Die wirkliche Herausforderung hochintegrierter ICs besteht darin, die Integration in reale Produkte wie etwa intelligente Stromzähler umzusetzten. Wie dies gelingen kann, dazu hat Chris Neil, Senior Vice President von Maxim Integrated, einige Ideen.
Höhere Integration - für die Elektronik sicherlich nichts Neues. Neu sind aber immer wieder die Herausforderungen, die sich den Ingenieuren stellen, um höhere Integration tatsächlich umsetzen zu können. Heute geht es vor allem darum, Funktionen zu integrieren, die sich monolithisch kombiniert nicht gut vertragen, allen voran digitale und analoge Funktionen, aber auch Funkeinheiten, das Power-Management und teilweise sogar Sensoren. Zudem soll das Ganze möglichst wenig Leistung aufnehmen, weil die Elektronik für Geräte vorgesehen ist, die ihre Energie sehr häufig aus Batterien oder - künftig wohl mehr und mehr - aus Energy-Harvesting-Einheiten beziehen. Diese Anforderungen stellen heute ganz unterschiedliche Marktsektoren: Vom Smart Metering über Smart Grid zu Gebäude- und Heim-Automatisierung, über die industrielle Automatisierung bis zu hin zu Gesundheitssystemen, Sicherheitssystemen, Fahrzeugen und der Telematik.
Noch ist der Integrationsgrad gerade im analogen Bereich allerdings nicht sehr weit vorangeschritten. »Die Hersteller haben sich auf die Entwicklung analoger Building-Blocks spezialisiert, rund 40.000 dieser Funktionseinheiten bieten die Hersteller und Distributoren heute als eigenständige Chips an«, sagt Chris Neil. Das ist zunächst einmal kein Wunder, gerade weil analoge und digitale Funktionen sich nur schwer kombinieren lassen. Also werden reine analoge Funktionsblöcke auch weiterhin benötigt. Maxim generiert heute immerhin 1 Mrd. Dollar Umsatz - von insgesamt 2,4 Mrd. Dollar - mit diesen Funktionsblöcken. Über lange Zeit galt für die Hersteller analoger ICs: Wer sein Produktspektrum kontinuierlich ausbaut, gewinnt Marktanteile. Maxim habe das erfolgreich praktiziert, ein neues Produkt pro Tag konnte das Unternehmen auf den Markt werfen. Auch andere Hersteller sind diesen Weg gegangen, und über die letzten zehn Jahre konnten die Top-Player ihren Marktanteil verdoppeln.
Wer braucht 80.000 analoge Building Blocks?
Würde man diese Entwicklung in die Zukunft extrapolieren, dann müssten die Distributoren im Jahr 2020 rund 80.000 analoge ICs im Programm führen. Das allerdings hält Neil für unrealistisch. Das angestrebte Wachstum könnte Maxim über diese Schiene nicht mehr generieren: »Wer braucht wirklich 80.000 analoge Building Blocks? Wie sollen sie sich noch differenzieren? Unsere Antwort darauf ist klar: Es wird Zeit umzudenken!« Und das bedeutet: den Integrationsgrad der Produkte zu erhöhen. Wenn aber der Integrationsgrad erhöht werden soll, dann muss immer auch klar sein, für welche Anwendung der Baustein gedacht ist - erst dann können die Ingenieure entscheiden, wie die Funktionen jeweils auf ein spezielles System optimiert werden können: Kommt es eher auf eine hohe Verarbeitungsgeschwindigkeit oder auf eine möglichst geringe Leistungsaufnahme im digitalen Bereich an? Oder sollen die Analogfunktionen auf hohe Genauigkeit optimiert werden? »Solche Fragen lassen sich nur in Hinblick auf die Endanwendung klären«, sagt Chris Neil. »Deshalb entwickeln wir verschiedene Funktionsblöcke, die sich je nach Anforderungen der Endanwendung relativ einfach auf ein einziges Stück Silizium integrieren lassen. Und wir arbeiten sehr eng mit den Kunden zusammen, um uns ein tiefes Systemwissen aufzubauen.«
Hochintegrierte ICs tragen 37 Prozent zum Umsatz bei
Maxim verfolgt diese Strategie schon seit einigen Jahren, wie nicht zuletzt die Einkaufsaktivitäten des Unternehmens zeigen: Längst hat sich Maxim von einem Hersteller analoger ICs zu einem Hersteller gewandelt, der sowohl digitale als auch analoge und Funkeinheiten für verschiedene Endmarktsegmente im Portfolio führt. Seit 2007 - das Jahr, in dem Tunç Doluca den Posten des CEO von seinem Vorgänger und Firmengründer Jack Gifford übernommen hatte - hat Maxim nicht weniger als acht Firmen gekauft. »Und seit 2007 haben wir den Anteil der integrierten Produkte von 18 auf 37 Prozent unseres Umsatzes gesteigert«, sagt Chris Neil. »In absoluten Zahlen ist der Umsatz mit den hochintegrierten Produkten von 360 Mio. Dollar 2007 auf jetzt 900 Mio. Dollar gestiegen.« 55 Prozent der hochintegrierten ICs wandern in Consumer-Geräte wie Handys und Flachbildschirmfernseher.
Doch immerhin 45 Prozent gehen heute schon in die Computer-, Kommunikations- und Industriemärkte. »Beispiele dafür sind Strom- und sonstige Verbrauchszähler, Bankterminals, aber auch Kommunikationseinheiten und Systeme für Autos«, so Neil. Bisher hat sich die Strategie laut Neil ausgezahlt: Seit September 2008 ist der Umsatz von Maxim um 21 Prozent von 501 Mio. auf 605 Mio. Dollar 2012 (zum Juni 2012) gestiegen. »Unser nächster Wettbewerber ist in diesem Zeitraum nur um 6 Prozent gewachsen, insgesamt ist der Umsatz der Hersteller analoger ICs in diesem Zeitraum sogar um 3 Prozent zurückgegangen.«