Gesundheitspolitik

Berlin muss mehr für die Industrie tun

24. September 2021, 12:40 Uhr | Melanie Ehrhardt
Melanie Ehrhardt, Redakteurin medical design
© Weka

Das Editorial der medical design 3/2021

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Liebe Leserinnen und Leser,

da staunten die Zuschauer und Zuschauerinnen nicht schlecht. Die Ärzte – ihres Zeichens die beste Band der Welt – spielen das Intro der Tagesthemen. Die drei Berliner hatten aber nicht nur ihre Instrumente dabei, sondern auch einen Appell. Der Kulturbetrieb liege wegen Corona brach - viele Künstler und Selbstständige kämpften ums Überleben. Nötig sei mehr Unterstützung der Politik, fordert die Band. »Viele Menschen nehmen Kultur als gegeben hin, als etwas, das einfach immer da ist«, so Sänger und Gitarrist Farin Urlaub. 

Das gleiche kann man »guten Gewissens« auch über medizinische Produkte und Geräte sagen – zumindest in Deutschland. Mir persönlich ist es noch nicht passiert, dass mir im Krankenhaus oder in der Arztpraxis eine Behandlung aufgrund mangelnden Bestandes verwehrt blieb; auch nicht während der Corona-Krise. Es ist ähnlich wie mit der Kultur: Es fällt vielleicht nicht immer auf, dass die Gesundheitsversorgung einen ganzen Unterbau aus kleinen und mittleren Unternehmen braucht. Diese werden jedoch viel zu selten von der Politik wahrgenommen. So erwähnt die Mittelstands-Strategie der aktuellen Bundesregierung die Medizintechnik-Industrie mit keinem Wort. Und selbst wenn es um das derzeit dringlichste Problem – die Bekämpfung der Corona-Krise geht – sitzen weder die Unternehmen noch deren Interessenvertreter mit am Tisch in Berlin. 

Branchenverbände kritisieren das schon lange. In seinem Positionspapier bemängelt beispielsweise der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed), dass Beitrag und Bedürfnisse der MedTech-Branche insbesondere von der Wirtschafts- und Forschungspolitik nur ausschnittsweise wahrgenommen werden. »Die Ressorts Wirtschaft, Forschung und Gesundheit müssen gemeinsam mit dem Deutschen Bundestag und der Branche an einem Strang ziehen«, so BVMed-Geschäftsführer Dr. Marc-Pierre Möll.

Hinzu kommt, dass die Industrie zurzeit doppelt kämpfen muss. Denn seit Mai gilt in der EU die neue Medizinprodukte-Verordnung. Bereits davor warnten Hersteller und Verbände, dass ohne Unterstützung aus Berlin sowohl Existenzen als auch die medizinische Versorgung in Gefahr ist. Einige Hersteller haben bereits angekündigt, ihr Portfolio auszudünnen. Und dann kann es doch passieren, dass mir ein Arzt oder einer Ärztin mitteilen muss, dass eine Behandlung nicht mehr möglich ist. Ja, Hinterher ist man immer schlauer oder wie Farin Urlaub, Bela B und Rodrigo González sagen würden: »Doch dann ist es zu spät, zu spät (zu spät), zu spät (zu spät)«. 

Melanie Ehrhardt
Redakteurin medical design

P.S.: Die gesamte Ausgabe vom 15. September 2021 können Sie hier kostenfrei als ePaper lesen
 


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