Interview mit Freescale-CEO Beyer

»Freescale, Infineon und ST Microelectronics haben von dem Erdbeben in Japan profitiert«

23. Juni 2011, 2:56 Uhr | Frank Riemenschneider
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Interview Teil 2

Wenn ich mit Freescale-Mitarbeitern spreche, sagen die meisten, Rich Beyer hat die DNA von Freescale verändert. Was sind die größten Veränderungen, die Sie an Freescale vorgenommen haben, und wir würden Sie die DNA heute beschreiben?

Für mich ist der Kunde wichtig, unglaublich wichtig. Diese Sicht hat sich mittlerweile in der ganzen Organisation verbreitet. Das nächste ist das Einhalten von Commitments. Das ist wichtig für uns intern und für den Kunden. Jeder Mitarbeiter weiß jetzt, dass er selbst für die Einhaltung seiner Commitments verantwortlich ist. Wenn er sagt, ich liefere in 2 Wochen, dann muß er in 2 Wochen liefern, nicht in 2 Wochen und einem Tag. Er muß auch immer offen sein für den Kunden. Wenn ein Kunde sagt, ich will mit Rich Beyer sprechen, dann spricht er mit Rich Beyer. Ich hatte einen Fall vor einem Monat, da rief ein Kunde an und sagte, wir haben ein Problem, Ihr CEO ist morgen früh am Telefon um 7 Uhr morgens. Er fragte nicht, ob ich überhaupt Zeit hätte. Er sagte einfach, Rich Beyer ist morgen früh am Telefon. Am nächsten Morgen war ich also um 7 Uhr am Telefon. Damit lebe ich der Organisation vor, was Kundenorientiertheit für mich bedeutet.

Im Automobilgeschäft denke ich, dass Sie sehr glücklich sind, dass Ihr größter Kunde GM die Finanzkrise überlebt hat und Sie 2010 auch noch Marktanteile gewinnen konnten. Nichtsdestotz herrscht ein brutaler Preisdruck, wie wollen Sie da Ihre Profitabilität erhöhen?

Erstmal: Wir verdienen Geld, ich wünschte mir, das wäre überall so. Wir müssen Wege finden, die Kosten für unsere Kunden zu reduzieren, ohne dabei unsere Preise senken zu müssen. Das heisst, mehr Funktionalität, die die Kunden brauchen, in unsere Produkte integrieren, ohne dabei unsere Kosten zu steigern – durch besseres Design und Fertigungstechnik. Das heisst, der Kunde bekommt einen höheren Wert geliefert, anstatt immer nur den Preis drücken zu müssen. Was wir zum Glück erreicht haben mit unseren Kunden ist eine partnerschaftliche Zusammenarbeit, bei der wir gemeinsam überlegen, wie wir die Kosten senken können.

Was ich nicht verstehe, ist die Tatsache, dass Sie neben ihrer ARM-basierten Mikrocontroller-Familie Kinetis auch noch in ihre proprietäre ColdFire-Familie investieren, die ja objektiv keinerlei technischen Vorteil gegenüber Kinetis bietet – weder was die Rechenleistung, noch was die Leistungsaufnahme noch irgendetwas anderes angeht. Ich sage ja nicht, Sie sollen sie abkündigen, dazu haben Sie zu viele Kunden, aber immer noch Geld in F&E stecken? Warum werfen Sie da Geld zum Fenster raus? Die Industrie will doch ohnehin mehr und mehr Standards!

Sehen Sie, wir setzen mit MCUs 2 Mrd. Dollar um. Eine kleine Firma kann sich sicher nicht 2 Linien leisten, wir können es. Wir müssen ja Lizenzgebühren und Royalities an ARM zahlen, das müssen wir bei ColdFire nicht. Und aus Sicht unserer Kunden haben sie die Auswahl: Es ist doch besser, wenn Sie als Kunden Alternativen haben. Nicht alle Kunden wollen auf ARM wechseln, viele wollen, aber nicht alle. Lassen Sie doch den Kunden entscheiden!


  1. »Freescale, Infineon und ST Microelectronics haben von dem Erdbeben in Japan profitiert«
  2. Interview Teil 2
  3. Interview Teil 3

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