Die Einspeiseumrichter von Sieb & Meyer speisen wie Photovoltaik-Wechselrichter den erzeugten Strom ins Netz ein, müssen aber zusätzlich auch Steuerungs- und andere Aufgaben erfüllen. Torsten Blankenburg erläutert die speziellen Funktionen der Geräte näher und äußert sich zu den Marktaussichten von KWEA.
Energie & Technik: Zunächst einmal: Wie ist der Begriff KWEA definiert?
Torsten Blankenburg: Unter KWEA versteht man Windenergieanlagen (WEA) mit einer Maximalleistung von etwa 50 kW (maximal 200 qm umstrichene Rotorfläche), wobei die KWEA, die zur Selbstversorgung eines Gehöfts oder Kleinunternehmens dienen, eher im Bereich bis 10 kW angesiedelt sind.
Worin liegen die grundlegenden Unterschiede zwischen Wechselrichtern für PV-Anlagen und Einspeiseumrichtern für KWEA?
PV-Anlagen produzieren Gleichstrom und benötigen daher einen Wechselrichter, der den Gleichstrom für die Netzeinspeisung in Wechselstrom umwandelt. KWEA dagegen haben einen permanent erregten Synchrongenerator, der Drehstrom produziert. Auf diese Besonderheit hat sich der Einspeiseumrichter einzustellen: Er muss zunächst eine Gleichrichtung durchführen, um den Strom letztlich netzkonform, also mit der richtigen Frequenz und Spannung, in das 230-V-Netz einspeisen zu können. Unsere Einspeiseumrichter der Serie »aeocon« haben daher von vornherein einen Gleichrichter integriert.
Ein weiterer Unterschied liegt darin, dass sich die Betriebszustände von KWEA viel schneller und stärker ändern als die von PV-Anlagen – eine Tatsache, auf die KWEA-Einspeiseumrichter vorbereitet sein müssen.
Welche Betriebs-Charakteristika von KWEA sind für die Einspeiseumrichter überhaupt relevant?
Bei PV-Anlagen ist die Eingangsspannung, die auf den Wechselrichter trifft, ziemlich konstant, weil der Wechselrichter einer bestimmten Anzahl von Modulen zugeordnet ist. Wenn die Sonneneinstrahlung zunimmt, verstärkt sich der Stromfluss durch den Umrichter; wenn sie nachlässt, schwächt sich der Stromfluss entsprechend ab. Bei KWEA ist die Ausgangsspannung des Generators von der Drehzahl abhängig: Bei schwachem Wind bleibt die Rotor- und damit Generatordrehzahl niedrig, so dass nur eine geringe Spannung auf den Wechselrichter trifft. Stärkerer Wind bringt natürlich den Rotor und damit den Generator in Schwung, was die Spannung, die auf den Wechselrichter trifft, erhöht. Einspeiseumrichter für KWEA benötigen daher einen viel breiteren Eingangsspannungsbereich als PV-Wechselrichter.
Im Gegensatz zu PV-Wechselrichtern müssen Einspeiseumrichter für KWEA also mit abrupten und heftigen Lastwechseln zurechtkommen, die aus unterschiedlichen Windstärken, Windböen und Luftturbulenzen resultieren. Hinzu kommt, dass die Rotordrehzahl einer KWEA einen bestimmten Wert nicht überschreiten darf, weil sonst eine sichere Betriebsführung nicht mehr gewährleistet ist und die Anlage im ungünstigsten Fall beschädigt wird. Mehr noch: Um aus einer KWEA möglichst viel netzkonformen Strom herauszuholen, ist es nötig, die Anlage in ihrem optimalen Arbeitspunkt zu halten.
Und hier kann der Einspeiseumrichter etwas bewirken?
Ja, er kann diese Aufgabe übernehmen, indem er dynamisch auf wechselnde Windgeschwindigkeiten reagiert und die entsprechenden Betriebszustände regelt. Hierfür benötigt er eine geeignete Steuerungstechnik, die in den KWEA-Einspeiseumrichtern der Serie »aeocon« ab Werk integriert ist.
Wie funktioniert diese Steuerungstechnik?
Jede KWEA hat eine vom Hersteller ermittelte Leistungskennlinie, die aus der maximalen Leistung bei bestimmten Windgeschwindigkeiten resultiert. Aus der Kennlinie ergibt sich, welche Strömungsgeschwindigkeit optimal für den jeweiligen KWEA-Typ ist. Bei den »aeocon«-Einspeiseumrichtern lässt sich die Leistungskennlinie wahlweise parametrieren als Leistung über Ausgangsspannung und Leistung über Ausgangsfrequenz des Generators.
Die integrierte Steuerung hat nun die Aufgabe, die von den Windverhältnissen vorgegebenen Betriebszustände hochdynamisch zu regeln und dabei die parametrierte Kennlinie möglichst präzise abzubilden: Mittels einer integrierten Bremsschaltung mit angeschlossenem externem Ballastwiderstand belastet sie entsprechend dieser Kennlinie den Generator und hält so die Anlage im optimalen Arbeitspunkt. Die Ballastschaltung ist also das Funktionselement, das den Generator gegebenenfalls bremst, damit die Anlage bei Sturm nicht in einen unzulässigen Betriebspunkt kommt.
Die integrierte Anlagensteuerung mit Ballastschaltung ist ebenso ein Alleinstellungsmerkmal der »aeocon«-Einspeiseumrichter wie der eingebaute Gleichrichter. Bei den »aeocon«-Geräten handelt es sich also um die einzigen KWEA-Einspeiseumrichter, die außer der Einspeisung des erzeugten Stroms ins 230-V-Netz auch teilweise die Betriebsführung übernehmen.
Große WEA sind mit Steuerungssystemen für die Rotorblatt- und Gondelverstellung sowie mit Condition-Monitoring-Systemen ausgestattet. Inwieweit ist dies auch bei KWEA der Fall?
Aufwändige Steuerungs- und Condition-Monitoring-Systeme wären für KWEA zu teuer; die Investitionskosten pro kW-Leistung wären einfach zu hoch. Bei großen WEA verstellt die Pitch-Steuerung den Anstellwinkel der Rotorblätter. KWEA dagegen haben in der Regel fest installierte Rotorblätter, die gegebenenfalls bei Überdrehzahl ihren Winkel verändern (Teil des Sicherheitskonzeptes). Für den Notfall gibt es noch andere technische Konzepte. Eines davon ist die Fliehkraftregelung: Sie bewirkt, dass die Rotorblätter bei zu starkem Wind mechanisch aufgrund der Fliehkraft wegklappen. Ein anderes ist die Helikopterstellung, bei der die Gondel ähnlich der Position eines fliegenden Hubschraubers nach hinten wegklappt, was die Angriffsfläche des Windes und damit die Drehzahl erheblich verringert. Manche KWEA haben auch eine Windfahne, die dafür sorgt, dass die Anlage bei Sturm aus dem Wind gedreht wird.
Ist es möglich, mehrere KWEA an einen einzigen Einspeiseumrichter anzuschließen?
Nein. Wegen der Regelungsfunktionen, die die KWEA im optimalen Arbeitspunkt halten sollen, gilt der Grundsatz »ein Einspeiseumrichter für eine KWEA«.