»Personalabbau ist ein echter Werteverlust«

23. Juni 2009, 11:08 Uhr | Mathias Bloch, elektroniknet.de
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

»Personalabbau ist ein echter Werteverlust«

Auf der ISS in Dresden hatten Sie Statistiken über die Kosten wie Lohn und Energie in anderen Ländern vorgestellt. Deutschland kam dabei nicht so gut weg. Was spricht denn aus Ihrer Sicht noch für diesen Standort?

In Deutschland gibt es immer noch eine recht gute Infrastruktur und gute Ingenieure. Das, was wir als X-FAB machen, kann man nicht so leicht kopieren oder automatisieren. Aber das Ganze muss auch mit vernünftigen Kosten stattfinden. Nun sind die Kosten für die Maschinen und deren Betrieb in der Halbleiterfertigung ja anteilig immer noch am höchsten. Wenn jetzt in Asien neue Projekte mit bis zu 100 Prozent der Primär-Investition gefördert werden, dann ist das schon ein Problem für den Standort hier.

Das Schlimme daran ist, dass diese Förderquoten dann über niedrige Preise weitergereicht werden. Zum Beispiel gibt es Firmen, die trotz hoher Förderung über viele Jahre hinweg keinen Gewinn erwirtschaftet haben, und gegen so etwas müssen Sie dann mit einem normalen Wirtschaftsmodell antreten. Das ist kein normaler Wettbewerb. Da entscheiden nicht die Unternehmen, sondern die jeweiligen Staaten, was für sie systemrelevant ist. In Deutschland oder Europa kann ich solche Aktivitäten im Moment nicht erkennen.

Was schlagen Sie vor?

Es wäre zum Beispiel hilfreich, wenn man bei den Energiekosten in Deutschland, die in Asien oder Amerika um die Hälfte niedriger sind, nicht noch zusätzlich draufzahlt, in Form von Steuern und EEG-Abgaben (Erneuerbare-Energien-Gesetz). Es ist für mich unverständlich, dass man bei den niedrigen Margen in der Halbleiterindustrie noch die hohen Profite in der Solarbranche zahlen muss.

Die Regierungen sollten etwas gegen Dumping-Preise tun und sich auf Regelungen der Wirtschaftsförderung einigen. Außerdem würde es schon sehr helfen, wenn die Unternehmen nicht noch zusätzlich belastet würden, zum Beispiel durch Abgaben und Bürokratie.

Die Solarbranche ist aber auf Subventionen angewiesen.

Die Halbleiterbranche kämpft gegen Verluste, die Solarindustrie hatte hohe Profite. Ich bin der Meinung, es würde auch mit nur 10 Prozent Gewinnmarge gehen. Trotzdem bleibt X-FAB dabei, dass man in Deutschland auch Halbleiterfertigung machen kann. Man muss sich aber fragen, ob dieses Ungleichgewicht weiter bestehen soll. Da ist die Frage, ob die Halbleiter-Fertigung als wirtschaftspolitisch wichtig angesehen wird.

Unternehmen Sie da persönlich etwas?

Ich bin kein Wirtschaftspolitiker, aber wir diskutieren das gerade intern. Es steht die Frage im Raum, ob jemand in der Politik der Meinung ist, dass wir eine Halbleiterindustrie brauchen. Das wäre auch aus strategischen Gründen mal ganz interessant für uns zu wissen. Wir haben schließlich zwei deutsche Fertigungsstandorte, Erfurt und Dresden.

Aus Sicht des Steuerzahlers betrachtet ist das so: Wenn die Halbleiterfertigung bei den deutschen oder europäischen Politikern keine Rolle spielt, dann braucht man Forschung & Entwicklung auf diesem Gebiet auch nicht mehr zu unterstützen. Für das Ausland muss man in Deutschland nicht staatlich geförderte Forschung & Entwicklung betreiben.

Der sächsische Ministerpräsident zum Beispiel, setzt sich auch auf EU-Ebene für die Halbleiterfertigung ein.

Ich sage ja nicht, dass es keiner macht, aber es sollte systematischer gemacht werden. Als Beispiel kann man die Speicher-Industrie nehmen. Die ist irgendwann aus dem staatlichen Fokus geraten. International hingegen hat man sie sehr stark unterstützt. Aus eigener Kraft konnte die deutsche Speicher-Industrie da nicht mehr mithalten, obwohl Fördergelder geflossen sind, aber eben nicht konsequent genug. Allerdings muss man sagen, dass sich dieses Problem erst in diesem Jahrzehnt verschärft hat. Die heutigen Speicherpreise sind so niedrig, da können Sie nie im Leben ein Werk bauen und wieder erwirtschaften. Ohne gigantische Förderung braucht man in diesem Bereich gar nicht zu investieren.

Warum setzt Ihrer Meinung nach Asien stärker als Europa auf die Halbleiterindustrie?

Ich behaupte mal, dass sich im Umfeld einer Halbleiterindustrie Systeme und Elektronik-Produkte viel besser entwickeln können. Umgedreht heißt das, wenn man die Halbleiterindustrie nicht hat, dann ist die Entwicklung von elektronischen Produkten und Systemen viel schwieriger. Wenn wir in Deutschland gar keine Halbleiterindustrie mehr hätten, dann würde die gesamte Wertschöpfungskette nach oben abnehmen. Das würde dann die elektronischen Systeme vom Maschinenbau bis zum Auto erreichen, also all das, was momentan wettbewerbsfähig ist.

Am Beispiel von X-FAB kann ich sagen, dass wir mit Fabless-Firmen zusammenarbeiten, die Sensoren entwickeln, die dann wieder andere Branchen wie Medizin oder Biotechnologie antreiben. Das heißt, ohne uns wäre das deutlich schwieriger. Wenn ich Wirtschaftsminister wäre, dann würde ich auf keinen Fall auf eine Halbleiterproduktion verzichten.


  1. »Personalabbau ist ein echter Werteverlust«
  2. Das kann man aber nur dann machen, wenn man genügend Mittel hat.
  3. »Personalabbau ist ein echter Werteverlust«

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