Die Kommutierungsinduktivität ist direkt mit der System-Geometrie gekoppelt. Hierbei ist die Bandleitergeometrie der optimale Weg für einen niederinduktiven Aufbau [6]. Diese Struktur muss im gesamten System vom Zwischenkreis bis zum Leistungsmodul [6] umgesetzt werden. Ein solcher niederinduktiver Aufbau ist mit heutigen Modulgehäusen und existierenden Kondensatorbauformen jedoch nicht realisierbar, da spätestens an der Kontaktierung der Komponente die Bandleiterstruktur unterbrochen wird. Abhilfe schaffen Bauteilprototypen, die mit dem Ziel entwickelt wurden, eine optimale Geometrie im gesamten System umzusetzen.
Der hier vorgestellte IGBT-Modul-Prototyp (Bild 3) ist nach dem Prinzip eines laminaren Layouts und mehreren, parallelen Verbindungsstellen in einer „Strip-Line“-Struktur aufgebaut. Die Kontaktierung zwischen Modul und Stromschiene erfolgt mit einer PressFIT-Technologie [7].
Die maximale Betriebs-Sperrschichttemperatur der eingesetzten IGBT-5-Prototypen beträgt 175 °C. Höhere Temperaturen innerhalb eines Moduls sind nur mit neuen Aufbau- und Verbindungstechniken realisierbar. Um diesem Anspruch zu genügen, wurde das Modul mit der von Infineon entwickelten .XT-Technologie [8,9] aufgebaut.
Der ohmsche und thermische Widerstand der Anschlüsse wird durch den Einsatz von mehreren parallelen PressFIT-Pins reduziert [10]. Bei Applikationen mit hoher Temperaturwechsel-Anforderung ist diese Art der Verbindungstechnik bezüglich Lebensdauer gegenüber einer Lösung mit gelöteten Pins vorteilhaft [7].
Die Prototyp-Kondensatoren für den Zwischenkreis (Bild 4) basieren auf dem PCC-Konzept (Power Capacitor Chip), das eine sehr niedrige äquivalente Serieninduktivität ESL aufweist. Neben der geringen Induktivität zeichnen sich die Kondensatoren durch eine hohe Spannungsfestigkeit im Vergleich zu häufig verwendeten Elektrolyt-Kondensatoren aus und ermöglichen einen reihenschaltungsfreien Aufbau des Spannungszwischenkreises.
Um auch hier die Vermeidung von Schraubanschlüssen konsequent umzusetzen, wurden die Kondensatoren mit PressFIT-Kontakten aufgebaut. Gleichzeitig ist der äquivalente Serienwiderstand (ESR) sehr niedrig, was eine hohe Stromdichte ermöglicht. Diese Kondensatoren zeichnen sich durch sehr gute thermische Eigenschaften aus, insbesondere hinsichtlich der maximalen Umgebungs- temperatur und der erreichbaren Lebendauer.
Die elektrische Verbindung zwischen Modul und Kondensatoren wurde mit einer Hochstromleiterkarte in Kombination mit der PressFIT-Technologie realisiert. Heutige Hochstromleiterkarten sind spezifiziert mit einer maximalen Betriebstemperatur von 150 °C. Lösungen mit laminierter Stromschiene sind in der Regel für 105 °C ausgelegt, Sonderbauteile sind bis maximal 125 °C erhältlich.
Um eine hohe Stromtragfähigkeit zu erreichen, ist die Leiterkarte mit einer Kupferdicke von 400 µm pro Lage dimensioniert. Plus- und Minuspotenzial wurden hier mit jeweils zwei parallelen Lagen, also mit jeweils 800 µm realisiert. Bild 5 zeigt das gesamte niederinduktive Umrichter-Stack-System.
Auch bei der Treiberelektronik muss darauf geachtet werden, dass die maximal zulässige Temperatur der verwendeten Komponenten nicht überschritten wird. Bei 175 °C Sperrschichttemperatur und einer Umgebungstemperatur von 25 °C zeigt die Untersuchung in [11], dass das Steuer-PCB eine maximale Temperatur von 84 °C erreicht. Bei einer üblicherweise maximal spezifizierten Umgebungstemperatur von 40 °C ergibt sich eine maximale PCB-Temperatur von 95 °C.
Der im Umrichter-Prototyp verwendete IGBT-Treiber 2ED020I12FA erlaubt eine maximale Umgebungstemperatur von 125 °C und damit einen in diesem Fall zuverlässigen Betrieb.
Durch die konsequente Bandleiterstruktur im gesamten System konnte die Aufbauinduktivität auf weniger als 10 nH reduziert werden. Dies, zusammen mit den ausgewählten hochtemperaturfähigen Komponenten, ermöglicht den Einsatz von Halbleiterchips mit sehr hohen Stromdichten und erhöhter Betriebstemperatur.
Bild 6 verdeutlicht das saubere Abschaltverhalten des schnellen IGBT 5 unter extremen Bedingungen wie Sperrschichttemperatur von 25 °C, doppelter Nennstrom von 1.200 A und erhöhter Zwischenkreisspannung von 800 V.
Es wird deutlich, dass der schnelle IGBT 5 im niederinduktiven Design selbst unter Überlastbedingungen nur eine Überspannung von 290 V und keine Oszillationen erzeugt. Bild 7 zeigt einen Vergleich von IGBT-E3 und -E4 in einem Umrichter mit 70 nH Aufbauinduktivität mit einem schnellen IGBT-5 in dem oben beschriebenen niederinduktiven und hoch- temperaturfähigen Demonstrator.
Es ist sichtbar, dass der Demonstrator 18 % mehr Ausgangsstrom als der Referenzumrichter mit IGBT 4 bei gleicher Chiptemperatur erreicht. An diesem Betriebspunkt sind die IGBT-Verluste 15 % geringer als beim Referenzsystem. Bei Erhöhung der maximalen Sperrschichttemperatur auf 175 °C erreicht der Prototyp sogar eine um 40 % höhere Ausgangsleistung. Bezüglich der Leistungsdichte erreicht das niederinduktive und hochtemperaturfähige System mit 300 kVA eine Leistungsdichte von 14 kVA/l, was einen 50 % höheren Wert bezogen auf das aus 62-mm-IGBT-4-Modulen bestehende Referenzsystem ergibt.
Die Verschärfung der Normensituation zu Energieverbrauch und -effizienz wird in vielen Antriebsanwendungen den Einsatz von Frequenzumrichtern begünstigen. Eine Miniaturisierung solcher Systeme kann mit verlustarmen Bauelementen mit hoher Stromdichte bei höheren Sperrschichttemperaturen erreicht werden. Dabei werden Systemgeometrie und thermisches Management eine entscheidende Rolle spielen.
Bauteile aus neuen Materialien wie SiC und GaN werden in Zukunft noch schnelleres Schalten und noch höhere Temperaturen ermöglichen und machen solche Designkriterien notwendig. Damit ist der hier vorgestellte Demonstrator ein Schritt hin zur technischen Umsetzung kompakter und effizienter Designs mit innovativen Materialien.