Stadtwerketagung 2014

Gasexperten: Die Gasversorgung ist sicher

26. Mai 2014, 6:56 Uhr | Hagen Lang
Glaubt man den Gasexperten auf der Berliner Stadtwerketagung, wird Deutschland seine Erdgasspeicher (hier von Keymile in Uelzen) trotz Krise nicht brauchen. Die Erdgasversorgung aus Russland sei nicht gefährdet.

Die Abhängigkeit von russischem Erdgas sorgt angesichts der Ukraine-Krise bei vielen für Bauchschmerzen. Auf dem Gas-Talk der Euroforum Stadtwerketagung wurde Entwarnung gegeben: Die deutsche Erdgasversorgung ist sicher.

Diesen Artikel anhören

Was bewegt die Gaswirtschaft, welche Rolle nimmt Erdgas in der Energiepolitik ein, kann die Energiewende ohne Erdgas überhaupt gelingen? Auf diese Fragen suchten Experten der deutschen Gaswirtschaft auf dem Gas-Talk der Euroforum Stadtwerketagung 2014 in Berlin eine Antwort.

22,5 Prozent des deutschen Primärenergieverbrauchs wurden 2013 mit Erdgas gedeckt. Erdgas ist also verglichen mit dem Windkraft- (1,3 Prozent) und Fotovoltaik-Beitrag (0,7 Prozent) ein wirklich systemrelevanter Energieträger, der es aber – Kalamitäten wie die Ukraine-Krise einmal ausgenommen – fast nie in die Schlagzeilen der Presse schafft.

Auf der Stadtwerketagung in Berlin diskutierten neben Jens Apelt, Geschäftsführer der Creos Deutschland GmbH, Betreiber eines 1.700 km langen Gashochdruck-Transportnetzes im Südwesten Deutschlands, Stefan Grützmacher, Vorsitzender der Geschäftsführung des GASAG Berliner Gaswerke AG, Helmut Kusterer, Bereichsleiter Business Development der GVS GasVersorgung Süddeutschland GmbH aus Stuttgart sowie Dr. Ludwig Möhring, Geschäftsführer der BASF/Wintershall-Gazprom-Tochter WINGAS GmbH aus Kassel.

Die Ukraine-Krise dominierte auch die Expertendiskussion, allerdings anders als vermutet. Die Angst vor dem Abdrehen des russischen Gashahnes beschäftige die Öffentlichkeit »zu Unrecht«, versicherte Dr. Ludwig Möhring, Geschäftsführer der WINGAS: »Wir sind nicht abhängig. Wir bekommen Gas aus aller Welt und können mit den Lieferanten auf Augenhöhe verhandeln.«

Das stimmt insofern, als 61 Prozent der deutschen Gasimporte nicht aus Russland stammen. Allerdings blieb unerwähnt, dass für Produzenten die Lieferung von Flüssiggas (Liquid Natural Gas/LNG) per Schiff bei dem sehr niedrigen Erdgaspreis in Europa (20 €/ MWh) nicht sehr attraktriv ist. Erst bei Preisen um 40 €/MWh, würde es für LNG-Produzenten gewinnbringend, dem Pipeline-Gas aus Russland Konkurrenz zu machen. So sagte es jedenfalls kürzlich WINGAS-Geschäftsführer Gerhard König auf dem internationalen Erdgaskongress »Flame« in Amsterdam: »Der Preis müsste um das Doppelte steigen, damit der LNG-Anteil im europäischen Import-Portfolio ansteigt – allerdings ist genügend günstiges Pipelinegas im Markt vorhanden.« Zudem gibt es derzeit nicht ausreichend LNG-Terminals an den Küsten, was die EU allerdings ändern möchte. 

Ergo: Spätestens bei einem LNG-Preis von 40 €/MWh bekommt Europa alles Gas der Welt. Solch eine Entwicklung wolle Russland nicht, so die Meinung auf dem Gas-Talk. Stefan Grützmacher von der Berliner GASAG glaubt, dass die wirtschaftlichen Interessen Russlands in Deutschland und die Verflechtungen zwischen beiden Ländern so groß seien, dass man es nicht zum Bruch kommen lassen werde: »Selbst im kalten Krieg haben die Russen Gas geliefert.«

Wirtschaftlich, so Helmut Kusterer von der GVS Stuttgart, sei die Branche gut aufgestellt. Dr. Ludwig Möhrig bemängelte die Wahrnehmung des Energieträgers Gas durch die Politik, es werde nicht ganzheitlich gedacht: »Wir haben eine Stromwende und keine Energiewende.« Der Wärmemarkt werde bei der Energiewende vergessen, obwohl Erdgas der klimafreundlichste fossile Energieträger und preiswert sei. Dabei seien drei von vier eingebauten neuen Heizungen in Privathaushalten Erdgasheizungen. Dr. Möhring schlussfolgerte: »Gas ist eben nicht sexy wie erneuerbare Energien. Wir sind eher der Brennstoff der Vernunft.«


Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Componeers GmbH

Weitere Artikel zu Energieerzeugung