Am präzisesten misst ein Leistungsmessgerät mit der breitbandigen Messmethode. Sie differenziert nicht zwischen unterschiedlichen Frequenzen. Dennoch beziehen sich Genauigkeitsangaben immer auf sinusförmige Signale. Die häufig formulierte Frage nach der Messunsicherheit bei einer spezifischen Frequenz lässt sich sehr einfach für verschiedene Bereichsaussteuerungen beantworten, wenn die Nennwerte der Bereiche als Bezug verwendet werden (Tabelle).
Bereichsaussteuerung | Messunsicherheit bei Definition x % Messwert + y % Bereichsnennwert | Messunsicherheit, Zahlenbeispiel 0,01 % Mehrwert + 0,03 % Bereichsnennwert |
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100 % | (x+y) % vom Messwert | 0,04 % (Grundgenauigkeit) |
50 % | (x+2y) % vom Messwert | 0,07 % |
33 % | (x+3y) % vom Messwert | 0,1 % |
25 % | (x+4y) % vom Messwert | 0,13 % |
10 % | (x+10y) % vom Messwert | 0,31 % |
Messunsicherheit des Yokogawa WT3000E bei verschiedenen Bereichsaussteuerungen, Messbereichsnennwert als Bezug.
Hier besteht also ein einfacher Zusammenhang zwischen dem eingestellten Bereich und der Messunsicherheit. Die Grundgenauigkeit ist die Messunsicherheit bei 100 % Bereichsaussteuerung.
Wird stattdessen der Messbereichsendwert als Bezug verwendet, muss man sich zunächst vergewissern, wie groß dieser Wert ist. Abhängig vom Hardware Design kann man keinesfalls davon ausgehen, dass das Verhältnis von Nennwert zu Messbereichsendwert für alle Bereiche gleich ist.
Die Vorteile der Bereichsnennwertdefinition zeigen sich noch deutlicher bei der Betrachtung der Genauigkeitsspezifikationen einer Harmonischenanalyse. Schließlich handelt es sich bei den Ergebnissen einer Harmonischenanalyse prinzipbedingt um Amplituden einzelner Sinusschwingungen mit einem Crestfaktor von 1,414. Hier sind die Effektivwerte und auch die Spitzenwerte immer weit von der Spitzenaussteuerbarkeit der Bereiche entfernt. Auf die Spitzenaussteuerbarkeit bezogene Prozentangaben haben deshalb vor der Umrechnung auf den jeweiligen Messwert praktisch keine Aussagekraft.
Nehmen wir an, der Hersteller eines Leistungsmessgerätes definiert seine Messunsicherheit bei Netzfrequenz mit »0,02 % vom Messwert + 0,01 % vom Messbereich« und verwendet den Messbereichsendwert als Bezug:
Unter diesen Bedingungen beträgt die maximal messbare Wirkleistung 300 V × 1,1 × 2 A × 1,1 = 726 W. Der Messbereichsendwert ist mit 3750 W also ein Mehrfaches des größten durch die Spezifikation abgedeckten Leistungsmesswertes.
Wenn man hier die Prozentangaben »0,02 % vom Messwert + 0,01 % vom Messbereich« zu einer Genauigkeit von 0,03 % addieren würde, wäre dies mathematisch inkorrekt, da die Bezugsgrößen für die Prozentwerte unterschiedlich sind: 0,02 % von 726 W + 0,01 % von 3750 W ergeben nicht 0,03 %!
Rechnet man korrekt, ist die auf den Messwert bezogene Genauigkeit 0,02 % + 0,01 % × (3750/726) = 0,072 %.
Da nirgends vorgeschrieben ist, wie Grundgenauigkeiten zu definieren sind, ist ein Vergleich praktisch nicht möglich. Wirklich aussagekräftig und praxisgerecht sind garantierte Messunsicherheiten, die Ablese- und Bereichskomponente berücksichtigen. Berechnet man Messunsicherheiten auch für Teilaussteuerung, so lässt sich beurteilen, ob Ablese- oder Bereichskomponente dominieren.
Matthias Schöberle |
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ist Business Development Manager Leistungsmesstechnik bei Yokogawa Deutschland. Nach seinem Studium der Nachrichtentechnik hat er seine berufliche Laufbahn bei einem führenden Hersteller von Telekommunikationsmesstechnik begonnen. Seit 2008 gehört er zum Vertriebsteam von Yokogawa. |