Für eine optimale Energieeffizienz muss der gesamte Prozess analysiert werden

Alles hängt mit allem zusammen

15. Dezember 2009, 8:13 Uhr | Andreas Knoll
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Fortsetzung des Artikels von Teil 3

Was kann Software zur Energieeffizienz beitragen?

Was können die Automatisierungs- beziehungweise die Antriebs-Software und die Maschinensteuerung zur Erhöhung der Energieeffizienz beitragen?

Wirsching: Die Software steuert den Prozess der Maschine und beeinflusst somit den Energieverbrauch. Schaltet man beispielsweise nicht alle Geräte gleichzeitig, sondern nacheinander ein, so verringert sich die Spitzenleistung, die in diesem Moment aus dem Netz gezogen wird. Die Spitzenlast bestimmt den Anschlusspreis der Stromversorgungsunternehmen, so dass sich hier an jeder Maschine die Kosten reduzieren lassen. Bei hochdynamischen Prozessen besteht zudem die Chance, die optimal zur Mechanik ausgewählte Kurvenscheibenform zu benutzen. Weil aufgrund der Form (zum Beispiel Polynom fünften Grades oder sin2) die Spitzenlasten veränderbar sind, sinkt so der Energieverbrauch. Als Nebeneffekt lassen bei optimalen Kurvenscheibenformen auch die Schwingungen in mechanischen Systemen nach, so dass der Regler und damit das Leistungsteil die Schwingungen nicht mehr ausgleichen muss. So verringern sich Stromspitzen am Umrichter, und die Energieeffizienz steigt. Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass optimal an die Mechanik angepasste Software die Energieeffizienz erhöht.

Müller: Energieoptimierte Sollwertvorgaben beim Beschleunigen und Verzögern der zu bewegenden Massen ermöglichen es, die Energieverluste zu minimieren. Elektronische Motortypenschilder mit hinterlegten Kennfeld-Datenbanken tragen ebenfalls zur Optimierung der Antriebsaufgabe bei.

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Dr. Edwin Kiel, Lenze:»Der Anwender darf sich nicht ausschließlich auf die Komponenten konzentrieren, weil er so lediglich die Verluste in den Komponenten verringern, nicht aber den gesamten Energiefluss optimieren kann.«

Frank: Rexroth unterstützt den kompletten Prozess von der Projektierung bis zur Inbetriebnahme mit Systemberatung und durchgängigen Softwaretools. Die Möglichkeiten reichen dabei von der integrierten Energieverbrauchserfassung in Antriebsregelgeräten bis hin zu steuerungsintegrierten Softwaretools für Taktzeit- und Energie-Effizienz-Analyse. Das Softwaretool »Indra-Size« ermöglicht es dem Anwender darüber hinaus, die für seinen Zweck optimale Auslegung von Motor und Antrieb problemlos selbst zu finden und dabei unnötige Überdimensionierungen zu vermeiden. Vordefinierte Bewegungsmodule und bedarfsgerechte Ansteuerung schließlich sorgen für die optimale und damit energieeffiziente Bewegungsführung.

Mackert:Weil in den meisten Applikationen ohnehin eine Steuerung vorhanden ist, lässt sich oft mit etwas mehr Intelligenz in der Maschinensteuerung praktisch kostenfrei Energie sparen. Der Anwender kann beispielsweise bei einem Regalbediengerät die Dynamik nutzen, indem er die beiden Frequenzumrichter zur Ansteuerung der Antriebe für die vertikale und horizontale Bewegung über deren Zwischenkreis koppelt und somit die freiwerdende generatorische Energie quasi recycelt. Für die intelligente und energieoptimale Ansteuerung der Fahr- und Hubachsen ist hierbei die überlagerte Steuerung »Movi-PLC« von SEW-Eurodrive zuständig. Ohne dass sich die Geräteleistung verringert, lassen sich in der Praxis bis zu 25 Prozent Energie einsparen.

Wiedemann: In punkto Antriebs-Software lässt sich die Energieeffizienz natürlich ebenfalls optimieren. Wir unterstützen unsere Kunden hier u.a. mit von außen steckbaren Technologieboxen und internen Modulen für Frequenzumrichter – ein Beispiel ist die Positioniersteuerung »Posicon«. Frequenzumrichter mit dieser Funktion erlauben es Kunden, zusammen mit Standard-Asynchronmotoren schnell und kostengünstig Anwendungen zu implementieren, die eine relative oder absolute Lageregelung erfordern. Die Parametrierung und Steuerung von Frequenzumrichtern ist je nach Komplexität der Aufgabe mittels Technologieboxen oder der PC-Software »Nordcon« möglich.

Burghardt: Es gibt viele Software-Funktionen, die die Energieeffizienz steigern können. Ob die Funktionen im Automatisierungssystem oder im Antriebsregler realisiert werden, ist egal. Wichtige Software-Funktionen sind:

  • Kaskadenregler für Pumpen und Lüfter
  • Überwachung des Energieverbrauchs und somit Identifizierung von Einsparpotentialen
  • Sleep Mode: Motor wird in Stand-by geschaltet, sobald er nicht benötigt wird. Wenn beispielsweise in einem geschlossenen Drucksystem keine Entnahme erfolgt, muss auch der Motor nicht laufen.
  • Sollwert 0 = Motor aus: Vermeidet Leerlaufverluste des Motors, wenn kein Sollwert anliegt.
  • Durchflussausgleich: Nicht immer ist es bei einer Durchflussregelung möglich, den Drucksensor am entferntesten Punkt anzubringen. Je näher aber der Sensor an Pumpe oder Lüfter positioniert ist, desto schlechter ist die Energieeffizienz der Regelung. Mittels einer geeigneten Software-Funktion lässt sich dieser Effekt kompensieren.

Meist werden im Automatisierungssystem allgemeine Funktionen zu Überwachung und Optimierung des Prozesses hinterlegt. Anwendungsspezifische Funktionen sind dagegen im Antriebsregler implementiert. Einen großen Einfluss auf die energetische Wirkung einer Drehzahlregelung haben des Regelverfahren und gegebenenfalls verfügbare energiesparende Motoransteuerungen. Bei einem Strompreis von 10 Cents und einer Lebensdauer von 10 Jahren können sich abhängig vom Lastprofil allein durch energetisch optimierte Ansteuerung (U/f-Steuerung oder Vektorregelung) bei einem 1,5-kW-Umrichter Unterschiede in den Stromkosten von über 1000 Euro ergeben.


  1. Alles hängt mit allem zusammen
  2. Welche Aspekte umfasst ein ganzheitlicher Ansatz?
  3. Der Begriff »Mechatronik« steht derzeit hoch im Kurs
  4. Was kann Software zur Energieeffizienz beitragen?
  5. Michael Burghardt über Aspekte der System-Gesamtbetrachtung

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