Patente: Aus Birnenersatz wird oft ein Zankapfel

10. November 2008, 13:30 Uhr | Wim Ongena, Markt&Technik
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Unschuldig in den Knast?

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In der Praxis wird diese Suppe allerdings nicht ganz so heiß gegessen wie sie gekocht wird, weiß Dr. Peterreins. »Der Patentinhaber wird natürlich immer den möglichen Nutzen gegen den Aufwand und das Streitrisiko und sonstige Nachteile abwägen. Wer zum Beispiel einen Industriekunden verklagt, dürfte sich künftig extrem schwer tun, mit diesem Kunden ins Geschäft zu kommen« beruhigt Peterreins. Das sieht auch Dr. von Zumbusch so: »Dass der Patentinhaber auch Industriekunden angreift, ist nach meiner Erfahrung eher selten, da er ja hier oft mit dem Verletzer in Wettbewerb steht und dieser Industriekunde auch sein eigener aktueller oder potenzieller Kunde ist.« Dennoch sollte niemand sich in trügerische Sicherheit wiegen.

Dr. Peterreins beobachtet zunehmend einen Paradigmenwechsel: »Es ändern sich die Gepflogenheiten; es wird mehr gestritten und geklagt und es empfiehlt sich oft sehr, wenigstens eine zielgerichtete Patentbeobachtung zu machen. Nicht selten ist es sogar ratsam, Einspruch einzulegen, wenn ein Unternehmen befürchten muss, dass ein an die Konkurrenz erteiltes Patent gefährlich werden könnte.«

Gerhard Schröter, Mitinhaber des taiwanisch-deutschen LED-Herstellers Alder, weiß um die Brisanz der Patentstreitigkeiten in der Branche: »Gerade bei weiß leuchtenden HB-LEDs ist die entscheidende Technologie der effizienten Wandlung von Blau- in Gelblicht durch viele Patente geschützt. Wir haben deshalb von vorn herein in Deutschland ein völlig eigenes Verfahren entwickelt, das uns vor solchen Streitereien bewahrt.«

Unschuldig in den Knast?

Sowohl das Patentgesetz (PatG, § 142) als auch das Markengesetz (MarkenG, § 143) bedrohen einen Verletzer mit maximal drei Jahren Freiheitsentzug oder Geldstrafe. Und weil Unkenntnis nicht vor Strafe schützt, steht also jeder, der patent- oder markengeschützte Waren oder Dienstleistungen ohne Zustimmung des Rechteinhabers in den Verkehr bringt, gewissermaßen mit einem Bein im Gefängnis. Wirklich? Dr. Ludwig von Zumbusch kann diejenigen beruhigen, die unwissend ins Kreuzfeuer geraten: »In der Praxis landet jemand, der die Tat fahrlässig begeht, kaum hinter Schwedischen Gardinen.

Die Tat wird meistens nur auf Antrag verfolgt. Die Staatsanwaltschaft wird nur von sich aus aktiv, wenn ein öffentliches Interesse berührt ist.« Ansonsten muss der Schutzrechtinhaber den Verletzer vor Gericht erscheinen lassen. Davon hat er aber wenig: Die ggf. verhängte Geldstrafe kassiert die Staatskasse und dass ein Schutzrechtinhaber es schaffen sollte, einen unliebsamen Konkurrenten hinter Schloss und Riegel zu bringen, wäre eine echte Sensation. Tatsächlich geht es dem Schutzrechtinhaber im wesentlichen ums eigene Geld: Er führt deshalb vor dem Landgericht ein Zivilverfahren auf Schadenersatz und zur Durchsetzung eines Unterlassungsanspruchs; ggf. wehrt er sich auch vor dem Bundespatentgericht gegen eine Nichtigkeitsklage.

Dass die Kontrahenten dann auch noch ein Strafgericht bemühen, ist in der großen Mehrzahl der Fälle schon eher unerwünscht: Die Streitigkeiten kosten Geld und haben wie jeder Rechtsstreit einen ungewissen Ausgang. Die Chancen auf einen Vergleich dürften zudem sinken, wenn eine Partei der anderen mit Knast droht. Schon eher einigt man sich auf die Zahlung einer bestimmten Summe und schließt weitere Rechtsmittel aus.


  1. Patente: Aus Birnenersatz wird oft ein Zankapfel
  2. Oft werden Unschuldige bestraft
  3. Unschuldig in den Knast?
  4. Aus allen Wolken gefallen
  5. Patente: Aus Birnenersatz wird oft ein Zankapfel

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