Arbeitsplätze in Industrie-4.0-Zeiten

»Auf die Ergonomie kommt es an«

28. August 2023, 18:30 Uhr | Andreas Knoll
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Baukastensystem für Arbeitsplätze

Inwieweit lassen sich die Arbeitsplatzsysteme von Krieg für unterschiedliche Aufgaben umrüsten? Bewerkstelligt das Unternehmen dies oder der Kunde?

Becker: Genau darauf zielt unser Arbeitsplatzsystem »Multiplan« ab. Wir ermöglichen es, alle Komponenten oberhalb der Tischplatte werkzeuglos umzurüsten. Im Gegensatz zu vielen unserer Marktbegleiter braucht es also keine Schrauben zur Ergänzung und Umrüstung des Arbeitsplatzes. Eine werkzeuglose Verstellung aller Komponenten ermöglichen wir stattdessen mittels eines Hakensystems inklusive Sicherungsstift. Es genügen zwei Menschen, oft sogar reicht auch ein einziger Mitarbeiter, um die Veränderungen zu gestalten und sich den Platz individuell einzurichten.

Ganz einfach kann man so Komponenten wegnehmen und andere anbringen. Was heute noch ein Verpackungsarbeitsplatz ist, kann so durch Einsatz anderer Zubehör-Komponenten morgen schon ein Montagearbeitsplatz sein.

Im Rahmen unseres Baukastensystems kann man die Arbeitsplätze schrittweise zusammenstellen. Den eigentlichen Unterschied zwischen verschiedenen Arbeitsplatz-Typen machen meist die Komponenten aus, und diese lassen sich beliebig an den Anwendungszweck anpassen.

Ein Unternehmen kann sich überlegen, ob es Umbauarbeiten selbst vornehmen will, was oft auch an Personalkapazitäten hängt. Gerne übernehmen auch unsere professionellen Monteure die Handgriffe, bauen zielgerichtet und zügig auf und um.

Welche Rolle spielt das Werkerassistenz-System »Der Schlaue Klaus« von Optimum Datamanagement Solutions in den Arbeitsplatzsystemen von Krieg?

Becker: Wir arbeiten seit etwa zwei Jahren eng mit Optimum Datamanagement Solutions zusammen, weil wir täglich merken, dass die Nachfrage nach Werkerassistenz-Systemen immer mehr ansteigt. Beim System »Der Schlaue Klaus« handelt es sich um ein kognitives kamerabasiertes Assistenzsystem, das die einzelnen Montageschritte oder auch nur das Endergebnis mittels einer Kamera prüft, Fehler bereits während des Prozesses erkennt und somit sicherstellt, dass keine Fehler passieren. Der Einsatz bietet sich überall dort an, wo häufig neue Mitarbeiter eingelernt werden müssen oder aber Sprachbarrieren zwischen Mitarbeitern bestehen – beides sind potenzielle Fehlerquellen.

Zudem ist es in Unternehmen recht aufwendig, eine Person immer extra abzustellen, um neue Mitarbeiter einzulernen – und trotzdem ist nicht immer gewährleistet, dass die Montage zu 100 Prozent korrekt abläuft.

Hausner Simon
Simon Hausner, Krieg Industriegeräte: Für AR- und VR-Systeme wird es eines Tages sicherlich einen Markt geben.
© Krieg Industriegeräte

Ein Assistenzsystem zeigt dem Werker, wie er ein Bauteil zu montieren oder zu verpacken hat. Es gibt einfache visuelle Systeme über den Bildschirm oder die Variante »Pick to Light« – dabei wird angezeigt, welches Material wann zu entnehmen ist. Der Schlaue Klaus ist ein kognitiv basiertes Kamerasystem. Die Kamera filmt permanent die Arbeitsschritte und prüft zugleich das Ergebnis; das sichert eine 100 Prozent fehlerfreie Charge. Interessant ist dabei die Kombination aus visueller Anzeige und Überprüfungsmechanismus. Das System ist auch im Rahmen einer Nachweispflicht nutzbar. Das Ergebnis und sein Entstehungsprozess lassen sich dokumentieren, was die Chance eröffnet, der Ware ein Prüfzeugnis beizulegen.

Zugegeben: Der Schlaue Klaus ist keine preisgünstige Lösung, allerdings amortisiert sich das System. Wenn ein Betrieb einen Mitarbeiter das gesamte Jahr über zur Einarbeitung von Kollegen abstellen muss, kostet das auch eine gewisse Summe. Und dann ist noch nicht zu 100 Prozent sichergestellt, ob der eingelernte Mitarbeiter im Anschluss seine Handgriffe auch richtig durchführt. Ein System, das losgelöst vom Prozess das Resultat zu jeder Zeit überprüft, kann den Werker durch die einzelnen Schritte leiten und somit einen fehlerfreien Ablauf gewährleisten.

Allerdings gilt es eines zu bedenken: Auch dieses System hat seine Grenzen. Überall, wo eine Person in der Hand montiert oder wo man in ein Bauteil hineingreifen muss, also in Hohlteile, kann Der Schlaue Klaus das Produkt nicht erfassen, weil die Kamera meist oberhalb der Montagefläche angebracht ist. Das birgt ein gewisses Fehlerpotenzial. Ähnliches gilt bei extrem spiegelnden Bauteilen, die selbst die hochauflösende Kamera nicht erfasst; da gibt es Ausscheidungskriterien, die von Fall zu Fall geprüft werden müssen.

