Entwicklungszeiten verkürzen

»Intelligente« Mikrosysteme für Servoregler

22. November 2016, 16:57 Uhr | Von Onno Martens und Jonas P. Proeger
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Architektur und Merkmale

Das Referenzdesign TMC4670-EVAL
Bild 2. Das Referenzdesign TMC4670-EVAL kann mit verschiedenen Endstufen getestet werden und erlaubt eine schrittweise Implementierung und Validierung der eigenen Hardware.
© Trinamic Motion Control

Je nach Anwendung können für die Lagerückführung vier verschiedene Gebertypen angebunden werden. Unterstützt werden digitale und analoge Hall-Sensorsignale, Sin/Cos-Geber und klassische Inkrementalgeber (Encoder). Gerade in Robotik-Anwendungen kann es Vorteile haben, für die Kommutierung einen Geber unmittelbar am Motor zu verwenden und einen weiteren für die Lage- und Drehzahlregelung jenseits vom Getriebe. Zu diesem Zweck ermöglicht der TMC4670 die Zuordnung unterschiedlicher Lage- und Drehzahlinformationen in der Regelungsstruktur. Die Zuordnung kann auch im Betrieb geändert werden. Dies ist insbesondere bei der Initialisierung hilfreich, wenn zunächst digitale Hall-Sensorsignale zur Rotorlagebestimmung genutzt werden und beim Passieren einer Referenzmarke oder bei einem Sektorwechsel der zur Drehzahlregelung zu nutzende Inkrementalgeber referenziert wird.

Das Leistungsteil des Antriebs kann vollständig getrennt ausgelegt werden. Der Entwickler kann dabei die Konfigurationen der Schaltersignale für sein spezielles Leistungsteil anpassen. Dabei können Polarität, Totzeit (Brake-Before-Make Time) und Frequenz der Schaltersignale an den Gate-Treiber angepasst werden. Der Stromregler-Takt ist an die PWM-Frequenz gekoppelt. Durch Implementierung des Stromregelalgorithmus in Hardware kann die Ausführungszeit erheblich reduziert und somit der Regeltakt bei Bedarf auf 200 kHz erhöht werden. Das bietet Effizienzvorteile bei Motoren mit niedriger Induktivität, da der Strom-Ripple und damit die Eisenverluste erheblich reduziert werden können. Bei gleichem Software Interface können auf diese Weise schnell Derivate der Steuerung für verschiedene Motor-Leistungsklassen entworfen werden. Bei geeigneter Auslegung der Endstufe sind auch kombinierte Endstufen möglich, die wahlweise mit zwei- oder dreiphasigen Motoren betrieben werden können.

Die Stromwandlung kann über Line-Shunt-Widerstände oder andere Messwandler je nach Versorgungsspannung der Endstufe und Isolationsanforderung erfolgen. Der TMC4670 bietet interne ADCs zur Erfassung aller benötigten Analogsignale. Neben der Versorgungsspannung des Leistungsteils sind dies zwei Strangströme und gegebenenfalls Analogsignale eines Sin/Cos-Gebers oder die Ausgangssignale analoger Hall-Sensoren sowie die Motortemperatur und die Temperatur des Leistungsteils. Für den Vierquadranten-Betrieb ist die Ansteuerung eines sogenannten Brems-Chopper, eines zusätzlichen Leistungsschalters, der, um Überspannungen zu vermeiden, rückgespeiste Leistung auf einen Lastwiderstand umleiten kann, bereits integriert. Diese Funktion ist besonders in batteriebetriebenen Geräten oder Systemen erforderlich, die keine Möglichkeit haben, ins Netz zurück zu speisen.

Für die Applikations-Software und die Konfiguration können beliebige Mikrocontroller verwendet werden, die über SPI mit dem Baustein kommunizieren. Neben der SPI-Schnittstelle stehen auch konfigurierbare Digitalausgänge für Interrupts im Fehlerfall oder für Warnungen zur Verfügung. Zur schnellen Implementierung wird umfangreicher Referenzcode zur Verfügung gestellt.

Building Blocks verkürzen ­Entwicklungszeit

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Wie geht es weiter?
In Kürze soll die Trinamic-Produktfamilie der Hardware Servo Controller um einen Controller mit integriertem EtherCAT Slave Controller erweitert werden, der neben dem Hardware Controller auch die Protokollverarbeitung für CANopen over EtherCAT (CoE) nach dem Geräteprofil CiA402 umfasst. Das Ziel: Kompakte Antriebssteuerungen mit leistungsfähiger Echtzeit-Feldbusanbindung sollen sich innerhalb möglichst kurzer Zeit entwickeln lassen.

 

Für die erste Inbetriebnahme ist ein Evaluierungs-Board verfügbar, das sich vollständig in die modulare Evaluierungsplattform mit der Bezeichnung „Landungsbrücke“ einfügt und damit ein schnelles Prototyping von Antrieben mit Endstufen in verschiedenen Leistungsklassen und für verschiedene Motortypen ermöglicht. Ein Evaluierungs-Kit für den TMC4670 besteht dabei aus der „Landungsbrücke“, die die USB-Schnittstelle zum PC herstellt und deren Freescale-Cortex-M4-Prozessor auch die Implementierung von kunden­eigenem Applikationscode ermöglicht. Außerdem gehören das TMC4670-Evaluierungs-Board und ein Endstufen-Board zum Kit. Dabei sind Endstufen-Boards sowohl für Schrittmotoren als auch für BLDC- oder PMSM-Motoren verfügbar (Bild 2). Das modulare Konzept ermöglicht eine schrittweise Adaption der eigenen Hardware an den TMC4670, indem Teile des Kit durch eigene Hardware ersetzt werden. Alle Layouts sind thermisch validiert, als Open-Source Hardware freigegeben und stehen als E-CAD-Daten zur Verfügung, die ohne weiteres in eigene Designs übernommen werden können.

Die Evaluierungsplattform kann mit der TMCL-IDE, der integrierten Entwicklungsumgebung für Trinamic-Produkte, mit jedem PC in Betrieb genommen werden. Die IDE stellt unter anderem einen Register-Browser zur Anzeige und Manipulation von Registern bereit. Praktische Scopes ermöglichen eine grafische Anzeige von Registerwerten. Zusätzlich bietet die IDE einen Assistenten, der durch den Inbetriebnahmeprozess des TMC4670 leitet. Nach der Konfiguration der PWM erfolgt bereits ein erster gesteuerter Betrieb des Motors, der die anschließende ADC- und Lagegeberkonfiguration erleichtert. Abgeschlossen wird die Inbetriebnahme mit dem Einstellen der Regler. Die Regler-Parameter können auch der Laufzeit angepasst werden. Dies ist zum Beispiel beim Drehzahlregler erforderlich, wenn sich die Last oder die mechanische Trägheit der Achse im Betrieb ändert. So kann die Erstinbetriebnahme eines TMC4670 innerhalb weniger Minuten erfolgen.

Die Autoren:

Onno Martens
ist Hardware/Software Design Engineer bei Trinamic Motion Control. Der Arbeitsschwerpunkt des Dipl.-Wirtschaftsingenieurs liegt auf der Entwicklung innovativer und robuster Reglerstrukturen für elektrische Antriebe.

 

Jonas P. Proeger
ist Marketing Director bei Trinamic Motion Control. Der Dipl.-Ing. (FH) kam 2010 als Applikationsingenieur zu Trinamic und verantwortet seit 2012 das Marketing und die Produktstrategie.

 


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