Resistive Sensoren

Zeit oder Spannung?

8. Dezember 2015, 14:56 Uhr | von Norbert Breyer, Jan Lotichius und Stefan Wagner
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Vergleich von zeit- und spannungsbasierten Auswerteverfahren

Im Rahmen einer Masterarbeit am In­stitut für Elektromechanische Konstruktionen (EMK) der TU Darmstadt wurde eine vergleichende Messunsicherheitsbetrachtung der zeit- und spannungsbasierten Auswerteverfahren für resistive Sensoren durchgeführt. Diese fand auf Grundlage von DIN 13005, einem Leitfaden zur Angabe der Unsicherheit beim Messen („Guide to the expression of uncertainty in measurement“, kurz: GUM), statt. Dazu werden für beide Verfahren Modelle zur analytischen Betrachtung ausgearbeitet. Diese Modelle beinhalten die relevanten Parameter, die einen Einfluss auf die Messung einer relativen Widerstandsänderung r ausüben. Anhand zweier konkreter Hardware-Ausführungen für das zeit- und für das spannungsbasierte Verfahren werden die Modelle verglichen.

  • Für das zeitbasierte Verfahren: Acam PS09, TDC und Komparator.
  • Für das spannungsbasierte Verfahren: Texas Instruments ADS1220, 24-bit-Delta-Sigma-ADC mit programmierbarem Verstärker.

Durch Implementierung der Modelle in Matlab konnten aus den ermittelten Werten die Messunsicherheiten bei unterschiedlichen Temperaturen und Widerstandsänderungen r berechnet werden. Zudem wurden die Parameter identifiziert, die den größten Einfluss auf die Messunsicherheiten der Verfahren ausüben. Anhand dieser Parameter lassen sich Optimierungsmöglichkeiten zur Verringerung der Messunsicherheit ableiten. Die analytische Betrachtung lieferte folgende Ergebnisse:

  • Die Messunsicherheit eines Sensors wird im Wesentlichen vom Primärsensor dominiert.
  • Der ADS1220 liefert bei größeren r präzise Ergebnisse (σ = 0,026 %).
  • Das zeitbasierte Verfahren zeigt im Gegensatz zum spannungsbasierten ein nahezu unabhängiges Verhalten von r und ist somit zur Messung kleiner relativer Widerstandsänderungen besser geeignet.
  • Die Einzelmessungen beim zeit- basierten Verfahren können stark streuen. Durch Mittelwertbildung können jedoch sehr genaue Ergebnisse erreicht werden (0,0036 % Abweichung vom wahren Wert bei 120‑Ω-Messwiderständen).
  • Die Simulationen ergeben bezogen auf die Sensorelektronik eine wesentlich bessere Temperaturstabilität des PS09 gegenüber dem ADS1220.

Zusätzlich wurde die Temperaturkompensation bezüglich des Primärsensors, die sich aus den charakteristischen Eigenschaften beider Verfahren ergibt, betrachtet und verglichen. Der Vergleich zeigt, dass beide Verfahren die gleichen Eigenschaften gegenüber Temperatureinflüssen besitzen. Das zeitbasierte Verfahren hat jedoch bereits bei zwei Messwiderständen eine ebenso hohe Empfindlichkeit wie eine Vollbrücke und weist bei gleicher Empfindlichkeit weniger Linearitätsfehler durch Fertigungsschwankungen der Messwiderstände auf.

Eine interessante Alternative

Die Genauigkeiten von zeit- und spannungsbasierten Verfahren (jeweils als vollintegrierte ICs) sind in etwa vergleichbar. Das zeitbasierte Verfahren weist dabei eine sehr niedrige Temperaturabhängigkeit aus. Es ist äußerst stromsparend und verursacht nur geringe Linearitätsfehler bei Fertigungsschwankungen der Messwiderstände.

Beim zeitbasierten Verfahren ist eine größere Streuung der Einzelmessungen zu beachten. Dies erfordert eine entsprechende Mittelung für genaue Ergebnisse, die in den real existierenden ICs allerdings bereits berücksichtigt ist. Die Zeitmessung mit TDCs kann also eine interessante Alternative zur klassischen A/D-Wandlung sein, insbesondere wenn ein möglichst geringer Schaltungsaufwand und niedrige Stromaufnahme gefordert sind. Unterstützung bei der Implementierung in konkreten Messaufgaben findet man bei Applikationsspezialisten wie Is-Line.

 

Die Autoren

Dipl.-Phys. Norbert Breyer
 

ist seit 16 Jahren bei der Acam-Messelectronic als Sales und Marketing Manager tätig und seit der Übernahme durch die AMS AG Senior Marketing Manager für die Acam-Produkte.
 

norbert.breyer@ams.com


Dipl.-Ing. Jan Lotichius
 
studierte Elektro- und Informationstechnik an der Technischen Universität Darmstadt mit der Vertiefung Mikro- und Feinwerktechnik. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachgebiet Mess- und Sensortechnik derselben Universität und leitet dort die Kompetenzgruppe Elektromechanische Sensorik. Seine Forschungsinteressen liegen in der Modellbeschreibung von resistiven Sensoren und der Kompensation von deren Fehlern.

 

j.lotichius@emk.tu-darmstadt.de


Stefan Wagner M.Sc.
 
studierte Elektro- und Informationstechnik an der Technischen Universität Darmstadt mit der Vertiefung Mikro- und Feinwerktechnik. Nach einem Auslandsaufenthalt sucht er derzeit einen interessanten Berufseinstieg als Entwicklungsingenieur im Bereich der Messtechnik.

wagners.ka@hotmail.com



  1. Zeit oder Spannung?
  2. Zeitbasierte Auswertung resistiver Messungen
  3. Vergleich von zeit- und spannungsbasierten Auswerteverfahren

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