Und die Preise steigen! Einige Marktbeobachter gehen davon aus, dass sich jetzt die Situation für die DRAM-Hersteller zum Positiven drehen wird. Die Marktbereinigung setzt sich wohl dennoch fort.
Die Krise auf dem Speichermarkt scheint ein Ende zu finden. Seit knapp eineinhalb Jahren kämpfen die Lieferanten mit einem massiven Preisverfall. Das Jahr 2008 hat – im negativen Sinne – vieles Dagewesene für die Hersteller bei Weitem übertroffen. Nach vielen verlustreichen Quartalen sind namhafte Lieferanten – nicht nur Qimonda! – nur noch bedingt handlungsfähig. Die Ursache war ein Überangebot am Markt, das die Preise immer tiefer rutschen ließ.
Laut Peter Westerdorf, Senior Manager Sales und Marketing von Elpida, gab es dafür auch einen Auslöser: »Die Hersteller setzten ernorme Hoffnungen in das Betriebssystem Windows Vista.« Einerseits hatte die Branche die Fertigungskapazitäten enorm erhöht, andererseits blieb die Nachfrage nach Speichern hinter den Erwartungen zurück. Was folgte, waren etliche Quartale, in denen die DRAM-Hersteller gängige Speicherchips zu Preisen verkauften, die unter den Produktionskosten lagen. »Das Schlimmste haben wir wohl hinter uns. Zwar liegt das nicht an einem sprunghaften Anstieg der Nachfrage«, sagt Peter Westerdorf, »aber das Überangebot am Markt nimmt endlich ab.«
Ähnlich sieht das auch Karl Hardt, Director Sales und Marketing von Hynix: »Die Lager bereinigen sich.« Und das kommt nicht von ungefähr: Einerseits fehlen die Produkte von Qimonda am Markt (mittlerweile hat man das Insolvenzverfahren für die Qimonda AG und für Qimonda Dresden eröffnet), anderseits produzieren auch einige DRAM-Hersteller aus Taiwan nur noch auf Sparflamme, weil sie vor massiven finanziellen Problemen stehen, weshalb auch aus diesem Markt weniger Ware kommt. Weil die taiwanischen Anbieter vor allem auch den Spot- Markt bedienen, zeigen sich hier die ersten Anzeichen in Form von steigenden Preisen, oftmals ein Indikator für langfristige Verträge.
Berücksichtigt man die gedrosselten Fertigungskapazitäten der gesamten Branche, sind heute schätzungsweise 25 bis 30 Prozent weniger Bausteine am Markt als noch 2008. »Die Zeiten, zu denen die Preise auf dem mittlerweile gewohnt tiefen Niveau bleiben, sind gezählt «, sagt Tommaso Randò, Vice President Sales OEM EMA der Schweizer Swissbit AG, einem führenden Hersteller von Speichermodulen. »Die Erfahrung hat uns gelehrt, dass eine Erholung des Marktes oft zu einem sprunghaften Anstieg der Preise führt.«
Auch die Lieferzeiten könnten durchaus in die Höhe schnellen. »Zudem wird es für die DRAM-Hersteller heute schwierig sein, den richtigen Produkt-Mix zwischen DDR2 und DDR3 vorauszusehen, der mit einer dreimonatigen Vorlaufzeit bestimmt werden muss. Wird der Mix zu Gunsten von DDR3 gelegt, kann es zu gegebener Zeit zu einer Verknappung kommen.«
Allokation – Ja oder Nein?
Thorsten Wronski, Vorstand der Memphis AG, hält sogar eine massive Allokation am Speichermarkt für ein durchaus realistisches Szenario: »Wir raten unseren Kunden bereits seit einiger Zeit, sich langfristig einzudecken! DDR1-Chips sind bereits heute knapp, und die gängigen DDR2-Speicher könnten demnächst folgen. Erste Kunden sind sensibilisiert.« Was aber erwarten die Hersteller? Dass die Speicher-IC-Preise auf ein Niveau klettern, das den Herstellern zumindest die kostendeckende Fertigung erlaubt, war bis jetzt nur eine vage Hoffnung.
»Natürlich ist eine Allokation möglich, weil die Fertigungskapazitäten drastisch reduziert wurden«, sagt Peter Westerdorf. »Allerdings kann auch heute niemand vorhersagen, wie sich der Speichermarkt entwickeln wird. Wir erwarten vor allem, dass die Preise auf ein gesundes Niveau steigen und sich dort stabilisieren werden. Letztendlich müssen wir aber sehen, wie sich die Nachfrage in der heute für alle Branchen schwierigen Zeit entwickeln wird. Zumindest blüht derzeit ein kleines Pflänzchen auf.«
Ähnliche Töne kommen aus dem Unternehmen Hynix: »Gäbe es eine stabile Nachfrage, dann hätten wir den Engpass bereits! Jetzt aber eine zuverlässige Prognose für die nächsten Monate zu treffen, ist doch zu unsicher. Wir wissen nicht, wie groß die Nachfrage am Markt tatsächlich ist.« Die Hersteller jedenfalls werden nach der Chance greifen, Preiserhöhungen durchzusetzen. Und vieles wird auch davon beeinflusst werden, was sich in Taiwan zusammenbraut – und das ist überraschenderweise wieder offen.
Taiwan Memory Corporation?
Ende Februar, Anfang März hatte es noch so ausgesehen, als ob der angekündigte Speichergigant »Taiwan Memory Corporation «, also der geplante Zusammenschluss von sechs taiwanischen DRAM-Herstellern und einem Technologiepartner aus dem Ausland (nach derzeitigen Berichten wird es Elpida sein), so gut wie beschlossen sei. Summen über eine zugesagte staatliche Finanzspritze zwischen 2 und 3 Mrd. Dollar kursierten durch die DRAM-Szene und lockten zuletzt laut Presseberichten sogar Qimonda.
DRAMexchange sagte der geplanten Taiwan Memory bereits die Marktführerschaft voraus, mit einem Marktanteil von stolzen 34,4 Prozent. Doch dazu wird es wohl nicht kommen: »Statt ›Billions‹ sind nur noch ›Millions‹ als staatliche Förderung im Gespräch«, sagen die Brancheninsider. Damit fehlt der Anreiz für einige Unternehmen, ihre gegenläufigen Interessen, die ohne Zweifel bestehen, mit dem Wettbewerb in Einklang zu bringen.
Die Fusion – sofern es nicht nur eine Technologiepartnerschaft wird – könnte kleiner ausfallen als ursprünglich geplant. Und ohnehin würde es noch Monate dauern, bevor es dazu kommt - für einige DRAM-Hersteller aus Taiwan vielleicht zu lange. Der Schuldenberg ist immens hoch, auch in Taiwan droht die Insolvenz. Denn der derzeitige Preisanstieg reicht längst nicht aus, um ein Unternehmen zu sanieren. Das Niveau ist weiterhin tief. Sollte noch ein Anbieter aus dem Markt ausscheiden, wird weitere Produktionskapazität fehlen. Spätestens dann, darin sind sich die Experten einig, kann in der DRAM-Branche der nächste Schweinezyklus beginnen.