Wir arbeiten daher mit verschiedenen Werkerassistenzsystemen und Anbietern und schauen genau hin: Was passt für den Kunden und welche Lösung ist ideal? Hat der Kunde tatsächlich etwas vom System Der Schlaue Klaus, oder was ist eventuell sinnvoller? Dies gilt es abzuwägen und in einer Machbarkeitsanalyse offen und transparent zu klären.

Ist es eventuell angedacht, Augmented Reality oder Virtual Reality in Arbeitsplätze zu integrieren?

Becker: Augmented Reality und Virtual Reality sind Technologien, die das Potenzial haben, manuelle Arbeitsplätze zu bereichern und zu optimieren. Sie ermöglichen eine interaktive und immersivere Arbeitsumgebung, die den Mitarbeitern dabei hilft, Aufgaben effizienter und präziser auszuführen.

Ich kann mir gut vorstellen, dass auch wir in Zukunft mit diesen Technologien weiter konfrontiert werden – etwa bei Arbeitsabläufen und Schulungen, bei denen Mitarbeiter virtuelle Anleitungen direkt in ihrem Sichtfeld erhalten, oder für 3D-Modellierung und Visualisierung sowie Fehlerbehebung und Fernwartung.

Krieg Industriegeräte
Workflex-ESD-Arbeitsplätze
© Krieg Industriegeräte

AR lässt sich auch einsetzen, um die Ergonomie an manuellen Arbeitsplätzen zu verbessern. Durch virtuelle Markierungen und visuelle Hinweise können Mitarbeiter die optimale Körperhaltung einnehmen, um Belastungen und Verletzungen zu reduzieren.
Ich bin der Überzeugung, dass durch die Integration von AR und VR an manuellen Arbeitsplätzen Unternehmen ihre Effizienz steigern, die Arbeitsgenauigkeit verbessern und die Schulungszeit verkürzen können. Ich bin gespannt auf das, was uns in der Zukunft noch an Herausforderungen und Neuerungen begegnet.

Inwieweit spielen AR und VR in Ihren Arbeitsplatzsystemen schon eine Rolle?

Simon Hausner: Ein Werker mit 3D-Brille und einer passenden Software, die den Arbeitsplatz projiziert und die unterschiedlichen Aufgaben und Arbeitsschritte anzeigt – es gibt ganz unterschiedliche Facetten, wie solche Angebote aussehen könnten. So etwas hat in Zukunft sicherlich seinen Platz, aber bisher haben wir von unseren Kunden noch keine Nachfrage nach solchen Systemen erfahren. Es wird eines Tages dafür einen Markt geben, und wir nutzen dann die Chance, uns mit Partnern kurzzuschließen. Bisher gibt es aber noch keine Ambitionen. Wir sind trotzdem gespannt, was in den nächsten Jahren alles noch technisch möglich sein wird, und sind für alles offen – vor allem aber immer orientiert am Bedarf unserer Kunden.

Für die Arbeitskräfte an Ihren Arbeitsplatzsystemen gibt es eine Web-App. Welche Aufgaben und Funktionen erfüllt sie?

Hausner: Bei unserer »arbeitsanweisung.workflex App« (Workflex-App) handelt es sich um ein volldigitales Portal für die Erstellung, Verwaltung und Ausführung von Arbeitsanweisungen. Mithilfe der Workflex-App lassen sich Arbeitsanweisungen erstellen, verwalten und ausführen. Die Arbeitsanweisungen sind maßgeschneidert anpassbar und lassen sich jederzeit verändern, erweitern und abrufen. Der Werker wird Schritt für Schritt durch den Prozess geführt und mit Texten, Bildern oder Videos unterstützt. Die einfache und bedienerfreundliche Benutzeroberfläche ermöglicht es Personen ohne Programmierkenntnisse, neue Arbeitsabläufe problemlos einzugeben.

Die Vorteile sind: keine Programmierkenntnisse erforderlich, einfache Erstellung der Arbeitsanweisungen, Zeitersparnis bei der Einarbeitung neuer Mitarbeiter, Erhöhung der Produktivität, Senkung der Fehlerquote, reduzierter Aufwand für die Arbeitsvorbereitung und Unterstützung durch Media-Elemente wie Bilder und Videos.


Zu den Funktionen gehören die Standardisierung der Erstellung, Verwaltung und Ausführung von Arbeitsanweisungen, die Analyse der Abläufe für mehr Optimierungspotenzial, einfache Integration einer Dokumentier-Funktion, mögliche Hardware zur weiteren Unterstützung und Erfassung von Daten entlang des Arbeitsprozesses.

Inwieweit hängt die Workflex-App mit dem System Der Schlaue Klaus zusammen?

Hausner: Bei der Workflex-App handelt es sich um ein eigenes System (Portal), das keine Schnittstellen-Funktion zum System Der Schlaue Klaus bietet. Aus diesem Grund besteht hier auch kein Zusammenhang mit dem System Der Schlaue Klaus. Es lässt sich jedoch mit anderen Assistenzsystemen kombinieren, etwa Pick-by-Light, Pick-by-Weight oder auch Pick-by-Access. Dies muss dann auch im Einzelfall mit dem Kunden besprochen und geprüft werden.


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