Aus allen Wolken gefallen
Mancher kommt sich vor, als falle er aus allen Wolken: Nichtsahnend kauft ein Handelsunternehmen weiß leuchtende Leuchtdioden und freut sich auf eine leuchtende Zukunft. Auf einmal aber flattert ein Anwaltsschreiben ins Haus, in dem sinngemäß steht, dass das Handelsunternehmen Produkte in den Verkehr bringt, die das Patent XX des Mandanten YZ verletzen.
Der Anwalt fordert das Unternehmen auf, den Vertrieb einzustellen und Schadenersatz zu leisten. Was tun? Der Angegriffene könnte versucht sein, erst einmal gar nichts zu unternehmen. »Das kann ein folgenschwerer Fehler sein« sagt der Münchner Patentanwalt Josef Beck, der zur Besonnenheit rät. »Der juristische Laie meint, er sei unschuldig, da er die Produkte nicht selber herstellt, sondern nur vertreibt oder verkauft. Darum geht es aber nicht.
Patentverletzungen sind strafbare Handlungen, auch wenn der Verletzer gar nicht weiß, dass er Patente verletzt. Der springende Punkt ist, dass das Patentrecht ein Schutzrecht gewährt, das die Gesellschaft einem Erfinder als Belohnung dafür gewährt, dass er seine Erfindung veröffentlicht. Damit soll die technische Weiterentwicklung gefördert werden. Die Wettbewerber haben den Vorteil, dass sie auf den Erfindungen anderer aufbauen können.
Der Patentinhaber hat den Vorteil, dass er jedem Dritten die Herstellung, den Verkauf und die Werbung für ein Produkt verbieten kann und Schadensersatz fordern kann für Produkte, die sein Patent verletzen. Es wird im geschäftlichen Verkehr erwartet, dass jeder die Patente kennt oder kennen muss. Mit dem Schutz durch das Patent kann der Patentinhaber einen höheren Gewinn erzielen und somit wieder neue Entwicklungen finanzieren. Deshalb kann es nicht geduldet werden, dass sich der Patentverletzer irgendwo, vielleicht sogar im Ausland, verschanzt, seine Produkte an »unschuldige« Abnehmer in Deutschland liefert, die sich dann erfolgreich darauf berufen können, dass sie das Patent doch gar nicht verletzt haben.« Für einen unwissenden Importeur ist diese Auskunft natürlich weder tröstlich noch hilfreich.
Hilfreicher ist schon eher die Auskunft, dass der Importeur seinen Lieferanten in Regress nehmen kann. »Wenn eine verkaufte Sache nicht frei von Rechten Dritter ist, hat sie einen Rechtsmangel« erläutert Dr. Peterreins. »Das hat dann die üblichen Folgen: Nach den zivilrechtlichen Bestimmungen haftet in Deutschland und den meisten europäischen Staaten der Verkäufer für Mängel, die bei Lieferung schon vorliegen. Ob das aber tatsächlich der Fall ist, stellt sich oft erst sehr viel später heraus, weil Patentstreitigkeiten sich über viele Jahre hinziehen können.
Die Rechtslage in Deutschland
Verklagt nun das Handelsunternehmen seinen Lieferanten, bleibt der Ausgang dieses zivilrechtlichen Verfahrens unter Umständen ebenso lang ungewiss. Es kann sogar passieren, dass sowohl der Kläger das Zivilverfahren gewinnt als auch der Angegriffene den Patentstreit. Dann kann der Angegriffene den Kläger auf Restitution des geleisteten Schadenersatzes verklagen.« Das ist die Rechtslage in Deutschland.