Für eine optimale Energieeffizienz muss der gesamte Prozess analysiert werden

Alles hängt mit allem zusammen

15. Dezember 2009, 8:13 Uhr | Andreas Knoll
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Welche Aspekte umfasst ein ganzheitlicher Ansatz?

Welche Aspekte umfasst ein ganzheitlicher Ansatz zur Optimierung der Energieeffizienz, der das gesamte Automatisierungssystem im Blick hat?

Wirsching: Aus meiner Sicht ist immer ein ganzheitlicher Ansatz zu wählen. Er beginnt damit, die Energieeffizienz bei der Herstellung der verwendeten Produkte zu betrachten, geht weiter mit der Vermeidung von Überdimensionierungen im Engineering und der Analyse des Energiebedarfs beim Betreiben der Maschine (Stromverbrauch, Wärmeentwicklung) und endet bei deren Verschrottung und Recycling. Der Beitrag der einzelnen Aspekte zur Energieeffizienz wird in hohem Maße von der Maschine und deren Lebensdauer beeinflusst. Den größten Anteil hat der Energiebedarf während des Betriebs der Maschine – er ist umso höher, je länger die Lebensdauer der Maschine ist.

 

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Roman Mackert, SEW-Eurodrive:»Wenn nur die Antriebe berücksichtigt werden, lässt sich in der Regel lediglich ein Bruchteil der möglichen Einsparpotenziale erschließen.«

Müller: Ein ganzheitlicher Ansatz ist sicherlich richtig. Er beginnt mit der Wahl eines energieoptimalen Systems der Maschine oder Anlage und geht bei der Antriebstechnik weiter. Wichtige Aspekte sind: Konzentration auf die Energiefresser (Energie ist Leistung mal Zeit); Komponenten abschalten, wenn sie nicht benötigt werden; Reduktion von Reibung und bewegten Massen; Überdimensionierung der Antriebssysteme vermeiden und geregelte Antriebssysteme mit hohem Wirkungsgrad einsetzen. Bei einer optimalen Abstimmung von Maschinenprozess und Antriebs technik sind Energieeinsparungen von 25 bis 30 Prozent möglich.

Frank: Die Bedarfsregelung von Antrieben ermöglicht besonders hohe Einsparungen. Von Rexroth entwickelte drehzahlvariable Pumpenantriebe steuern über einen intelligenten elektronischen Regler den Volumenstrom gezielt und ersetzen damit die Drosselung über Ventile. Je nach Zyklusprofil arbeitet diese Lösung zwischen 40 und 70 Prozent effizienter als nicht-geregelte Aggregate. Auch die Pneumatik bietet wirksame Ansatzpunkte, etwa integrierte Zylinder-Ventil-Einheiten und elektropneumatische Druckregelventile. Sie leisten gemeinsam mit anderen Maßnahmen einen wichtigen Beitrag, den Gesamtverbrauch der Pneumatik um bis zu 55 Prozent zu senken. In der Engineering-Phase wirkt die systemische Gesamtbetrachtung besonders stark, weil sie eine aufgabengerechte Auslegung aller Komponenten ermöglicht. So hat Rexroth in die CNC-Steuerung »IndraMotion MTX« ein Software- Tool zur Taktzeit- und Energieanalyse integriert. Es eröffnet bei Werkzeugmaschinen die Chance, die Daten aller Teilsysteme kontinuierlich zu überwachen und sämtliche Teilprozesse gezielt zu optimieren.

Mackert: Die Ansatzpunkte für eine optimale Energiesparlösung hängen von der Anwendung des Kunden ab und lassen sich nur durch genaue Analyse der gesamten Anlage und individuelle Beratung ermitteln. Dabei liegt der Schwerpunkt auf dem Gesamtsystem mit dem Ziel, unter Berücksichtigung der bestehenden Prozessabläufe die Abtriebsleistung (Reduktion der Abtriebsdrehzahl, Reduktion des Lastmoments, automatisches Abschalten etc.) und die Verlustleistung (Erhöhung des Getriebewirkungsgrades, Verbesserung des Motorwirkungsgrades, Nutzung freiwerdender Energie, bedarfsgerechte Dimensionierung etc.) mittels geeigneter Technik zu optimieren. Die daraus abgeleiteten Maßnahmen garantieren eine ganzheitliche, kundenspezifische und auf die individuelle Anwendung optimal ausgelegte Energiesparlösung.

Kiel: Der Anwender darf sich nicht ausschließlich auf die Komponenten konzentrieren, weil er so lediglich die Verluste in den Komponenten verringern, nicht aber den gesamten Energiefluss optimieren kann. Lenze hat in diesem Jahr das Antriebsauslegungs-Tool »Drive Solution Designer« auf den Markt gebracht, das einen solchen ganzheitlichen Ansatz erleichtert. Mit dem »Energiepass Antriebslösung«, einem Protokoll aus dem »Drive Solution Designer«, ist der Energiebedarf der Anwendung, der Antriebskomponenten und des Gesamtsystems schnell zu bestimmen. Überdies lässt sich der Energiebedarf mehrerer möglicher Antriebslösungen für eine bestimmte Anwendung vergleichen und optimieren.

Burghardt: Danfoss geht davon aus, dass nur der ganzheitliche Ansatz, also vor allem auch die Betrachtung und Optimierung der Fertigungsprozesse, dauerhaft zum Ziel führt. Unabhängig davon, ob es sich um neue oder bestehende Anlagen oder Maschinen handelt, erfordert aber ein wirkungsvolles Vorgehen erst einmal, den »Ist-Zustand« des Systems festzuhalten. Der Anwender muss hierzu den Energieverbrauch ermitteln; er muss klären, welche Prozesse eine Drehzahlregelung erlauben, und analysieren, wo sinnvolle Einsparungen möglich sind. Auf diese Weise lassen sich auch Synergien erkennen. Dies ermöglicht Anwendern eine bessere Identifizierung von Lösungsansätzen und erlaubt es später, zu verifizieren, ob durchgeführte Maßnahmen auch wirksam sind, sprich: die gewünschten Einsparungen bringen.


  1. Alles hängt mit allem zusammen
  2. Welche Aspekte umfasst ein ganzheitlicher Ansatz?
  3. Der Begriff »Mechatronik« steht derzeit hoch im Kurs
  4. Was kann Software zur Energieeffizienz beitragen?
  5. Michael Burghardt über Aspekte der System-Gesamtbetrachtung

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