Ohne Industriekommunikation 4.0 ist die Industrie 4.0 undenkbar

Auf dem Weg zur Industriekommunikation 4.0

3. Dezember 2012, 9:15 Uhr | Klaus-Dieter Walter, SSV Software Systems GmbH
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Existierende Bausteine zusammenfügen

Betrachtet man das soeben beschriebene Zukunftsszenario und beschäftigt sich dann mit der Frage, was der gegenwärtigen industriellen Kommunikation noch fehlt, um solche Aufgaben zu lösen, fällt sofort auf, dass man eigentlich nur das Internet als Vorlage nehmen muss. Dort existieren bereits die meisten Bausteine.

Analysiert man die Grundprinzipen des World Wide Web (WWW) - also den Teil des Internets, der die höchste Nutzerzahl, die größte Anwendungsvielfalt und das mit Abstand größte Datenaufkommen zu verzeichnen hat - stößt man auf einige Bausteine, die in der Industriekommunikation dringend erforderlich sind. Dazu zwei Beispiele:

  • Cloud-Services: Mit Hilfe von Cloud-Diensten können heterogene, vernetzbare Einzelsysteme zu einem Gesamtsystem zusammengeschaltet werden. Eine Service-Plattform im Internet oder auf einem für alle Systeme erreichbaren Server in einem privaten Netzwerk bildet die zentrale Instanz, über die letztendlich die Funktion des Gesamtsystems realisiert wird. Die dezentralen Systeme erzeugen bei Bedarf jeweils eine IP-basierte Verbindung zum betreffenden Cloud-Service, übermitteln ihre Daten und führen durch die Cloud vorgegebene Aktionen aus. Abgesichert wird das Ganze durch TLS (Transport Layer Security) oder einfachere Verschlüsselungsverfahren. Problematisch bei den bisher zur Verfügung stehenden Cloud-Lösungen sind allerdings ungeklärte Sicherheitsfragen und fehlende Standards.
  • Webservices für Embedded-Systeme: In der IT-Welt existieren durch Webservices auf SOAP-Basis echte M2M-Lösungen. Man nennt sie dort allerdings »Serviceorientierte Architekturen« (SOA). In der Industriekommunikation gibt es noch nichts Vergleichbares, das sich in praktischen Anwendungen auch durchgesetzt hat. SOA-Bausteine auf Embedded-Systeme zu übertragen, ist wegen des riesigen Speicher- und Prozessorressourcenbedarfs nicht empfehlenswert. Eine Lösung wären Webservices auf REST-Basis (Representational State Transfer), die sowohl über HTTP als auch über CoAP (Constrained Application Protocol) benutzbar sind. Diesen Ansatz verfolgt zum Beispiel auch die ETSI in ihrem M2M-Framework.


Darüber hinaus fehlt es an geeigneten Funksensoren für den Nahbereich, die als Smarte Objekte einsetzbar sind und möglichst energieautark arbeiten. Cyber-Physical-Systems-Anwendungen benötigen wesentlich mehr Datenpunkte als die Dateninseln der Gegenwart, um brauchbare Informationen zu erzeugen, aus denen dann echtes Wissen wird, das wiederum die Basis für Smarte Systeme bildet. Weiterer Handlungsbedarf besteht beim Aufbau drahtloser Sensornetzwerke. Die Konfiguration eines Nahbereichs-Funknetzes muss so einfach sein wie der erstmalige Internet-Zugriff mit einem neuen Tablet- oder Windows-PC.

Fazit

Der Paradigmenwechsel wäre dann vollzogen, wenn in der industriellen Kommunikation keine Dateninseln mehr existieren und alles mit allem verbunden ist und auch kommunizieren kann. Dafür ist die gleiche Interoperabilität wie im World Wide Web nötig. Herstellerspezifische Hard- und Software darf keine Rolle mehr spielen. Ob sich dieser Zustand erreichen lässt, ist allerdings fraglich. Dagegen sprechen die Gefahren, die von Stuxnet und Co. ausgehen. Wenn Staaten schon Cyberwaffen entwickeln, um die Infrastrukturen anderer Länder damit anzugreifen, wäre die hier skizzierte »Industriekommunikation 4.0« die größte Schwachstelle, die man sich vorstellen kann.

 

Klaus-Dieter Walter ist als Business Development Manager und Mitglied der Geschäftsleitung für die SSV Software Systems GmbH in Hannover tätig.


  1. Auf dem Weg zur Industriekommunikation 4.0
  2. Vernetzte Dateninseln und echte M2M-Kommunikation
  3. Existierende Bausteine zusammenfügen

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