Für eine optimale Energieeffizienz muss der gesamte Prozess analysiert werden

Alles hängt mit allem zusammen

15. Dezember 2009, 8:13 Uhr | Andreas Knoll
Diesen Artikel anhören

Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Der Begriff »Mechatronik« steht derzeit hoch im Kurs

Der Begriff »Mechatronik« steht derzeit hoch im Kurs. Inwieweit lässt sich die Energieeffizienz in der Antriebs- bzw. Automatisierungstechnik mit Hilfe mechatronischer Ansätze erhöhen?

Wirsching: Weil grundsätzlich ein ganzheitlicher Ansatz gewählt werden sollte, spielt in diesem Zusammenhang auch die Mechatronik eine wichtige Rolle. Das beginnt bei der Dimensionierung der Maschine. Der Maschinenbauer sollte wissen, was die Elektronik grundsätzlich leisten kann. Genauso sollte der Elektroingenieur wissen, was die Mechanik zu leisten vermag. Um in einer Maschine optimale Energieeffizienz erreichen zu können, muss also eine interdisziplinäre Kommunikation zwischen Mechanik und Elektronik stattfinden. Dafür steht die Mechatronik Pate.

 

Anbieter zum Thema

zu Matchmaker+
Bild_4_Friedrich_Mueller_02.jpg
Friedrich Müller, Stöber Antriebstechnik:»Die Schlüsselkomponenten Umrichter, Motor und Getriebe, gegebenenfalls auch die Sensorik der Maschine, sind optimal aufeinander abzustimmen.«

Müller: Die Schlüsselkomponenten Umrichter, Motor und Getriebe, gegebenenfalls auch die Sensorik der Maschine, sind optimal aufeinander abzustimmen. Mit dem Stellglied »Getriebeübersetzung« lassen sich beispielsweise die Massenträgheitsmomente der anzutreibenden Maschine und des Antriebs so abstimmen, dass zur Erfüllung der Antriebsaufgabe das geringstmögliche Drehmoment nötig ist.

Frank: Gerade das durchgängige Zusammenspiel von elektrischen Antrieben, Hydraulik, Pneumatik sowie Linear- und Montagetechniken bietet die entscheidenden Ansatzpunkte für deutliche Fortschritte. Im Wirkungsgrad optimierte elektrische Motoren und Axialkolbenpumpen, integrierte pneumatische Zylinder-Ventil-Einheiten oder reibungsarme Lineartechnik leisten einen wichtigen Beitrag. Aber erst in der Kombination und mit intelligenten, auf die jeweilige Anwendung optimierten Regelungsstrategien erschließen sie als mechatronische Systemlösungen das gesamte Einsparpotenzial.

Bild_6_Frank_Wiedemann_03.jpg
Frank Wiedemann, Nord Electronic Drivesystems: »Unter Mechatronik verstehen wir die ganzheitliche Betrachtung aller Antriebselemente: Mechanik, Elektronik und Software.«

Mackert: Wegen des hohen erzielbaren Gesamt-System-Wirkungsgrads gewinnt die Mechatronik als energieeffiziente Antriebslösung zunehmend an Be- deutung. Mechatronische Antriebssysteme wie »Movigear« von SEW-Eurodrive können Motor, Getriebe und Elektronik in einem Produkt vereinen. Durch optimierte Schnittstellen zwischen Umrichter, Motor und Getriebe, durch minimierte Reibungs- und Stromverluste und durch intelligente Regelverfahren erreicht »Movigear« einen deutlich höheren Gesamt-System-Wirkungsgrad als herkömmliche Antriebslösungen. Zahlreiche Anwendungen zeigen, dass mit dem speziell auf die horizontale Fördertechnik abgestimmten »Movigear«-System Energieeinsparpotentiale von bis zu 50 Prozent möglich sind.

Kiel: Jeder Einsatz von Automatisierungs- und geregelter Antriebstechnik hilft, die Energieeffizienz zu erhöhen, wenn die Möglichkeiten der Software und des Umrichters hierfür konsequent genutzt werden. Weil Mechatronik im Kern die Steuerung eines physikalischen Prozesses durch Software bedeutet, heißt das zugleich, dass ein mechatronischer Ansatz die Energieeffizienz steigert. Die Software hat dabei die Aufgabe, die Energiezufuhr in den Prozess so zu steuern, dass die für den Prozess minimal notwendige Energie aufgewandt wird.

Wiedemann: Unter Mechatronik verstehen wir die ganzheitliche Betrachtung aller Antriebselemente (Mechanik, Elektronik und Software). Wir entwickeln und produzieren seit geraumer Zeit mechatronische »Paketlösungen«, bei denen Mechanik und Elektronik immer mehr ineinander greifen, etwa »Nordac trio SK 200E« und »Nordac trio SK 300E«, die Motor, Getriebe und Frequenzumrichter in einer kompakten Einheit umfassen. Dank optimaler Abstimmung aller Komponenten erhöhen solche Einheiten die Energieeffizienz.

Burghardt: Unter Mechatronik versteht man das synergetische Zusammenwirken des Maschinenbaus sowie der Elektro- und der Informationstechnik. Sie ermöglicht daher die Betrachtung eines gesamten Systems. Gerade bei der Energieeinsparung ist das ein sehr wichtiger Aspekt. Um den Nutzen einer Energiesparmaßnahme abschätzen zu können, ist ein Verständnis für deren Auswirkungen auf die gesamte Anlage erforderlich. Das folgende Beispiel soll dies verdeutlichen. In einem Produktionsprozess fördert eine Pumpe ein bestimmtes flüssiges Medium. Eine elektronische Drehzahlsteuerung soll die Anzahl der Ein-/Ausschaltungen reduzieren, indem sie den Durchfluss verringert und an die benötigte Menge anpasst. Allerdings sind in der geförderten Substanz Feststoffe enthalten. Sobald die Drehzahlregelung den Durchfluss für eine kontinuierliche Förderung zu stark reduziert, setzen sich die Sedimente ab, was erstens den Prozess gefährdet und zweitens durch ein dann nötiges regelmäßiges Spülen der Leitungen mehr Kosten verursacht als die Drehzahlregelung einspart. Ein zu großer Rückgang des Durchflusses ist bei der beschriebenen Anlage deshalb zu vermeiden. Aus energetischer Sicht ist es sinnvoll, die Drehzahlregelung so weit wie möglich auszureizen. Dieser isolierte Ansatz wirkt sich aber bei dem beschriebenen System in der absoluten Betrachtung negativ aus. Nur die Betrachtung des gesamten Systems, wie es bei der Mechatronik der Fall ist, ermöglicht einen optimalen Nutzen.


  1. Alles hängt mit allem zusammen
  2. Welche Aspekte umfasst ein ganzheitlicher Ansatz?
  3. Der Begriff »Mechatronik« steht derzeit hoch im Kurs
  4. Was kann Software zur Energieeffizienz beitragen?
  5. Michael Burghardt über Aspekte der System-Gesamtbetrachtung

Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!