Einfach und Schnell

IO-Link steigert Gesamtanlageneffektivität

22. November 2011, 10:30 Uhr | Von Dr. Jens Hilgert
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Potentiale von IO-Link zur Steigerung der GAE

Die GAE als Messinstrument, mit dem der Verlust einer Anlage aufgezeigt werden kann, bestimmt sich durch die drei Verlustbereiche Verfügbarkeit, Leistung und Qualität. Gemäß des Managementsystems der Total-Productive-Maintenance (TPM) unterteilen sich die Verlustbereiche im Bereich Verfügbarkeitverlust weiter in Störungen und Wartezeit, beim Leistungsverlust in Kurzstillstände und reduzierte Geschwindigkeit sowie im Bereich Qualitätsverlust in Ausschuss und Nacharbeit. Basierend auf der dargestellten Spezifikation von IO-Link können die jeweiligen Beiträge zur Steigerung der GAE, bezogen auf die jeweiligen Verlustbereiche, wie folgt zusammengefasst werden:

Diagnosefähigkeit: IO-Link eröffnet ohne proprietäre Schnittstellen den Zugriff auf die Prozess- und Feldgeräte. Moderne Diagnose-Tools haben damit die Möglichkeit, eine Analyse der möglichen Fehlerursachen durchzuführen und damit schnell den Fehler zu finden. Die Diagnosefähigkeit von IO-Link trägt folglich zur Verbesserung der Verfügbarkeit bei, indem Störungen reduziert werden können, die als wesentliche Ursache für Verlust an Produktionszeit zu sehen sind. Ebenso wird durch die Diagnosefähigkeit Leistungsverlust in Form von Kurzstillständen vermieden bzw. reduziert, da sich Fehler schneller identifizieren und beheben lassen.

Geringerer Verkabelungsaufwand = geringeres Fehlerrisiko: Bislang entstanden durch die Parallelverdrahtung konventioneller binärer Sensoren komplexe Kabelbäume. IO-Link bietet hier durch die Signalübertragung über eine einfache dreiadrige Leitung eine erheblich einfachere Anbindung. Signale lassen sich innerhalb der Anlage zusammenfassen und mit Mehrfach-Eingängen steckfertig über einen IO-Link-Anschluss per IO-Link-Master an die nächste Kommunikationsebene weiterleiten, womit auch das Fehlerrisiko sinkt und der Verfügbarkeitsfaktor der Anlage steigt.

Parametrisierung und schneller Austausch im Servicefall: Mithilfe zentral hinterlegter Parameterdaten pro IO-Link-Slave kann im Servicefall der Slave zügig parametrisiert werden und zum Einsatz kommen. Dieser Vorgang lässt sich zusätzlich automatisieren. Hiermit lassen sich unnötige Wartezeiten bis auf ein Minimum reduzieren und der Verfügbarkeitsfaktor der Anlage entsprechend steigern. Weiterhin reduzieren mittels zentral hinterlegter Parameterdaten fehlerfrei konfigurierte Sensoren und Aktoren den Ausschuss der Produktionsanlage und erhöhen damit zusätzlich den Qualitätsfaktor.

Rückwärtskompatibilität: Aufgrund der oben genannten drei Modi ist IO-Link gänzlich rückwärtskompatibel mit bestehenden Anbindungen von Sensoren und Aktoren. Daher können ohne Beeinträchtigung der Anlagenverfügbarkeit existierende analoge oder digitale Sensoren und Aktoren durch IO-Link-fähige Gegenstücke ersetzt werden. Ebenso können Cluster von IO-Link-fähigen Komponenten gebildet werden, die als Funktionseinheiten arbeiten.

Implementierungen einfach und schnell

Wie eingangs beschrieben, liegt ein wesentlicher Vorteil von IO-Link in der einfachen Integration in bestehende und zukünftige Systeme. Eine funktional und räumlich integrierte Lösung zur Anbindung an ein IO-Link-Netzwerk bietet die neue Produktfamilie von Renesas Electronics, die in Zusammenarbeit mit den Partnerunternehmen ELMOS Semiconductor und TMG-Karlsruhe entwickelt wurde. Das Ziel dieser neuen Generation von IO-Link-Chips ist die einfache und interoperable Lösung für die Sensor/Aktor- und die Steuerungsseite. Die Produktfamilie besteht sowohl aus einer integrierten Lösung für die Slave-Seite als auch einer skalierbaren Lösung für die Master-Seite.

Um die unkomplizierte Einbindung in bestehende Systeme zu ermöglichen, ist die physikalische Schnittstelle von IO-Link bewusst einfach gehalten worden. Im Detail enthält die Spezifikation allerdings eine Anzahl elektrischer Parameter, die die Implementierung mit diskreten Bauteilen aufwendig machen. Die aktuelle Spezifikation definiert u.a. Funktionalität, wie Über- und Unterspannungsschutz, Verpolungsschutz, Überstromabschaltung, Temperaturüberwachung und Versorgung des Sensors von der Leitungsseite. Eine entsprechende Umsetzung der genannten Funktionen würde bei diskretem Aufbau bis zu 60 Bauteile umfassen.

