Drohendes Materialverbot

PTFE und Alternativen für 5G-Anwendungen

15. Mai 2023, 6:00 Uhr | Harry Schubert
In den nächsten zehn Jahren wird die Nachfrage nach HF-Materialien durch den Ausbau der 5G-Netze in den mmWellen-Bändern ansteigen.
© IDTechEx

In der EU und in den USA wird diskutiert, den Einsatz von Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS) zu beschränken. Zu diesen ewigen Chemikalien zählen auch Fluorpolymere wie Polytetrafluorethylen (PTFE), mit günstigen HF-Eigenschaften. Die Auswirkungen auf den Mobilfunk hat IDTechEx analysiert.

Polytetrafluorethylen (PTFE) hat günstige HF-Eigenschaften, eine niedrigere Dielektrizitätskonstante (Dk) und einen niedrigeren Verlustfaktor (DF = tan δ) als die üblicherweise verwendeten verlustarmen duroplastischen Materialien. Deshalb ist es für den Einsatz im mmWellen-Bereich von großem Interesse. PTFE zählt als Fluorpolymer aber auch zur Familie der Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS).

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Droht ein PTFE-Verbot?

PFAS – eine Familie mit tausenden Chemikalien – sind weit verbreitet. Aufgrund der Stärke der Fluor-Kohlenstoff-Bindung gelten sie als „Ewigkeitschemikalien“, die schwer abbaubar sind. Eine Verunreinigung von Grundwasser, Oberflächengewässer und Böden mit PFAS kann häufig festgestellt werden. PFAS reichern sich im Körper an. Einige von ihnen sind für Menschen und Tiere toxisch, sie stehen im Verdacht, Krebs zu verursachen und andere gesundheitsschädigende Auswirkungen zu haben. Bei der Herstellung, der Verwendung in industriellen Prozessen und der Entsorgung gelangen PFAS in die Umwelt und den Wasserkreislauf, was zu einer Exposition führt.

Die Herstellung und Verwendung von PFAS wird zunehmend strenger reguliert. Die Europäische Kommission verbot 2021 die Verwendung von PFAS in mehreren Bereichen, darunter auch in Feuerlöschschäumen. Im Dezember 2022 veröffentlichte die Umweltschutzbehörde der USA (United States Environmental Protection Agency, US EPA) ein Memorandum, das darauf abzielt, die Einleitung von PFAS in Gewässer zu reduzieren. Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) hat im Januar 2023 einen Vorschlag veröffentlicht, um alle Verwendungen von PFAS in der EU bis 2025 zu beschränken.

Die Gesetzgebung zur Regulierung der Verwendung von PFAS wird noch einige Zeit benötigen. Die Beratungen haben erst begonnen, aber bereits jetzt registriert IDTechEx eine große Unsicherheit auf dem Markt. In Anbetracht der aktuellen und geplanten Beschränkungen wollen einige Unternehmen ihre Abhängigkeit von PFAS verringern. Als bemerkenswerten Akteur in diesem Bereich erwähnt IDTechEx 3M. Das Unternehmen hat im Dezember 2022 angekündigt, die Produktion einzustellen und daran zu arbeiten, die Verwendung von PFAS bis 2025 zu beenden.

Alternativen zu PTFE

Für seinen Bericht „Verlustarme Materialien für 5G und 6G 2023-2033“ (Bild 1) konnte IDTechEx ermitteln, dass PTFE-Laminate einen Verlustfaktor aufweisen, der im Durchschnitt sechsmal geringer ist als bei Laminaten auf Epoxidbasis. PTFE bietet außerdem stabile dielektrische Eigenschaften über einen weiten Frequenz- und Temperaturbereich sowie eine hohe Wärme- und Korrosionsbeständigkeit. Aus diesen Gründen evaluieren viele Unternehmen die Verwendung von PTFE, das von Herstellern wie Rogers, Taconic und Shengyi Technology (Sytech) angeboten wird, für mmWellen-Basisstationen und 5G-Endgeräte.

PTFE hat jedoch auch einige Nachteile, wie höhere Kosten und Schwierigkeiten bei der Herstellung. Hinzu kommt nun die angekündigte Regulierung und ein drohendes Verbot von PFAS.

