RWE will die Kunden mit Smart Home locken. Allerdings ist das doch eher ein proprietäres System…
Nun, proprietäre Konzepte werden ja oft kritisch gesehen, weil sie den Endkunden an einen Anbieter binden. Allerdings kann der Einstieg über proprietäre Systeme in bestimmten, insbesondere frühen Marktphasen auch sinnvoll sein. In solch einer Marktphase befindet sich der Smart-Home-Markt derzeit noch. Allerdings ist davon auszugehen, dass auch RWE sich sehr genau überlegen wird, wann der Zeitpunkt gekommen ist, sich für weitere Partner zu öffnen oder ggf. generell auf ein offenes System umzustellen.
Die Deutsche Telekom hat mit Qivicon ein System vorgestellt, das nach dem Modell von Apple funktionieren soll: die Kunden können sich die Funktionen, des Smart Home, die sie gerade benötigen in einem sogenannten AppStore kaufen. Energieeffizienz ist nur eine derartige Funktion. Wäre das ein Ansatz, der attraktiver auf Kunden wirken könnte, als die bisherigen Systeme?
Mit Qivicon bietet die Telekom zunächst ein offenes Plattformkonzept, auf deren Basis Unternehmen unterschiedlichster Branchen eigene Smart-Home-Angebote lancieren können, auch Unternehmen aus dem Energiesektor.
Neben den durchaus überzeugenden Vorteilen darf jedoch mit Blick auf die Endkundenperspektive nicht unerwähnt bleiben, dass der Kunde trotzdem immer in die vertikale Welt eines Anbieters abtaucht. Letztendlich ist es ähnlich wie beim Handy der neunziger Jahre: Wer die Benutzerführung beispielsweise eines Siemens-Handy gewohnt war, hat sich mit einem Nokia-Handy erst einmal schwer getan und umgekehrt. So könnte die Situation aussehen, wenn der Kunde zwischen den vertikalen Welten springen muss, um seine Smart-Home-Anwendungen zu steuern. Eine anbieterübergreifende Vernetzung von Use Cases zu »Use Story Welten« und deren Steuerung über ein ganzheitliches User Interfaces – ohne zwischen den einzelnen Apps hin und her switchen zu müssen – wird hier zur Herausforderung.
Proprietäre Systeme wie z.B. die von RWE und EON könnten aus diesem Blickwinkel beim Endkunden eher punkten.
Befinden sich die Telekommunikationsunternehmen in einer besseren Ausgangposition als die Stadtwerke, um in dem Smart Home-Markt Fuß zu fassen?
Eine häufig diskutierte Frage: Telcos werden in Bezug auf den Wettbewerb um das Smart Home einerseits Vorteile zugesprochen, denn sie sind im Umgang mit Kundenbedürfnissen und technologiegetriebenen Produktangeboten geübt und punkten auch beim Thema Glaubwürdigkeit. Andererseits werden die Energiedienstleister wohl über einen Smart-Meter-Rollout den Einzug in das Smart Home zwangsläufig leisten müssen und dann ggf. auch intelligente Smart-Home-Konzepte anbieten, während sich die Telcos mit der Frage beschäftigen, ob man lediglich als Enabler oder zukünftig auch als Anbieter von „Smart-Home-Hardware“ auftreten sollte. Wer das Rennen macht, ist heute noch offen. Gewinnen werden jedenfalls eher solche Unternehmen, die ihre Smart-Home-Roadmap an den identifizierten Kundenbedürfnissen spiegeln.