Die Berichterstattung über die Forschungen im Frequenzbereich bis 40 GHz hat sich im vergangenen Jahr verstärkt auf das 28-GHz-Band konzentriert, obwohl noch weitere Frequenzbänder in Frage kommen. Treibende Kraft für die Forschungen rund um 28 GHz sind die US-amerikanische Federal Communications Commission (FCC) und der Mobilfunkanbieter Verizon. Die FCC hat im Juli 2016 weitere Millimeterwellen-Frequenzen für die Nutzung freigegeben und eine Grundlage für zukünftige Regulierungen geschaffen [1]. Das 28-GHz-Band ist dabei eines von drei Frequenzbändern, die in den USA aktuell verfügbar sind [2].
In Bild 4 sind die von der FCC zugewiesenen Frequenzbänder dargestellt. Wie von der RAN4-Arbeitsgruppe vorgeschlagen, haben sich die weltweiten Mobilfunkanbieter, darunter auch die europäischen Mobilfunkanbieter Orange, British Telecom und Telecom Italia, übereinstimmend auf die Nutzung des Frequenzbereichs von 24 bis 28 GHz geeinigt.
Dies scheint zunächst überraschend, da das 28-GHz-Band in Europa aufgrund bestehender Frequenzzuteilungen bis vor Kurzem noch nicht für 5G in Betracht gezogen wurde. Allerdings bieten die niedrigeren Frequenzen in diesem Band Potenzial. Wie zu erwarten, setzen sich die europäischen Mobilfunkanbieter auch für die Zuweisung von Frequenzen im 32-GHz-Band ein.
Verizon hat sich bereits letztes Jahr eine Lizenz für das 28-GHz-Band vom Mobilfunknetzbetreiber XO Communications gesichert und Pläne verkündet, die Frequenz für erste 5G-Netze zu nutzen. Obwohl für Tests in diesem Frequenzband noch keine standardisierte Technik zur Verfügung steht, setzt Verizon auf Hardware, die mittels Software-Updates an die zukünftigen Spezifikationen angepasst werden kann [3]. Auch andere amerikanische Mobilfunknetzbetreiber haben sich auf die Nutzung des 28-GHz-Bandes geeinigt, wobei AT&T und T-Mobile weitere Forschungen und Feldversuche in Zusammenarbeit mit Geräteherstellern angekündigt haben.
2015 hat Verizon das 5G Technical Forum (5GTF) unter Beteiligung von Cisco, Ericsson, Intel, LG, Nokia, Qualcomm und Samsung ins Leben gerufen. Ziel der Arbeitsgruppe ist es, unter Nutzung des mm-Wellen-Spektrums eine Funk-Alternative zu Glasfaseranschlüssen (Fiber to The Home, FTTH) zu entwickeln, den sogenannten Fixed Wireless Access (FWA). Das 5GTF stützt sich dabei weitgehend auf den LTE-Standard und erweitert diesen um Konzepte, die derzeit auch vom 3GPP für 5G untersucht und vorgeschlagen werden.
Dazu gehören die Vergrößerung des Unterträgerabstands um das Fünffache – 75 kHz anstelle von 15 kHz, woraus sich eine 100-MHz-Bandbreite pro Einzelkanal (Component Carrier) ergibt – bei umgekehrt proportionaler Verkleinerung der Symboldauer, um den Timing-Vorgaben von LTE zu entsprechen. Darüber hinaus wurden Steuersignale hinzugefügt und die Bitübertragungsschicht für die digitale Steuerung des Strahlungsprofils der Antenne (Beamforming) und die Vorverschlüsselung (Precoding) erweitert. National Instruments hat im März 2017 auf der IEEE Wireless Communications and Networking Conference (WCNC) in San Francisco einen Prototyp der vom 5GTF entwickelten Funktechnik vorgestellt. Auch wenn es sich hierbei nicht um den ersten Prototyp entsprechend dieser Spezifikation handelte, wurde damit jedoch die Funktionsfähigkeit der Technik zum ersten Mal öffentlich demonstriert.
Verizon ist sich des potenziellen Risikos durchaus bewusst, die mm-Wellen-Technik bereits vor der finalen Standardisierung für 5G einzuführen. Denn ob die letztlich vom 3GPP festgelegten Spezifikationen mit der verwendeten 5G-Technik von Verizon übereinstimmen, wird sich erst noch zeigen. Sollte dies jedoch der Fall sein, hat sich Verizon einen deutlichen Vorsprung im Rennen um 5G gesichert. Wenn nicht, wird das Unternehmen womöglich einen Großteil seiner Hardware austauschen müssen.
