäten der Unternehmen nach Kräften unterstützen – mit Fördergeldern, mit Forschung, mit einheitlichen rechtlichen und sicherheitsrelevanten Standards und Normen. Für beide Seiten gilt nur eines: Macht es sofort. Die zweite Halbzeit läuft schon.


  1. Industrie 4.0: Nicht zögern, sondern handeln!
  2. »Manufacturing Renaissance« in den USA
  3. Die Herangehensweise von US-Unternehmen
  4. Politische Unterstützung

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