Um eine Messanordnung aufzubauen, benötigt man eine stabile Spannungsquelle. Dies könnte auch eine Batterie sein, da diese kein Rauschen erzeugt. Jedoch ist eine hochgenaue Spannungsquelle die flexiblere Lösung. Die Anforderungen bezüglich Stabilität und geringem Rauschen als auch einem weiten Ausgangsspannungsbereich erfüllen die 4-Quadranten-Netzgeräte B2961A beziehungsweise B2962A von Keysight. Diese Netzgeräte haben einen Ausgangsspannungsbereich von –210 V bis +210 V, bei Ausgangsströmen von einigen nA bis hin zu 3 A. Diese Netzgeräte haben eine außergewöhnlich gute Kurzzeitstabilität und eine sehr gute Isolation des Ausgangs zur Masse. Um eine weitere Verbesserung zu erreichen, können diese Geräte mit einem Ultra-Low-Noise-Filter N1294A-021 (Filter für sehr geringes Rauschen) ausgerüstet werden, wodurch sich der Rauschanteil nochmals um den Faktor 10 reduziert. Diese Netzgeräte können auch als Stromquelle eingesetzt werden.
Die nächste Komponente, die für einen Messaufbau benötigt wird, ist ein Referenzwiderstand wie zum Beispiel der RS9010A von Wekomm. Dieser Referenzwiderstand ist äußerst robust und sehr genau. Der Widerstandswert kann auf 0,1 ppm produktionsseitig kalibriert werden und hat eine Stabilität von 1 ppm/Jahr; die Temperaturdrift liegt unter 0,3 ppm/°C über einen weiten Temperaturbereich.
Zusätzlich zum Referenz-Widerstand benötigt man noch eine Spannungsreferenz und zu deren Verifikation ein Spannungsmessgerät. Das derzeit präziseste Spannungsmessgerät, das auch in vielen Standardlabors weltweit eingesetzt wird, ist das Keysight 3458A. Zusätzlich zu dieser Präzision zeichnet sich dieses Gerät auch durch die Stabilität aus, auch wenn es zwischen zwei Messungen ausgeschaltet oder/und transportiert wird. Die offiziellen Spezifikationen für dieses Gerät weisen eine maximale Drift von 8 ppm/Jahr aus. Kein anderes Gerät bietet bessere Werte. Sorgsam gewartete und kalibrierte Geräte dieses Typs erreichen sogar eine Drift unter 1 ppm/Jahr. Diese Werte machen das 3458A zu einem idealen Transferstandard für die oben aufgeführte Kalibrationsanwendung.
Der Messvorgang
Die Messgeräte benötigen mindestens eine Stunde Aufwärmzeit in dem Raum, in dem die Messungen stattfinden. Ferner sollten die Geräte dann mindestens eine Stunde eingeschaltet sein, bevor mit einer Kalibrationsmessung begonnen wird. Die Wekomm-Widerstände sollten ebenfalls eine Stunde an dem Ort der Messung verweilen, bis sie zum Einsatz kommen. Das DMM 3458A benötigt ca. vier Stunden für ein Warm-up und für die Stabilisierung.
Wenn öfters derartige Referenzmessungen und Kalibrationen durchgeführt werden müssen, ist es von Vorteil, einen kompletten Messplatz einzurichten, wobei die verwendeten Messgeräte permanent eingeschaltet sind. Damit vermeidet man die langen Warm-up-Zeiten.
Zur Messung und Kalibrierung von Spannung benötigt man eine Referenz-Spannungsquelle. Die Referenzspannung sollte in dem Messbereich liegen, in dem auch die Spannung gemessen werden muss. Soll das DUT in allen Messbereichen getestet werden, muss auch die Referenzspannung nachgeführt werden und jeweils mit dem 3458A gemessen werden. Man verbindet hierzu das Keysight 3458A mit dem Netzteil B2961A und stelle die Ausgangsspannung so ein, dass das 3458A genau die Spannung anzeigt, die später gemessen werden soll (Bild 1).
