Konzept für den Austausch älterer I-Umrichter an Groß-Synchronmotoren

Umrichtertechnik: Ein Retrofit kann Wunder wirken

27. Juli 2011, 12:19 Uhr | Andreas Knoll
Diesen Artikel anhören

Fortsetzung des Artikels von Teil 2

»DriveSynch« - das Konzept hinter der Idee

Netz- und Motorinverter eines Frequenzumrichters
Netz- und Motorinverter eines Frequenzumrichters
© Vacon

»Vacon DriveSynch« des finnischen Umrichterherstellers ist ein innovatives Konzept zur Erreichung hoher Antriebsleistungen durch Parallelschaltung kleinerer Standard-Baugruppen. Es eröffnet bei Retrofit-Projekten die Chance, die Motoren beizubehalten, sofern sie noch intakt sind. Nur die Leistungselektronik wird durch moderne Technik ersetzt, weil sie häufig abgekündigt ist und ihre Reparatur entweder unwirtschaftlich erscheint oder manchmal auch gar nicht mehr möglich ist.

Das »DriveSynch«-Konzept ermöglicht durch Parallelschaltung von Standard-Umrichterkomponenten (FU-Module oder Komplett-Schränke) Ausgangsleistungen bis 6 MW im Niederspannungsbereich bis 690 V AC - und im vorliegenden Fall durch eine Sonderlösung mit Step-Up-Transformator bis 990 V.

Die Synchronisation der Module untereinander erfolgt über Glasfaser-Kommunikation. Zur Lastbalance sind ferner Ausgangsfilter vorgesehen. Ansteuern lassen sich sowohl Motoren mit normaler Drehstromwicklung als auch Motoren mit Mehrfachwicklungen und Phasenversatz. Hier werden dann ein oder mehrere Umrichter-Module je Wicklung eingesetzt, und die Phasenverschiebung wird über Parameter eingestellt.

Weil es sich bei dem Retrofit der RWE Gasspeicher GmbH um die Steuerung einer Synchronmaschine handelt, waren einige Herausforderungen zu bewältigen. Synchronmaschinen haben entweder Permanentmagnete im Rotor, oder man speist die Erregung des Motors von außen ein. Bei der Synchronmaschine der Gasspeicheranlage wird die Erregung von extern bürstenlos eingespeist, weil die Maschine in einem explosionsgefährdeten Bereich aufgestellt ist. Nach dem Retrofit ist dafür ein NXP-Umrichter von Vacon zuständig.

Die Motoren haben jeweils eine Spannung von 990 V, die eingesetzten Umrichter aber lediglich eine Spannung von 690 V. »Der Grund dafür ist, dass die Umrichter Massenprodukte 'von der Stange’ sind«, hebt Harf hervor. »Das bietet dem Kunden aber gleichzeitig den Vorteil von Ersatzteilen und ständig verfügbarem Servicepersonal.«

Das Problem der Spannungsdifferenz hat Vacon durch den Einsatz eines Step-Up-Transformators gelöst, der von 690 auf 990 V umsetzt. Vor dem Trafo sitzt ein Sinusfilter, der den Nebeneffekt hat, dass auch die Reflexionsspannung am Motor reduziert wird. Das ist wichtig, weil der Motor im explosionsgefährdeten Bereich steht.

»Abgesehen davon, dass das 'DriveSynch’-Konzept diese Möglichkeit überhaupt erst eröffnet hat, haben die redundant geschalteten U-Umrichter den Leistungsfaktor extrem nach oben gedrückt: Im Volllastpunkt liegt der cos phi bei 0,99, im Teillastbereich bei 0,98«, verdeutlicht Harf. »Demgegenüber gehen die I-Umrichter im Teillastbereich auf bis zu cos phi = 0,25 zurück.« Gegenüber der bisherigen Lösung sei dies ein Quantensprung. »Unser Vorteil ist, dass wir nicht einen einzigen großen Umrichter bauen müssen, sondern modular arbeiten können«, ergänzt Harf.

Eine weitere Besonderheit des Retrofit-Projekts für die RWE Gasspeicher GmbH war, dass der Kolbenkompressor, dessen Mechanik grundsätzlich einer natürlichen Abnutzung unterliegt, wegen der enorm hohen Drücke einer extremen Belastung ausgesetzt ist, gleichzeitig aber die Dichtigkeit absolut gewährleistet sein muss, weil Gas hochexplosiv ist. Die Kontrolle und Montage der Kolbenringe, die für die nötige Dichtigkeit sorgen, wird durch ein Positionieren der Kolben mittels Schleichen (Tippbetrieb) erreicht. Auch das sollte nach dem Retrofit wieder möglich sein. »Wir haben dazu einen Sollwert von nur 0,15 Hertz für das Schleichen - eigentlich ein No-Go bei Step-Up-Transformatoren«, führt Harf aus. »Dies realisieren wir aber ohne weitere Hilfsmaschine.«

Sowohl für die Erregungssteuerung der Synchronmaschine als auch für die Steuerung der vier Hauptantriebsumrichter haben die Software-Entwickler von Vacon eine eigene Software geschrieben.

Anbieter zum Thema

zu Matchmaker+

  1. Umrichtertechnik: Ein Retrofit kann Wunder wirken
  2. Alternatives Konzept von Vacon
  3. »DriveSynch« - das Konzept hinter der Idee
  4. Fazit

Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Servoregler/Frequenzumrichter