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Smart Grid und Gebäudeautomatisierung zusammenführen

12. November 2012, 16:10 Uhr | Andreas Knoll
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Welches Gebäudeautomatisierungs-Bussystem für welche Anwendung?

BACnet-Kommunikationsmodul von Panasonic Electric Works Europe.
Kompakt gebaut sind die neuen BACnet-Kommunikationsmodule von Panasonic Electric Works Europe.
© Panasonic Electric Works

Im Zentrum der Integration von Gebäudeautomatisierung und Smart Grid steht natürlich die Datenkommunikation, sprich: das Bussystem. In der Gebäudeautomatisierung haben sich andere Bussysteme etabliert als in der Fabrikautomatisierung: Während dort Feldbusse wie Profibus und CANopen sowie diverse Industrial-Ethernet-Systeme dominieren, haben sich in der Gebäudeautomatisierung einige Feldbusse und ein paar spezialisierte Systeme verbreitet. »Jeder der etablierten Feldbusse BACnet, LON und KNX erfüllt in entsprechender Kombination mit Subsystemen wie Dali, SMI oder EnOcean, die für dedizierte Anwendungen eingesetzt werden, die in der Gebäudeautomatisierung vorherrschenden Anforderungen«, hebt Karl-Heinz Sanders hervor. »Ihre Daseinsberechtigung haben alle diese Techniken, sonst hätten sie sich niemals dauerhaft am Markt durchsetzen können. Neben länderspezifischen Präferenzen sind es manchmal nur Nuancen in der Anwendung, die den Ausschlag für das eine oder andere System geben. Oft ist es aber auch einfach die Vorliebe des Planers oder Entscheiders. So oder so: Weil das Wago-I/O-System 750 sowohl feldbusunabhängig als auch modular aufgebaut ist, stehen unseren Kunden bei der Bussystemwahl auf Automatisierungs- und Feldebene viele Möglichkeiten offen.«

Aus Sanders‘ Sicht ermöglichen es die drei von ihm genannten Feldbusse, alle auftretenden Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: »BACnet, LON und KNX sind in der Gebäudeautomatisierung uneingeschränkt einsetzbar, weil mit ihnen sämtliche technischen Anforderungen abgedeckt werden können«, sagt er. »Die zentrale Aufgabe der höchstmöglichen Energieeinsparung lässt sich mit allen drei Systemen integral lösen. Mit zunehmender Vielfalt und Komplexität sind jedoch immer mehr Systemeigenschaften zu beachten. Dies ist nicht per se ein Nachteil, aber zumindest ein wesentlicher Merkmalsunterschied zu den Subbussen, die für dedizierte Anwendungen konzipiert sind. Weil von ihnen keiner alle Aufgaben übernimmt, sind sie wesentlich einfacher zu handhaben.« Letztendlich stelle die richtige Kombination aus Feldbus und Subbussen die Weichen für ein erfolgreiches Projekt.

Hans Symanczik definiert die besonderen Eigenschaften der einzelnen Bussysteme folgendermaßen: »LON und EnOcean sind für die Raumautomatisierung sehr gut geeignet, BACnet hat seine Stärken auf der Automatisierungs- und Management-Ebene«, führt er aus. »Pauschal lässt sich zu Vor- und Nachteilen der verschiedenen Bussysteme eigentlich nichts sagen. Es kommt immer auf die speziellen Anforderungen eines Projekts an. Und hier ist immer die Qualität der Systemintegration entscheidend. Ein guter und erfahrender Systemintegrator kann mit den richtigen Komponenten ein System schaffen, das die jeweiligen Anforderungen optimal erfüllt. Sehr oft sind das dann Systeme, in denen mehrere Bussysteme gleichzeitig eingesetzt werden. Deshalb sind Offenheit, Interoperabilität und einfache Schnittstellen ganz wichtig.« Kieback&Peter engagiere sich in den Organisationen von BACnet, LON und EnOcean, sei aber auf keinen Standard festgelegt.

Thomas Elsner unterscheidet zwei Kommunikationsprinzipien in der Gebäudeautomatisierung: zentrale und dezentrale Kommunikation. »Alle dezentralen Lösungen haben den Vorteil, dass sie leicht zu erweitern sind«, sagt er. »Die Intelligenz steckt hier in den einzelnen Geräten. Weil alle Geräte an einer Busleitung hängen, sind die Kabelstrecken verhältnismäßig kurz. Einige (besonders private) Bauherren scheuen jedoch die hohe Anfangsinvestition für ein dezentrales Bussystem: Leitungen verlegen, teure Geräte und teure Integration. Zentrale Systeme, häufig Insellösungen der Hersteller, sind in solchen Fällen willkommen. Sie sind für einen speziellen Bereich vorgesehen und oft als unkompliziertes Komplettpaket konzipiert.«

Außer der zentralen und dezentralen Kommunikation erwähnt Elsner noch folgende Unterscheidungsmerkmale: »Man kann die Kommunikation über konventionelle Kabel, Twisted-Pair (z.B. KNX) oder über Funk, Powerline oder IP nennen. Und die Systeme lassen sich in weltweite Standards und herstellerspezifische Insellösungen einteilen. All diese Techniken haben ein Einsatzgebiet und eine Daseinsberechtigung. Als Anknüpfungspunkte zwischen den Systemen gibt es außerdem eine Vielzahl von Schnittstellen, die die Systemgrenzen überbrücken.«

Laut Elsner wird schon allein die Energiefrage der Gebäudeautomatisierung Flügel verleihen: »In Zukunft wird die Automatisierung von Gebäuden durch steigende Energiekosten und eingeschränkte Energie-Verfügbarkeit zwingend notwendig werden«, führt er aus. »Daher ist nicht zu erwarten, dass Systeme vom Markt verschwinden. Eher werden noch weitere Systeme und Produkte hinzukommen. Der Zuwachs bei den internationalen Standards wird dabei größer sein als bei Insellösungen. Die Investition in Gebäudetechnik wird sich immer mehr lohnen – schon heute amortisieren sich die Kosten durch eingesparte Energie schneller als bei anderen Maßnahmen.«

Ralf Wohlschläger bringt über die erwähnten Bussysteme hinaus Ethernet ins Spiel: »In großen Gebäuden mit vielen Datenpunkten ist BACnet der Bus, den Panasonic anbietet und den viele Kunden benötigen«, sagt er. »In den meisten Anwendungen ist aber die Anbindung der Gebäude-Module über Ethernet gewünscht. Mit dem ‚FP-Web-Server‘ für die Panasonic-Steuerungen wird das Gebäude-Modul an Ethernet angebunden, und es steht auch ein Webserver zur Verfügung, auf den man mit einem Webbrowser zugreifen kann. Die Kommunikation von System zu System ist damit genauso möglich wie die Kommunikation von Mensch zu System.«


  1. Smart Grid und Gebäudeautomatisierung zusammenführen
  2. Energie-Management in der Gebäudeautomatisierung
  3. Welches Gebäudeautomatisierungs-Bussystem für welche Anwendung?
  4. Eignen sich Fabrik-Bussysteme auch für Gebäude?
  5. Datenübertragung der Zukunft: per Draht oder drahtlos?
  6. Energy Harvesting & Drahtlose Sensornetzwerke
  7. Security in der Gebäudeautomatisierung

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