Kritiker, die bemängeln, dass der Zusammenschluss wegen der vielen überlappenden Produktlinien wenig sinnvoll sei, versteht Trowbridge nicht. Natürlich gebe es Überlappungen, gerade im Bereich der MCUs, das relativiere sich aber, wenn man genauer hinschaue: So sei Renesas stark im Bereich der Smartcard-ICs, NEC Electronics ist in diesem Markt gar nicht vertreten. Während Renesas einen Schwerpunkt auf 16-Bit-Controller gelegt hat, ist NEC Electronics im 32-Bit-Bereich stark. NEC Electronics ist stark im Netzwerkbereich, Renesas im Bereich der Handys. Auch was die Kundenstruktur betreffe, gebe es keine großen Überschneidungen.
Außerdem erklärt Trowbridge: »Es ergeben sich stärkere Synergien, wenn zwei Firmen, die sich zusammenschließen, zuvor ähnliche Produkte entwickelt und vermarktet haben.« Und schließlich zeige ja auch der Zusammenschluss von Renesas, dass Größe in der Halbleiterindustrie wichtig ist. Nur so haben die Firmen die Ressourcen, um weiter am Rennen um die neusten Prozesstechniken mithalten zu können.
Renesas arbeitet auf diesem Gebiet mit Panasonic zusammen, ein 32-nm-Prozess sei schon weitgehend abgeschlossen. Gemeinsam einen 22-nm-Prozess zu entwickeln, wäre kein Problem. NEC Electronics hatte den 45-nm-Prozess mit Toshiba und Sony entwickelt. Dann ist Sony aus der Kooperation ausgestiegen und Toshiba hat sich der IBM-Allianz angeschlossen. Für den 32-nm-Prozess haben die NEC Corperation und NEC Electronics auf Basis der Ergebnisse des Mirai-Projects einen 32-nm-Prozess entwickelt.
Was Trowbridge ebenfalls optimistisch stimmt: Große Kunden hätten auf die Nachricht bereits positiv reagiert. Sie gehen davon aus, dass das neue Unternehmen über eine solide finanzielle Struktur verfüge. Gegenwärtig schauten sich die Kunden die finanzielle Situation ihrer Zulieferer sehr genau an, insbesondere derjenigen, die in Besitz von Private-Equity-Unternehmen sind.
Der Zusammenschluss von Renesas und NEC Electronics sei auch unter diesem Aspekt die richtige Antwort. Wie wird sich die Halbleiterindustrie in Japan weiterentwickeln? Sicherlich werden die Firmen weiter Fertigungen auslagern, also in Richtung »fablight« marschieren. Die Ankündigung von Fujitsu, die Fertigung zu TSMC zu transferieren, hat dies erst vor kurzem wieder gezeigt. Auch Renesas lässt übrigens einen Teil der Fertigung – rund 10 Prozent – von TSMC produzieren.
Der Konsolidierungsprozess wird laut Trowbridge weiter voranschreiten. Außerdem werden die Unternehmen weiter daran arbeiten, sich die Kosten und Risiken der Prozessentwicklung zu teilen. Nicht zuletzt sind die japanischen Unternehmen erst recht gezwungen, sich noch mehr auf die Anforderungen des globalen Marktes auszurichten. Wird das auch dafür sorgen, dass der japanische Markt für Anbieter aus dem Ausland offener wird?
Japan habe sich schon geöffnet, antwortet Trowbridge. So sei es für einen japanischen Anbieter von Automotive-ICs genauso schwer oder leicht, seine Produkte an europäische Automobilhersteller zu verkaufen wie umgekehrt. Und noch eine Frage zum Schluss: Aus der Ankündigung zum Merger geht nicht eindeutig hervor, wer wen übernimmt. Oder soll es ein Merger unter Gleichen werden? »Diese Frage lässt sich wohl erst beantworten, wenn die Details geklärt sind«, antwortet Trowbridge.
Auf dem Weg zum Merger
Falls die Absichtserklärung, NEC Electronics und Renesas zusammenzuführen, wie vorgesehen zur Bildung des neuen Unternehmens am 1. April 2010 führt, wird der drittgrößte Halbleiterhersteller der Welt entstehen, der sich auf drei Produktgruppen konzentriert: MCUs, SoCs und diskrete Bauelemente.
Die NEC Corporation (sie hält 70 Prozent der stimmberechtigten Anteile an NEC Electronics) sowie Hitachi und Mitsubishi, die Mutterunternehmen von Renesas, haben den Verhandlungen zugestimmt. Bis das neue Unternehmen gegründet ist, werden NEC Electronics und Renesas weiterhin unabhängig auf dem Markt auftreten und ihre Geschäfte fortführen.