Zur aktuellen Marktverteilung zwischen Automotive- und Consumer-Electronics-Anwendungen nennt Jérémie Bouchaud, Principal Analyst MEMS, bei iSuppli, konkrete Zahlen. Nach seiner Darstellung rangiert Automotive mit einem Umsatzvolumen von rund 1,4 Mrd. Dollar derzeit hinter Druckköpfen und Microspiegeln (DLP-Technik) auf Rang drei. Nur noch knapp dahinter rangiert der Bereich Consumer Electronics bereits auf Platz 4.
Seine Einschätzung, dass die Consumer Electronics das Automotive-Segment umsatztechnisch in den nächsten drei bis vier Jahren überholen werden, teilen alle Diskussionsteilnehmer. Bouchaud verweist aber auch darauf, dass die technischen Voraussetzungen für den Siegeszug der MEMS im Consumer-Electronics-Bereich eigentlich auch schon zehn Jahren gegeben waren. »Analog Devices hat Beschleunigungssensoren, wie sie heute in der Wii zum Einsatz kommen, schon 1998 an Nintendo und Microsoft verkauft«, erläutert er, »aber es gab damals noch keine Anwendung für diese Produkte, die Software für die betreffenden Spiele musste erst noch entwickelt werden«. Dirk Enderlein, Geschäftsführer der HL-Planartechnik nennt noch einen anderen, entscheidenden Grund für den zeitverzögerten Siegeszug der MEMS im Consumer-Electronics-Bereich: »Inzwischen ist es gelungen die magische 1-Dollar-Grenze für diese Bauteile zu unterschreiten«, hebt er hervor, »mit MEMS im Sub-Dollar-Bereich haben die Marketing-Leute im Konsumerbereich auch die Möglichkeit diese Komponenten in ihre Produkte einzusetzen«.
Für Leopold Beer, Director Marketing, Bosch Sensortec, markiert das Jahr 2005 den Beginn des Booms in der Konsumerbranche. Wie Bouchaud betont auch er die Wichtigkeit von Vorzeigeprodukten wie der Wii oder auch dem iPhone: »Durch solche Produkte nehmen auch die Konsumenten wahr, dass es da auf einmal eine Komponente gibt, die plötzlich eine Art von Bedienung erlaubt, die zuvor nicht möglich war«. Bouchaud weist auch hier wieder darauf hin, dass es bereits seit 2003 Versuche gegeben hat, Beschleunigungssensoren in Handys zu integrieren, »es hat aber eine Weile gedauert, bis die Endgerätehersteller die richtigen Funktionen und Features ausgewählt hatten, die sich mit diesen Bauteilen realisieren lassen«.
Apple war dann eben der erste Hersteller, der sein Mobiltelefon konsequent um diese Displayfunktion herum aufgebaut hat. Dr. van Geelen, zeigt am Beispiel Handy auf, welches Potenzial für den MEMS-Einsatz sich allein in dieser einen Konsumeranwendung verbirgt. Weltweit, werden derzeit jährlich etwa 1 Mrd. Handys verkauft. »Es gehen allein 1 bis 1,5 Mrd. MEMS-basierte Filter in diese Applikation«, stellt er fest, »in Zukunft werden neue Applikationen wie Software Defined Radio oder auch MEMS-Displays dazukommen«. »In den nächsten fünf Jahren könnten sich so allein für Handy-Applikationen ein MEMS-Marktvolumen von 2,5 bis 3 Mrd. Euro entwickeln«, rechnet er vor.
Der rapide wachsende weltweite Bedarf, stellt die MEMS-Branche vor die Frage selbst in neue Produktionskapazitäten zu investieren, oder sich für Foundry-Konzepte zu entscheiden. Während sich eine Reihe von Herstellern für den Ausbau der eigenen Produktionskapazitäten entschieden hat, wurde unter den Diskussionsteilnehmern intensiv darüber diskutiert, ob das Beispiel von Analog Devices, das in Zukunft TSMC als Foundry-Partner für seine Consumer-Electronics-MEMS nutzen wird Schule machen könnte.
Der spezielle Reiz, mit einer Foundry zusammenzuarbeiten, besteht im MEMS-Bereich auch darin, dass bislang die wenigsten Hersteller über eine 8-Zoll-Linie verfügen. In diesem Zusammenhang stellt sich natürlich die Frage, wird sich die Möglichkeit, auf 8 Zoll zu fertigen, in Zukunft zu einem Selektionskriterium bei der Auswahl der MEMS-Lieferanten entwickeln?
Es muss kein K.O.-Kriterium sein, meint Geitner, »es dürfte aber außer Zweifel stehen, dass die Preise für Beschleunigungs- und Drehratensensoren in Zukunft von denjenigen vorgegeben werden, die über eine entsprechende Fertigungsmaschinerie verfügen«. Nach seiner Einschätzung wird es auch in Zukunft durchaus Raum für Produkte geben, die auf kleineren Durchmessern gefertigt werden, »aber das Produkt, das auf einer 6-Zoll-Linie gefertigt wird, muss dann eben auch den Mehrpreis, der dafür zu erstatten ist tragen«.