Danach darf das B2961 nicht mehr verändert werden und anstatt des 3458A wird das DUT angeschlossen. Vergleicht man beide Anzeigewerte, kann die Abweichung des DUT vom Referenzwert ausgemacht und für spätere Überprüfungen beziehungsweise Berechnungen dokumentiert werden. Um die Messung nochmals zu überprüfen, kann nun das 3458A nochmals angeschlossen werden – auch dieser Messwert sollte notiert werden. Die beiden Ablesungen des 3458A sollten nicht unterschiedlich sein und wenn, dann nur einen sehr kleinen Unterschied aufweisen. Der Durchschnitt dieser beiden 3458A-Messungen wird dann zur Berechnung der Abweichung des DUT herangezogen.
Die Widerstandskalibration ist deutlich einfacher. Es muss nur der Referenz-Widerstand an das DUT angeschlossen werden und eine Ablesung erfolgen (Bild 2). Wird der Wekomm-Widerstand als Referenz herangezogen, so kann die Ablesung am DUT direkt genutzt werden. Auch hier sollten die Messwerte festgehalten werden. Sollte die Messung mit einem 1‑Ω-Widerstand durchgeführt werden, so ist darauf zu achten, dass eine 4-Draht-Messung erfolgt, um den Eigenwiderstands-Einfluss der Messkabel zu vermeiden. Verfügt das DUT nicht über die Möglichkeit einer 4-Draht-Messung, muss der Einfluss des Messkabels gesondert ausgemessen werden. Dazu verbinde man die beiden freien Enden der Messkabel und warte eine Einschwingzeit ab, um dann den Eigenwiderstand der Kabel am Messgerät abzulesen. Danach wird der Referenzwiderstand mit dem DUT gemessen und vom angezeigten Wert der Widerstand der Kabel subtrahiert.
Für eine Strommessung werden alle drei Messgeräte benötigt. Zunächst muss ein definierter Strom eingestellt werden. Der 1‑Ω-Widerstand wird gleichzeitig als Shunt-Widerstand genutzt, jedoch nur, wenn der Referenzstrom eingestellt wird. Man verbinde die Strom-Eingänge des Widerstandes mit dem Netzgerät B2961A und schalte das Netzgerät auf konstanten Ausgangsstrom.
Dann verbinde man das 3458A mit den Abtast-Eingängen des Referenzwiderstandes; dabei muss das 3458A auf Spannungsmessung eingestellt sein. Nun sollte der Strom der Netzquelle so eingestellt werden, dass die Spannungsmessung dem gewünschten Strom entspricht (Bild 3).
Nachdem der Wert des Referenzwiderstandes bekannt ist, ist damit auch der Strom bestimmt, wenn das 3458A eine Spannung U=RRef I anzeigt. Damit ist sichergestellt, dass genau der Strom fließt, der durch die Gleichung bestimmt wird. Das Netzgerät sollte nun nicht mehr verändert werden, der Messwiderstand sollte abgeklemmt, das DUT dafür angeklemmt werden.
Nachdem der Strom bestimmt ist und durch das DUT fließt, kann die Ablesung am DUT direkt mit dem eingestellten Strom verglichen werden.
Um den Widerstandsmessbereich des 3458A zu verifizieren, kann der Wekomm-Referenzwiderstand verwendet werden. Nach einer Aufwärmzeit sollten folgende Prozeduren am 3458A durchgeführt werden: „ACAL ALL“ oder „ACAL OHMS“. Dies stellt sicher, dass die Drift des Gerätes minimiert wird. Danach sollte dann der Wekomm-Widerstand am 3458A angeschlossen werden; von Vorteil ist, die Verbindung an der Rückseite des 3458A durchzuführen. Den Wert sollte man auch für spätere Vergleiche dokumentieren. Damit kennt man die Abweichung des 3458A. Schaltet man dann auf die frontseitigen Anschlüsse um, an denen der unbekannte Widerstand angeschlossen ist, so lässt sich der Widerstansdswert ablesen und mit der zuvor festgestellten Abweichung verrechnen. Man erhält eine präzise Messung im Genauigkeitsbereich von 1 ppm bis 2 ppm.
Dipl.-Ing. Klaus Höing |
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trat nach dem Studium der Elektrotechnik in Stuttgart 1980 bei Hewlett Packard (später Agilent, jetzt Keysight Technologies), Böblingen, in den Entwicklungsbereich für Messtechnik ein. 1998 wechselte er in den Bereich Computertechnik bei Hewlett Packard als PR-Manager für die deutsche Niederlassung. Seit dem Frühjahr 2012 ist er bei der Firma dataTec in Reutlingen mit PR-Aufgaben betraut. |