Soll die Antriebstechnik in einer Maschine oder Anlage zentral oder dezentral konzipiert werden? Dies ist eine knifflige Frage, die der Projektverantwortliche möglichst bald beantworten muss. Welche Vor- und Nachteile haben nun die beiden Konzepte, und welches eignet sich für welche Anwendungen am besten?
Ob zentrale oder dezentrale Antriebstechnik: Das allein richtige Anlagenkonzept gibt es natürlich nicht. Beide Konzepte bieten ihre Vorteile je nach Anlagenstruktur und hergestellten Produkten. Dabei ist der Gesamt-Energieaufwand der Produktion neben der Zuverlässigkeit der Prozesse, dem Produktionsausstoß, der Minimierung des Wartungsaufwands, den Kosten für Schalträume bzw. Verkabelungen und vielem mehr nur ein zu berücksichtigender Faktor. Bei beiden Ansätzen punktet die Drehzahlregelung, genauer: die bedarfsgerechte Bereitstellung der exakt benötigten Leistung, durch Frequenzumrichter prinzipiell gleich, zumal sie auch bessere Prozessqualität ermöglicht. Der Anwender muss also genau abwägen, welche Lösung für seine Anwendung mehr Vorteile bringt. Hierzu ist eine Kenntnis der grundlegenden Konzeptunterschiede hilfreich.
Zentrales Anlagenkonzept
In vielen Anlagen ist heutzutage eine Lösung mit zentral in Schaltschränken oder Schalträumen zusammengefasster Steuerungs- und Regelungstechnik zu finden. Dass Steuerungselektronik und Motoren räumlich getrennt sind, reduziert die Gefahr, dass Umwelteinflüsse wie aggressive Gase, Staub oder Feuchtigkeit die Elektronik im Frequenzumrichter negativ beeinflussen. Hier eingesetzte Antriebskomponenten sind relativ kostengünstig, erfordern aber dafür oft abgeschirmte Motorleitungen. Die Trennung von Elektronik und Motor erlaubt zudem den Einsatz bei höheren Temperaturen in der Anlage, bei starker Verschmutzung sowie im Ex-Bereich. Dafür nötig sind dann allerdings abgeschlossene Elektronikräume, die je nach Menge und Leistung der Antriebsumrichter entsprechend klimatisiert werden müssen.
Anwender können den Schaltschrank/Schaltraum zwar einfach und effektiv klimatisieren, dies verbraucht aber wiederum Energie. Ein Vorteil bei aufwändigen Anlagen mit einem breiten Spektrum an Antrieben besteht zusätzlich darin, dass alle Steuerungskomponenten lokal zusammengefasst sind und das gesamte Steuerungs- und Regelungskonzept übersichtlich verbaut ist.
Dezentrales Anlagenkonzept
Bei dezentralen Antriebskonzepten baut der Anwender die Antriebssteuerungen in der gesamten Anlage direkt ein: Der Frequenzumrichter befindet sich auf einem Motor oder in dessen unmittelbarer Nähe. Zum Einsatz kommt dieses Konzept, wenn sich durch eine konsequente Modularisierung der Anlage und eine dezentrale Installation Kosten einsparen lassen oder einfach der Platz für Schaltschränke fehlt. Zudem reduziert sich so die Komplexität moderner Anlagen, und etwaige Anlagenerweiterungen sind leicht zu realisieren. Auch die Klimatisierungskosten für Schaltschränke und -räume sinken stark, weil die Frequenzumrichter in die Applikation wandern, oder fallen sogar ganz weg.
Die Vorteile umfassen alle Aspekte, von der Projektierung bis hin zu Wartung und Service. Oft führen der Einsatz von Feldbussystemen und der Aufwand für die Installation von Anschluss- und Steuerleitungen zur Entscheidung für eine dezentrale Installation. Denn der modulare Aufbau bietet den Maschinen- und Anlagenherstellern - besonders auch bei ausgedehnten Transportlösungen - vielfältige konstruktive Möglichkeiten. Wenn eine konsequente modulare Konzeption möglich ist, sinken die Projektierungskosten, weil ganze Maschinen- oder Anlagenteile im Werk fertig produziert und in Betrieb genommen werden können. Nicht verschwiegen werden soll dabei, dass eine Umstellung von zentraler auf dezentrale Technik ein Umdenken bei der Planung und Produktion bedeutet. Dies führt erfahrungsgemäß zunächst zu etwas größerem Aufwand und höheren Kosten bei der Anlagenplanung, bis sich die neuen Abläufe etabliert haben.
Die für eine solche Lösung eingesetzten Antriebsumrichter und Motoren müssen entsprechend robust und effizient sein, damit sie auch in rauer Umgebung funktionieren. Besonders geeignet sind Antriebslösungen wie der neue »VLT DriveMotor FCM 106« von Danfoss, bei dem ein Asynchron- oder PM-Motor mit dem Frequenzumrichter kombiniert ist. Diese Einheit garantiert einen sehr hohen Wirkungsgrad und damit wenig Abwärme. Zwar kann der Frequenzumrichter allein als FCP 106 praktisch jeden Motor ansteuern, aber die feste Kombination mit dem PM-Motor ermöglicht eine Energieeffizienz, die die Anforderungen für IE4 Super Premium erfüllt oder sogar übertrifft.
Was zu beachten ist
Letztlich bestimmt die Anwendung die Konzeption. Eine genaue und detaillierte Betrachtung der Systemkosten gemeinsam mit dem Antriebslieferanten hilft, die optimale Lösung zu finden. Daneben muss auch der Endanwender die gewählte Technik akzeptieren, denn Service-Personal und Techniker müssen damit vertraut sein.
Im Endeffekt werden gemischte Ansätze oft das Mittel der Wahl sein: je nach den Anforderungen der Anlage und den Vorteilen, die ein Konzept an einer bestimmten Stelle bringt. Meist bieten gemischte Anlagen optimale Flexibilität, Verfügbarkeit und Kosten je nach Anwendung, Anlagengegebenheiten und Motorleistung bzw. benötigter Motor-Performance. Je höher die geforderte Funktionalität des Antriebs ist, desto wirtschaftlicher ist es meist, die Intelligenz in den Antrieb zu verlagern.
Michael Burghardt ist Produkt-Manager HVAC/R und W&WW bei Danfoss VLT Antriebstechnik in Offenbach/Main