5G-Funkschnittstelle: New Radio
New Radio (NR) soll als Funkschnittstelle übergreifend für alle Anwendungsfälle und Frequenzbänder eingesetzt werden. Dazu gehören auch die drei von der ITU definierten Hauptanwendungsbereiche von 5G:
Dafür muss die Bitübertragungsschicht flexibel genug sein, um einen deutlich höheren Datendurchsatz und die Vernetzung des Hundertfachen an Geräten im Rahmen von Narrowband-IoT-Anwendungen (LTE-Cat-NB1) zu unterstützen. Außerdem muss die 5G-Funkschnittstelle u.a. für das zukünftige autonome Fahren die erforderliche Zuverlässigkeit und geringe Latenz bieten. Keine leichte Aufgabe, auch angesichts der Tatsache, dass die für NR vorgeschlagenen Spezifikationen deutlich komplexer als die 5G-Technik von Verizon sind. Einige Aspekte ähneln sich jedoch, wie das Hinzufügen der Steuerung zur Strahlausrichtung. NR wird zudem soweit wie möglich die LTE-Spezifikation nutzen, allerdings mit abweichenden Abtast- und Unterträgerfrequenzen.
Trotz des Hypes um NR und des Bestrebens, den Standard früher als geplant zu finalisieren, wurden bisher relativ wenige Daten zur Leistungsfähigkeit der Spezifikation veröffentlicht. Bei den bisher mit 28 GHz durchgeführten Versuchen ging es in erster Linie um die Charakterisierung des Funkkanals (Channel Sounding) und weniger um die Umsetzbarkeit der NR-Spezifikation. National Instruments hat hierfür ein Prototyping-System entwickelt, mit dem sich Multi-User-MIMO-Verbindungen realisieren lassen. Das System basiert auf dem mmWave-Transceiver-System und nutzt eine flexible Bitübertragungsschicht, die in LabVIEW programmiert wurde.
2018: Ziellinie für 5G
Die Antwort auf die Frage „Was ist 5G?“ wird für Anfang 2018 erwartet. Aufgrund des beschleunigten Zeitplans, der im März 2017 auf der 75. RAN-Plenarsitzung des 3GPP vorgestellt wurde, ist bereits Ende 2017 mit den finalen Spezifikationen der Bitübertragungs- und der unteren Sicherungsschicht (Medium Access Control, MAC) für NR zu rechnen. Für die Festlegung der Frequenzen gibt es zwar keinen festen Zeitrahmen, doch sind viele Mobilfunkanbieter bestrebt, 28-GHz-Technik und -Hardware noch
in diesem Jahr in Feldversuchen einzusetzen.
Südkorea plant die Demonstration seiner vorläufigen 5G-Technik für das zweite Quartal 2018. Zu diesem Zeitpunkt wird der Standardisierungsprozess wahrscheinlich noch nicht vollständig abgeschlossen sein, doch wird sich definitiv ein klareres Bild für 5G abzeichnen. Die Spezifika¬tionen für 5G werden also nicht mehr lange auf sich warten lassen.
Literatur
[1] Notice of Proposed Rulemaking. Federal Communications Commission, FCC 15-138, 22.10.2015, https://apps.fcc.gov/edocs_public/attachmatch/FCC-15-138A1.pdf.
[2] Use of Spectrum Bands Above 24 GHz for Mobile Radio Services. Rule by the Federal Communications Commission, 2017-11335, 6.1.2017, www.federalregister.gov/documents/2017/06/01/2017-
11335/use-of-spectrum-bands-above-24-ghz-for-mobile-radio-services.
[3] Alleven, M.: Verizon files to conduct 28 GHz market trials in 4 states. Fierce Wireless, 14.12.2016, www.fiercewireless.com/tech/verizon-files-to-conduct-28-ghz-market-trials-4-states.
Die Autorin
Sarah Yost
ist als Produktmarketing-Manager bei National Instruments für die mmWellen-Produkte (Hardware) verantwortlich und arbeitet im SDR-Team (Software Defined Radio). Neben den Produktmanagement-Aufgaben konzentriert sie sich auf Marketing-Aktivitäten für 5G-Prototyping und SDR. Yost hat Erfahrung mit USRP (Universal Software Radio Peripheral), aus ihrer Zeit in der Forschung und Entwicklung bei Ettus Research, und in der Mikrowellen- und Millimeterwellentechnik, speziell für die Funkkommunikation. Sie hat Elektrotechnik (BE) an der Texas Tech University studiert.
sarah.yost@ni.com