In welchen Bereichen spielen die rein kontaktlosen ICs eine Rolle?
Hier muss zwischen hochsicheren und objektbezogenen Anwendungen unterschieden werden. Bei letzteren handelt es sich um Speicher-basierende Anwendungen mit niedrigen Sicherheitsstandards wie etwa elektronischen Tickets. Anwendungen, die höhere bis hohe Sicherheitsstandards erfüllen müssen und damit Mikrocontroller benötigen, werden für biometrische Reisepässe sowie elektronische Bankenkarten verwendet. Der künftige elektronische Personalausweis in Deutschland wird übrigens rein kontaktlos – mit der Ausgabe wird für das vierte Quartal 2010 gerechnet.
Eine ebenfalls kontaktlose Schnittstelle mit geringer Reichweite ist NFC (Near Field Communication): Welche Aktivitäten seitens Infineon gibt es hier?
Wir arbeiten bei der Standardisierung im NFC-Forum und bei ETSI SCP mit und werden demnächst einen 32-bit-NFC-Mikrocontroller auf den Markt bringen. Muster eines SIM-Mikrocontrollers, der das standardisierte NFC-Hardware-Interface (SWP) unterstützt, sind verfügbar. Alle SIM-Kartenhersteller arbeiten an SIM-Karten für NFC-Applikationen, doch als derzeit einziger Hersteller entwickeln wir gerade einen SIM-Card-Controller, der neben den »ISO 14443 Typ A, B«-Schnittstellen auch den Mifare-Classic- Algorithmus unterstützt, so dass er in einer Vielzahl von existierenden Anwendungen wie etwa Transport eingesetzt werden kann.
Dieses Produkt wurde auf dem MWC in Barcelona in einer NFC-Demo von Gemalto verwendet. Außerdem stellen wir für das NFC-Ökosystem kontaktlose Memories (NFC-Tags) und kontaktlose Chipkartencontroller bereit. Für klassische Dual-Interface-Karten für Payment- oder ID-Anwendungen ist NFC übrigens keine Konkurrenz, ganz im Gegenteil werden sich wegen der Kompatibilität der Infrastruktur die Anwendungen gegenseitig positiv beeinflussen.
Stichwort Interfaces: Ist hier auf absehbare Zeit von der Branche und entsprechenden Standardisierungsgremien alles erledigt oder gibt es noch Abstimmungsbedarf?
Was die Standardisierung von Schnittstellen betrifft, ist die Chipkartenbranche noch lange nicht am Ziel – besonders vor dem Hintergrund der speicherintensiven Anwendungen im Handy. Das High-Speed-Interface zwischen SIM und Handset ist bereits standardisiert und wird ab 2010 in Handsets integriert sein. Es realisiert eine Geschwindigkeit von 12 MBit/s und basiert auf dem USB-Protokoll. Derzeit wird im Rahmen der Standardisierung an höheren Übertragsraten gearbeitet, wir erwarten aber in den nächsten fünf Jahren keine signifikante Bedeutung. Das NFC-Interface ist weitgehend standardisiert, Interoperabilitätstests sind angelaufen, so dass es wohl noch 2009 in Handsets kommen wird.
Im Bereich der kontaktlosen Interfaces wird an der Erhöhung der Datenraten gearbeitet, die bestehende Geschwindigkeit von 848 KBit/s soll auf 7 bis 8 MBit/s erhöht werden - etwa für Anwendungen in den Bereichen Gesundheit oder Goverment-ID. Bei der M2M-Kommunikation (Machine-to-Machine) werden weitere Gehäuseformen standardisiert. Bestrebungen gibt es auch, für M2M spezifische Qualitätsprofile zu standardisieren.