Interview mit Freescale-CEO Beyer

»Freescale, Infineon und ST Microelectronics haben von dem Erdbeben in Japan profitiert«

23. Juni 2011, 2:56 Uhr | Frank Riemenschneider
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Interview Teil 3

Bei Ihrer Keynote hier auf dem FTF haben Sie angekündigt, dass bald mehr Tablets als PCs verkauft werden und Freescale nachvollziehbar an diesem Kuchen partizipieren will. Leider warten in dem Haifischbecken der mobilen Geräte schon Wettbewerber wie Qualcomm, TI, Marvell, Nvidia und andere auf Sie. Was ist essentiell, um da nicht gefressen zu werden?

Wir springen nicht in den Pool. Wir steigen nicht in das Geschäft mit Applikationsprozessoren für Handys ein und wir gehen nicht für jeden Preis in ein Tablet rein – wir wollen nicht mit Snapdragon oder Tegra konkurrieren, dass passt nicht zu unserer DNA. Wir wollen den Kunden einen echten Mehrwert bringen, d.h. eine integrierte Lösung mit Applikationsprozessor, Power-Management und Sensoren. Wir können durch unsere vielfältigen Produkte helfen, dass ein Kunde schneller am Markt sein kann als wenn er überall seine Chips zusammenkaufen muss.

Sie wollen also als Lösungsanbieter und nicht nur als Chip-Lieferant in Erscheinung treten?

Genau so ist es.

2009 hatten wir in der Chip-Industrie die schlimmste Krise überhaupt, im Jahr 2010 erzielte sie ein Wachstum von fast 40 Prozent. Müssen wir uns darauf einstellen, dass die bekannten Zyklen durch ein unvorhersehbares Marktgeschehen ersetzt werden?

Nein, das denke ich nicht. Wir werden jetzt wieder in die normalen Zyklen reinlaufen. Angebot und Nachfrage werden alle 18-24 Monaten zu den bekannten Zyklen führen. Davon abgesehen hat die ganze Industrie aus den letzten 2 Jahren gelernt, um mit Marktveränderungen besser fertig zu werden als 2009 und 2010.

In Asien unterstützen ja viele Länder wie Korea, China oder Taiwan ihre Chip-Hersteller z.T. mit massiven Subventionen. Würden Sie wie Ihr Kollege Paul Otellini von Intel auch mal gerne mit Präsident Obama essen gehen, um mehr Unterstützung einzufordern?

Was wir uns wünschen, sind zwei Dinge: Wir wollen ständige Steuererleichterungen für F&E, derzeit ist das immer auf 1 oder 2 Jahre beschränkt und wir wissen nicht, wie es danach aussieht. Desweiteren hätten wir gerne eine andere Steuerstruktur, wir zahlen hier 36 %...

...wie wir auch in Deutschland…

…ja, aber nicht in Korea, nicht in China und nicht in Taiwan. Wir wollen gleiche Bedingungen für alle, die beiden genannten Sachen würden es uns einfacher machen, auch zukünftig Arbeitsplätze in den USA oder Europa zu schaffen.

Was sehen Sie neben den Mobilgeräten in 2012 als größten Wachstumsmarkt?

Klar den Automobilmarkt, nicht nur wegen der prognostizierten Anzahl der verkauften Autos, sondern auch deswegen, weil immer mehr Chips in den Autos verbaut werden. Für uns zeichnet sich daneben ein riesiges Wachstum im Industriemarkt ab, das durch unsere MCU-Familie Kinetis getrieben wird. Diese ist extrem erfolgreich. S08 (Anm.: 8-bit-MCU von Freescale), S12 (Anm.: 16-bit-MCU von Freescale) und ColdFire wachsen moderat, aber Kinetis ist extrem erfolgreich.

Sie arbeiten ja extrem viel und Sie reisen auch sehr oft zu Ihren Kunden, wie können Sie dabei noch Privatleben genießen und Ihr Golf-Handicap verbessern?

(lacht) Zuerst, ich reise sehr gerne. Ich nehme auch relativ oft meine Frau mit, und ich habe ja zu Anfang meiner Karriere 2 Jahre in Wien und 1 Jahr in London gelebt, und daher ist Reisen nach Europa für mich eher eine Freude als Arbeit, ich genieße es, in Deutschland, Italien oder Frankreich zu sein. Desweiteren liebe ich es auch, zu arbeiten, das ist für mich kein negativer Streß. Wenn ich z.B. mit meiner Familie in den Urlaub fahre, stehe ich im Gegensatz zu ihnen früh auf, arbeite für eine oder 1,5 Stunden oder 2 Stunden und dann verbringen wir den Tag zusammen und abends lese ich dann noch E-Mails oder tätige ein paar Anrufe. So versuche ich, Arbeit und Privatleben auszubalancieren.


  1. »Freescale, Infineon und ST Microelectronics haben von dem Erdbeben in Japan profitiert«
  2. Interview Teil 2
  3. Interview Teil 3

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