Von der Forschungs- und Entwicklungsphase in die Anwendungen

Energy Harvesting statt Batterien

20. Juli 2010, 9:48 Uhr | Heinz Arnold
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Kein Problem – wenn man´s richtig macht

Armin Anders: »Im Torre Cristal, einem Bürohochhaus mit 52 Stockwerken in Madrid, konnten wir mit unserem drahtlosen Sensornetz, das aus rund 4000 batterielosen Knoten besteht und an das EIB/KNX-Gebäudeautomatisierungssystem angebunden ist, die Energ
Armin Anders: »Im Torre Cristal, einem Bürohochhaus mit 52 Stockwerken in Madrid, konnten wir mit unserem drahtlosen Sensornetz, das aus rund 4000 batterielosen Knoten besteht und an das EIB/KNX-Gebäudeautomatisierungssystem angebunden ist, die Energ

Armin Anders, Mitgründer und VP Product Marketing von EnOcean, kann dem nur ausdrücklich zustimmen. Er sieht sowohl drahtlose Sensornetze als auch Energy Harvesting klar im Aufwind. Das erste Patent auf Energy Harvesting für drahtlose Sensoren von EnOcean – 2001 als Spin-off von Siemens gegründet – geht auf das Jahr 1997 zurück, stammt also noch aus der Siemens-Zeit. 2003 hat EnOcean die erste, 2006 die zweite Generation und Ende 2009 die dritte Generation ihrer Energy Harvester auf den Markt gebracht und hält heute über 40 Patentfamilien. Über 150 OEMs bieten über 450 Geräte an, die mit der Energy-Harevesting und Funktechnik von EnOcean ausgestattet sind.

Das Unternehmen hatte sich ursprünglich auf die Entwicklung von Schaltern spezialisiert, die die Beleuchtung in Gebäuden drahtlose regeln. Jetzt besteht das Angebotsspektrum aus praktisch allen Sensorentypen, die für die Gebäudeautomatisierung erforderlich sind. Dazu zählen Temperatur-, CO2-, Fenster- Licht- und Bewegungssensoren sowie Fenster und Türkontakte. Heute sind bereits weit über 100.000 Gebäude mit der Technik von EnOcean ausgestattet.

EnOcean hat eine eigene Funktechnik entwickelt, weil die Ingenieure überzeugt sind, dass die bestehenden Methoden viel zu viel Energie benötigen. Auf 802.15.4 basierende Übertragungen nehmen laut Anders um den Faktor 30 bis 100 mehr Energie auf als das eigenen System. Die EnOcean Alliance, die bereits über 150 Mitglieder hat, unterstützt dieses System.

Jetzt startet EnOcen die Serienproduktion der dritten Generation ihrer Chips. Das Besondere: Die können bidirektional kommunizieren, es ist also zum ersten Mal möglich, auch Daten zu den Sensorknoten zu senden, um beispielsweise zu bestätigen, dass ein Signal angekommen ist. Außerdem lassen sich die Einstellungen der Sensorknoten, etwa Thermostaten, auf diese Weise einfach ändern. Gegenüber der Vorgängergeneration sind die neuen ICs mit größerem Speicher ausgestattet, so dass die Hardware-Voraussetzungen gegeben sind, um auch Verschlüsselungen durchführen zu können. 

Die Dolphin-Chips enthalten das Power-Management für die Energy-Harvesting-Einheit, den Controller und die Steuerfunktionen sowie die Funkeinheit. Im  Off-Modus nimmt das IC 20 nA auf, im Deep Sleep Timer Mode 200 nA, im Flywheel Power Mode 700 nA, im Short Term Sleep Mode 10 µA, im Standby-Modus 1,4 mA und im CPU-Modus 4 mA. Sendet der Chip, so nimmt er 27 mA auf, beim Empfang 33 mA.

»Die Kunst, einen solchen Chip zu bauen, besteht nicht nur darin, verschiedene Energiespar-Modi zu realisieren, sondern auch sehr schnell zwischen den Modi hin- und herschalten zu können«, erklärt Anders. Erste Anwendungen gibt es bereits: Der Dolphin arbeitet in Thermostaten des Schweizer Anbieters Sauter, und in Heizungsventilsteuerungen des Berliner Herstellers Kieback & Peter.