Referenzdesign einer 2-kanaligen IO-Link-Slave-Applikation
Bild 3. Referenzdesign einer 2-kanaligen IO-Link-Slave-Applikation.
© Renesas

Betrachtet man die typischen räumlichen Abmessungen von IO-Link-Slave-Anwendungen, steht typischerweise nur ein sehr begrenzter Platz auf der Leiterkarte zur Verfügung. Die Lösung von Renesas Electronics erfüllt die Anforderungen der aktuellen IO-Link-Spezifikation in einer inte-grierten Lösung, mit entsprechenden Vorteilen hinsichtlich Platzbedarf und Kosten. Bild 3 zeigt ein Referenzdesign für eine 2-kanalige IO-Link-Applikation. Das Referenzdesign basiert auf dem neuen IO-Link-Slave-Mikrocontroller aus der IO-Link-Produktfamilie. Der IO-Link-Slave-Mikrocon-troller erlaubt eine funktional und räumlich integrierte IO-Link-Lösung auf einem 6-mm- x 30-mm-PCB. Für das dargestellte Referenzdesign sind die Designinformationen und ein verifizierter IO-Link-Software-Stack verfügbar. Somit können existierende Sensoren mit IO-Link-Funktionalität ausgestattet werden, ohne einen großen Kosteneinfluss und ohne die existierenden Sensor-Hardware modifizieren zu müssen. Auch aus Sicht der Produktqualität bietet eine integrierte Lösung den signifikanten Vorteil, dass die Gesamtfunktionalität bereits herstellerseitig getestet und damit sichergestellt wird.

Ebenfalls in Zusammenarbeit mit seinen Partnerunternehmen ELMOS Semiconductor und TMG-Karlsruhe hat Renesas Electronics einen 2-Kanal-IO-Link-Baustein für IO-Link-Master-Anwendungen entwickelt. Die IO-Link-Lösung enthält einen 16-bit-Mikrocontroller auf der Basis einer 78K0R-CPU, der zusammen mit einem 2-Kanal-IO-Link-Transceiver von ELMOS eingesetzt wird. Die Master-Lösung vereint erstmals einen 2-Kanal-Master-Transceiver mit einem auf einer 78K0R-CPU laufenden Master-Software-Stack. Der interne Daten-Flash der Master-Chips ermöglicht dabei die Entwicklung von Anwendungen gemäß der aktuellen Revision 1.1 der IO-Link-Spezifikation.

Referenzdesign einer IO-Link-Master-Applikation.
Bild 4. Referenzdesign einer IO-Link-Master-Applikation.
© Renesas

Wie in Bild 4 dargestellt, lässt sich damit der Platzbedarf auf der Leiterplatte erheblich verringern. Das skalierbare Konzept ermöglicht eine Lösung mit bis zu 32 IO-Link-Kanälen, wenn man mehrere IO-Link-Master-Chips über ein einziges SPI-basiertes Summenprotokoll miteinander kombiniert. Der von TMG-Karlsruhe entwickelte Master-Software-Stack ist eine zusätzliche Lösung zum Standard-TMG-Master-Stack und Parameterserver, welcher speziell für die Skalierbarkeit über SPI optimiert wurde.

Entwickler können einen zusätz-lichen Mikrocontroller als Upper-Layer-Baustein über das UART-Protokoll anschließen. Der Vorteil liegt hierbei in der Entlastung der mit dem Master verbundenen Stack-Funktionen durch einen zentralen Controller, welcher normalerweise die Anwendungssoftware, z. B. eines I/O-Moduls oder einer I/O-Box sowie im Uplink-Protokoll etwa für Profinet oder Ethernet-IP, ausführt. Auch bei der Master-Lösung werden die zusätzlichen Funktionen, wie beispielsweise Wake-up-Generierung, Über- und Unterspannungsschutz, Temperaturüberwachung und Watchdog-Überwachung, im Baustein integriert.

Um in Zukunft die weltweite Nutzung der IO-Link-Technologie weiter zu unterstützen, wird IO-Link derzeit als IEC 61131-9 standardisiert. Die IEC 61131-9 selbst ist Teil einer Serie von Standards für speicherprogrammierbare Steuerungen und deren zugehörige Peripherie. In der IEC 61131-9 wird die IO-Link-Technologie als Single-Drop-Digital-Communication-Interface (SDCI)-Technologie bezeichnet.

 

Der Autor

Dr.-Ing. Jens Hilgert
ist Assistant Manager für Sensors & Drives im Segment Marketing der Industrial Business Unit bei Renesas Electronics. Zuvor war er bei NEC Electronics Teil des Systems-Engineering des Geschäftsbereiches Automotive. Hilgert studierte Elektrotechnik an der Universität Duisburg und hat dort im Fach Mechatronik promoviert.

E-Mail: Jens.Hilgert@renesas.com



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