Electronic Labeling

Ein sicheres Geschäft

7. August 2018, 15:00 Uhr | Matthias Pruksch (sepp.med)
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Beitrag zur Wertschöpfung

Das Beispiel zeigt sehr anschaulich, dass dadurch auch Kostenvorteile entstehen. Jedoch bleibt unklar, welche Daten zur Wertschöpfung beitragen und in welchem Maße. Nehmen wir die Identifikationsnummer eines Medikamentenbehälters. Welchen Wert hat dieses Datum? Erst einmal keinen. Ergänzen wir weitere Informationen zu einem Kontext: Standort Sydney (Australien), angezeigte Haltbarkeit noch zwei Tage, erste Charge. Welchen Wert hat dieser Kontext an Daten? Meiner Meinung nach immer noch keinen. Erst wenn wir Handlungsoptionen nach Kosten-Nutzen-Analyse betrachten, erhalten wir eine Wertschöpfung. Zur Illustration (die Werte wurden ohne Bezug zu realen Kosten gewählt):

  • Die Verwaltungskosten, Medikamente einer Charge auf ein neues Haltbarkeitsdatum zu setzen, betragen 10.000 €.
  • Ein Medikamentenbehälter einer Charge kostet 100 €.
  • Das Haltbarkeitsdatum kann angehoben werden, sodass zusätzlich N Medikamentenbehälter angewendet werden, anstatt sie entsorgen zu müssen.
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Bild 3. Aufgrund der Nutzung des weltweit verfügbaren Internet können prinzipiell alle Aktivitäten zu jeder Zeit an jedem Ort von jedem Prozessbeteiligten durchgeführt werden.
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Sobald der Wert der N Medikamenten­behälter die Verwaltungskosten übersteigt, lohnt es sich, das Haltbarkeitsdatum anzupassen. Die Wertschöpfung entsteht durch Entscheidungen, die auf Basis der Daten getroffen werden. Die Argumentation gilt sowohl für die zertifizierten Experten als auch im Fall des Smart Labels. Da der Austausch von Daten und die Erstellung der Dokumentation deutlich kostengünstiger sind, lohnt sich das Re-Labeling bereits bei günstigeren Medikamenten und kleineren Chargen. Die Kosten beider Systeme können direkt gegenübergestellt werden.

In beiden Systemen sind Daten im Zusammenhang mit dem Re-Labeling wertvoll. Ein Missbrauch, sprich die unkontrollierte Veränderung der Mindesthaltbarkeitsdaten, kann zu immensen Schäden führen. Der Vorteil elektronischer Labels, die einen kostengünstigen und weitgehend weltweiten Zugang anbieten können, muss entsprechend dem Wert der Daten durch geeignete Schutzmaßnahmen abgesichert werden. Dies beginnt beim Label, das bei Trennungsversuchen vom Medikamentenbehälter zerstört wird, setzt sich bei der Verschlüsselung der Kommunikation fort und beinhaltet Software mit Rollenkonzept, Rechtesystem und der automatischen Dokumentation aller Aktionen in einem Audit-Trail. Wie bisher sind die Schulung aller Mitarbeiter und eine klare Verpflichtungserklärung des Managements notwendige Voraussetzungen. Der Aufwand für den Datenschutz steht damit in einem gesunden Verhältnis zum Schaden bei Missbrauch.

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Bild 4. Im Mittelpunkt datengetriebener Modelle steht der Kunde.
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Die Erhebung und Auswertung der Daten bietet darüber hinaus weiteres Wertschöpfungspotenzial. So lässt sich zum Beispiel über die Anzahl der Medikamentenbehälter, die einem Re-Labeling unterzogen werden, der Verbrauch in den Studien abschätzen. Wird zusätzlich die Anwendung am Patienten registriert und ausgewertet, kann sehr präzise vorhergesagt werden, wann und wo eine Nachlieferung notwendig wird. Ein weiterer möglicher Service mit einem entsprechend weiterentwickelten Label wäre die Protokollierung der Temperatur, um Unterbrechungen der Kühlkette zu überwachen. Gegebenenfalls wird dies noch mit einer Protokollierung des Orts verbunden, um etwaige systema­tische Probleme in der Kühlkette aufdecken zu können.

Datengetriebene Geschäftsmodelle 

Geschäftsmodelle im Internet der Dinge sind im Allgemeinen und beim Electronic Labeling im Besonderen datengetrieben. Die Wertschöpfung entsteht durch Handlungsoptionen. Die kontinuierliche Analyse der gewonnenen Daten führt zu einer kontinuierlichen Weiterentwicklung des Geschäftsmodells. Die Weiterentwicklung wird getrieben durch Innovationen aufgrund der Beobachtung der Kundennutzung oder Entwicklung neuer Serviceangebote (Tabelle 1), durch Effizienzsteigerungen mittels Begrenzung auf die Erhebung der relevanten Daten und Minimierung der Ressourcen zur Verarbeitung dieser Daten und im einfachsten Fall aufgrund der regelmäßigen Überprüfung und Überarbeitung der Datenschutzmaßnahmen aufgrund einer veränderten Gefährdungslage. Wie in Bild 4 dargestellt, sind an der Umsetzung des Geschäftsmodells eine Vielzahl von Spezialisten domänenübergreifend beteiligt.

 

Datengetriebener AnsatzStichworteBeispiel

Information und Kontrolle in Echtzeit

Dashboard, LeitstandVon A nach B: Autobahn, Landstraße oder ÖPV – die schnellste oder die kostengünstigste Lösung?
Auswertung der Historie mit Anwendung auf VorhersagemodellePredictive MaintenanceWann ist der geeignete Zeitpunkt, die Röntgenröhre in einem Computer-Tomographen zu wechseln?
Effiziente Verwaltung von RessourcenShare-Economy, On-DemandBrauche ich wirklich ein eigenes Auto oder teile ich mir lieber die Kosten? Muss das Licht brennen, wenn niemand im Raum ist?

 

Tabelle 1. Geschäftsmodelle im Internet der Dinge sind datengetrieben: Die Wertschöpfung entsteht durch die Gewinnung von Handlungsoptionen auf Basis der vorhandenen Daten.

In diesem Zusammenhang bekommt das Quality Engineering, also die Definition und Durchsetzung der zu erreichenden Qualitäten in den jeweiligen Domänen für eine wirksame Umsetzung des Geschäftsmodells, besondere Wichtigkeit. Es geht darum, während der kontinuierlichen Entwicklung die jeweils angemessene Qualität zu finden. Und dies nicht nur für den Datenschutz, wie oben bereits erwähnt, sondern gleichzeitig auch bezüglich Robustheit, Gebrauchstauglichkeit/User Experience und vielen weiteren Qualitätsmerkmalen. Die Qualität ist geschäftskritisch, da der Ausfall eines Glieds in der Kette die Wertschöpfung stören und im schlimmsten Fall zum Erliegen bringen kann. Unter diesem Aspekt erhält die Qualität beim Datenschutz meines Erachtens die gleiche Relevanz wie die Qualität der Finanzplanung. Letztendlich entscheidet das Kundenvertrauen über den Erfolg.

 

Zuerst gesehen: Dieser Beitrag stammt aus der Medizin+elektronik Nr. 3 vom 14.06.2018.
Hier geht’s zur vollständigen Ausgabe.

 


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