Was die Energy-Harvester angeht, so setzt EnOcean derzeit auf drei Methoden: das elektrodynamische Verfahren erzeugt die Energie über einen Magneten, der sich in einer Spule bewegt, wenn der Schalter betätigt wird. Zweitens nutzt das Unternehmen kleine Solarzellen mit den Abmessungen 13 x 35 mm. Auf den Sensorknoten sind neben der Solarzelle selber Energiespeicher, Timer, die Signalauswerteelektronik und die Funkeinheit integriert. Ohne Licht kann der Sensor fünf Tage arbeiten.

Drittens hat EnOcean auf dem Peltiereffekt beruhende Harvester entwickelt. »Wir setzen hier auf günstige Standard-Peltier-Elemente, denn solche Systeme dürfen nur wenige Euro kosten, um sich im breiten Markt durchzusetzen«, sagt Armin Anders. Eine Temperaturdifferenz von 2 K reicht aus, um die Energie für den Sensorknoten zu liefern. Anwendungen finden sich beispielsweise in Heizungsventilen. 

Ebenfalls sehr optimistisch beurteilt Joy Weiss, CEO von Dust Networks, die Zukunft von drahtlosen Sensornetzen, die mit Energy Harvesting arbeiten. Die amerikanische Dust Networks hat eine Technik für drahtlose Netze auf Basis von IEEE802.15.34E entwickelt. Time Slotting Channel Hopping (TSCH) ist Bestandteil von WirelessHART. Das SmartMesh arbeitet mit einer Zuverlässigkeit von 99,99 Prozent. Sind die Sensoren mit Batterien ausgestattet, so erreichen sie Lebensdauern von über fünf Jahren. Dust Networks hat laut Joy Weiss bereits Tausende von Netzwerken in über 30 Ländern installiert. Sie arbeiten in der Gebäudeautomatisierung, in Raffinerien, in Chemiebetrieben, in Zügen, in der Stahlproduktion und weiteren unterschiedlichen Bereichen. Joy Weiss nennt als Beispiel Severstal Wheeling, den viertgrößten Stahlhersteller in den USA. Das Unternehmen hat ein drahtloses Sensornetz von Dust Networks installiert, zunächst, um den Wasserfluss in der Produktion zu steuern und Ausfallzeiten zu vermeiden. Von dieser Infrastruktur ausgehend, können Sensoren den Wasserdrucks in der Löschwasserversorgung oder die Verteilung von Schmiermitteln für die Lager der Maschinen überwachen. Diese Sensoren mit Drähten zu verbinden, wäre aus Kostengründen nicht in Frage gekommen. Ein weiteres Beispiel: In der Klimatisierung eines Datencenters spart das drahtlose Sensornetzwerk 459.000 kWh pro Jahr, was die Kosten um 55.000 Dollar pro Jahr senkt. Damit hat sich die Investition schon nach einem Jahr bezahlt gemacht. Die Sensoren lassen sich aber auch in Parkuhren einsetzen, die dann die tatsächliche Parkzeit berechnen. In San Francisco und Los Angeles gibt es bereits derartige Installationen. »Die entsprechenden Standards sind vorhanden, es gibt Firmen, die Produkte verkaufen und es werden sehr schnell noch viel mehr werden«, sagt Joy Weiss. Außerdem wird Dust Networks TSCH um Multichannel Time-of-Flight Ranging ausbauen (TSPT: Time Synchronized Postion Time-of-Flight), um die Position von Sensoren mit einer Genauigkeit von 1 bis 3 m ermitteln zu können.  »Diese kostengünstige Lokalisierung wird die Tür zu einer Vielzahl von ganz neuen Anwendungen öffnen«, sagt Joy Weiss.


  1. Energy Harvesting statt Batterien
  2. Die Hürden
  3. Kein Problem – wenn man´s richtig macht
  4. Drahtlose Sensornetze in Flugzeugen und in der Bahn

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