Alternative HF-Materialien zu PTFE

Titelseite des Berichts: „Verlustarme Materialien für 5G und 6G 2023-2033“ von IDTechEx.
© IDTechEx
Aufteilung von HF-Materialien
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Verwendung von HF-Materialien
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IDTechEx geht dennoch davon aus, dass Unternehmen bereits jetzt schon potenzielle Alternativen für PTFE für den Einsatz in mmWellen-Mobilfunkgeräten in Betracht ziehen. In seinem Bericht „Verlustarme Materialien für 5G und 6G 2023-2033“ werden mehrere Materialalternativen erörtert und ihre dielektrische Leistungsfähigkeit und die mechanischen Eigenschaften sowie die Lieferanten und die Marktdurchdringung untersucht. Darunter:

  • Laminate auf Kohlenwasserstoffbasis
    Laminate auf Kohlenwasserstoffbasis haben eine niedrige passive Intermodulation (PIM), die zu niedrigem Rauschen und einem hohen Signal-Rausch-Verhältnis beiträgt. Ein Vorteil gegenüber PTFE, das eine schlechte PIM-Stabilität im Laufe der Zeit aufweist. Außerdem sind Kohlenwasserstoffe mit herkömmlichen Leiterplattenmaterialien kompatibel, so dass sie zur Bildung eines Verbundlaminats verwendet werden können. Und schließlich werden sie zu niedrigeren Kosten als PTFE angeboten. Allerdings haben Laminate auf Kohlenwasserstoffbasis oft einen hohen Füllstoffgehalt, weshalb sie schwieriger zu verarbeiten sind, und ihre dielektrischen Eigenschaften sind bei moderaten Betriebstemperaturen weniger stabil als die von PTFE.
  • Polyphenylenether (PPE) und Polphenylenoxid (PPO)
    PPO und PPE sind Hochtemperatur-Thermoplaste, die als dielektrisches Material in Leiterplatten für zahlreiche Märkte, einschließlich der Telekommunikation, verwendet werden. Sie bieten eine ähnliche – wenn auch etwas höhere – Dielektrizitätskonstante und einen ähnlichen Verlustfaktor im Vergleich zu PTFE, sind jedoch weniger umweltschädlich und kostengünstiger als PTFE. PPO/PPE haben jedoch eine höhere Feuchtigkeitsaufnahme als PTFE. Noch wichtiger ist, dass ihr Verlustfaktor mit steigender Betriebsfrequenz zunimmt, und zwar stärker als der Verlustfaktor von PTFE. Diese mangelnde Stabilität des Verlustfaktors bei höheren Frequenzen kann für bestimmte Anwendungen problematisch sein.
  • Niedertemperaturkeramik (LTCC, Low Temperature Cofired Ceramics)
    LTCC bezieht sich auf Keramiken mit einer Sintertemperatur unter 1000 °C. Aus Sicht der Materialeigenschaften bieten LTCC einen niedrigen Verlustfaktor, der ideal für den Einsatz im 5G-mmWellen-Bereich ist, eine hohe Isolationsfestigkeit und einen niedrigen Wärmeausdehnungskoeffizienten, der für die Herstellung relevant ist. LTCC ermöglich zudem auch das Einbetten von Komponenten. Solche LTCC-Gehäuse sind klein, sie eignen sich für den Bau kompakter 5G-Geräte. Allerdings haben LTCC auch Nachteile: eine höhere Dielektrizitätskonstante, einen komplexen Herstellungsprozess und höhere Kosten.

Marktprognose für verlustarme HF-Materialien für 5G und 6G

Im Bericht „Verlustarme Materialien für 5G und 6G 2023-2033“ analysieren die drei Autoren Sona Dadhania, Dr. James Edmondson und Dr. Yu-Han Chang von IDTechEx, die technische Entwicklung, Markttrends und das Wachstum des Marktes für verlustarme HF-Materialien für den 5G- und 6G-Mobilfunk – einschließlich der neuen Materialien, die aktuell erforscht werden. IDTechEx prognostiziert, dass der Umsatz mit HF-Materialien für 5G auf 1,8 Mrd. US-Dollar im Jahr 2033 steigen wird. Im Bericht wird die Flächennachfrage nach verlustarmen HF-Materialien für 5G nach Frequenz (unter 6 GHz vs. mmWellen), sechs Materialtypen und drei Anwendungsbereichen (Smartphones, Infrastruktur und CPEs) segmentiert wird, um sechzig verschiedene Prognoselinien zu erstellen.


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