Magnetische Version des Tscherenkov-Effekts

Spinwellen für schnelle und leistungsparende Computer

9. Januar 2014, 16:48 Uhr | Heinz Arnold
Spinwellen in einer Permalloy-Schicht von 10 nm Dicke, die durch ein punktförmiges Magnetfelds von 40 mT Stärke entstehen
© Forschungszentrum Jülich

Die magnetische Version des Tscherenkov-Effekts soll Computer schneller rechnen lassen: Physiker vom Forschungszentrum Jülich, vom CNRS in Straßburg und der Universität Shanghai haben diesen Effekt zur Erzeugung von Spinwellen simuliert. Künftig könnten sich Spinwellen mit definierten Frequenzen einfacher als bisher gedacht erzeugen lassen.

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Auf diese Weise könnte künftig der Spin (magnetisches Moment) statt wie heute die Ladung der Elektronen zur Datenverarbeitung genutzt werden. Damit könnten die Computer nicht nur schneller rechnen, sie würden auch weniger Energie als bisher aufnehmen.

Die Computersimulationen zeigen, dass Spinwellen entstehen, wenn ein magnetischer Feldpuls schnell genug an einem magnetischen Material wie Permalloy entlang läuft. »Schnell genug bedeutet, der Puls muss sich schneller bewegen, als sich die Spinwellen im Material ausbreiten können«, erläutert Dr. Attila Kákay vom Jülicher Peter Grünberg Institut.

Die Forscher tauften das neue Phänomen Spin-Tscherenkov-Effekt, in Anlehnung an den bekannten Tscherenkov-Effekt, der auftritt, wenn geladene Teilchen schneller durch Wasser gleiten als das Licht. Dann zeigt sich ein bläuliches Leuchten, die Tscherenkov-Strahlung. Sie entsteht, weil die geladenen Teilchen die Atome des Wassers längs ihrer Flugbahn zu elektrischen Schwingungen anregen und dadurch elektromagnetische Wellen erzeugen. Ähnlich wie bei einem Überschallflug entsteht dabei ein Überlichtkegel.

Beim Spin-Tscherenkov-Effekt entstehen ebenfalls kegelförmige Wellenfronten – allerdings sind sie magnetisch und besitzen eine andere Geometrie: eine Wellenfront läuft dem magnetischen Feldpuls voraus, eine weitere folgt ihm. Die Frequenz der Spinwellen lässt sich durch die Geschwindigkeit einstellen, mit der sich der magnetische Feldpuls bewegt, fanden die Forscher heraus. Dies ist essentiell für eine technische Nutzung.

Die Abbildung zeigt Spinwellen in einer Permalloy-Schicht von 10 nm Dicke. Sie entstehen durch die Bewegung eines punktförmigen Magnetfelds von 40 mT Stärke, vergleichbar mit der Stärke eines handelsüblichen Hufeisenmagnets mit einer Geschwindigkeit von 1180 m/s. Der Magnetfeldpuls und seine Bewegungsrichtung sind durch den gelben Würfel und Pfeil markiert. Die orangene Linie markiert die vordere, die rote Linie die hintere Wellenfront.

Die Forscher glauben, dass es sich beim Tscherenkov-Effekt um ein universelles Phänomen handelt. Nach ihren Berechnungen lässt es sich in ganz unterschiedlich geformten Magneten erzeugen, sowohl in dünnen Streifen als auch in Dünnschichtsystemen, aber auch in Bulkmaterialien. Deshalb erwarten sie, dass experimentelle Belege für den Effekt bald erfolgen werden.


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