Der PC wird als Standardsetzer abgelöst

27. September 2008, 16:26 Uhr | Frank Riemenschneider, Elektronik
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Der PC wird als Standardsetzer abgelöst

FPGA-Kunden müssen mit Ihrem antiquierten Cortex-M1 Vorlieb nehmen, während andere Softcores wie etwa der MicroBlaze 7 mit fortschrittlichen Technologien wie MMU aufwarten. Werden wir bald den Cortex- M3 oder Cortex-R4 als Softcore erleben?

Möglicherweise, wir experimentieren gerade damit. Die Frage dabei ist, ob FPGAs wirtschaftlicher werden im Vergleich zu ASICs. Den FPGAMarkt sehe ich bisher noch nicht ...

Sie bereiten quasi die Technik vor, um sie dann bei Bedarf einsetzen zu können?

Genau. Unsere Cores sind nicht für FPGAs designt, sie müssen also angepasst werden. Wenn unsere Kunden aber mehr FPGAs einsetzen wollen, müssen wir natürlich vorbereitet sein. Sie können daher davon ausge hen, dass wir eine Roadmap für den Fall der Fälle in der Schublade haben.

Die Entwicklungskosten eines SoC werden heute ja nicht mehr primär durch die Hardware, sondern durch die Software bestimmt. Wie hilft ARM seinen Kunden, die oft exorbitanten Entwicklungskosten zu senken?

Sicher findet man im Embedded- Markt viel proprietäre Software. Ein wachsender Teil der Software stammt jedoch von Zulieferern, z.B. Video- Codecs. Deswegen arbeiten wir daran, unser Ecosystem so auszubauen, dass jeder Kunde von dieser großen Software- Community profitieren kann. Unser Geschäft ist mit dem einer Gärtnerei vergleichbar: Die Lizenzierung entspricht dem Setzen von Pflanzen, und durch die Royalties fahren wir die Ernte ein. Wenn Sie aber das Feld nicht wässern und düngen, verkümmern die Pflanzen. Unser Dünger und Wasser ist unser großes Ecosystem, aus dem sich unsere Kunden bedienen können. Damit glauben wir, ihnen helfen zu können, die explodierenden Kosten in den Griff zu bekommen.

IP-Schutz in China ist nach wie vor ein ungelöstes Problem. Haben IP-Firmen wie ARM nicht besonders Probleme dadurch?

Die Alternative ist doch, gar kein Geschäft zu machen! Wir gehen mit unserem China-Foundry-Programm einen – wie ich finde – pragmatischen Weg. Jedes Projekt wird in zwei Teile aufgesplittet: Ein Teil für Designer, die das Produkt entwickeln, und ein zweiter Teil für die Foundries, die das Ganze produzieren.

Es gibt viele Designer und nur wenige Foundries. Selbst wenn Designer die IP stehlen wollen und etwas kopieren, werden sie daran scheitern, die richtigen Produkte zu produzieren. Wir versorgen die Foundries ständig mit der neuesten Prozesstechnik, und mit den veralteten Informationen können sie die IP nicht nutzen. Natürlich gibt das keine hundertprozentige Sicherheit, aber ich finde, 70 Prozent Sicherheit ist besser, als gar nichts zu verkaufen.

Wenn ein diebischer Designer mit einer diebischen Foundry zusammenarbeitet …

... da haben Sie theoretisch Recht. Wir arbeiten aber nur mit 20 Foundries zusammen, die meisten sitzen in China und machen viel Geschäft innerhalb Chinas, aber die wollen auch mit großen, nichtchinesischen Firmen wie Qualcomm zusammenarbeiten – und da ist es besser, eine gute Reputation zu haben. Ich glaube daher an eine Art Selbstregulierung innerhalb des Foundry- Geschäftes.

Neuerdings drängt auch Intel mit dem Atom-Prozessor in den Embedded- Markt. Sie sind sich ja einig, dass der größte Wachstumsmarkt durch die so genannten mobilen Internet- Geräte (MIDs) bestimmt wird. Intel behauptet nun, dass ein »Internet- Erlebnis wie auf dem PC« nur mit einem x86-Prozessor zu erreichen sein wird, da die Internet-Plattform komplett auf dem PC entwickelt wurde. Über diese Sicht können Sie ja nicht gerade glücklich sein, oder?

Das klingt auf den ersten Blick logisch, allerdings nur vordergründig. Vergleichen Sie mal den Bildschirm Ihres iPhone mit meinem PC-Schirm – wie wollen Sie die gleiche »Internet- Erfahrung« auf Ihrem iPhone haben, selbst wenn es einen x86-Prozessor hätte? Meiner Meinung nach liegt es weniger am Prozessor als an der Software. Die Software muss neu entwickelt oder zumindest umgeschrieben werden, damit sie überhaupt auf die Bildschirmgröße passt.

Dann kommt noch die Frage der Verbindungsgeschwindigkeit hinzu: Mein PC hier ist mit 100 Mbit/s verbunden, während Sie mit EDGE arbeiten. Wie wollen Sie da das gleiche Erlebnis haben? Außerdem: Während PCs stagnieren, wachsen die Nicht-PC-Plattformen dramatisch; daher wird sich auch die zukünftige Software-Entwicklung vom PC zu mobilen Plattformen verschieben. Der PC als Definierer von Standards wird definitiv abgelöst.


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